- HRS steht für Hotel Reservation Service.
- Die Kölner vermittelt im Internet Zimmer in aller Welt.
- Mit Tobias Ragge, der das Kölner Unternehmen in der zweiten Generation führt, sprach Bernd Imgrund.
Im Erdgeschoss des HRS-Gebäudes am Breslauer Platz sind die Konferenzräume nach Städten benannt. Für das Interview entscheidet sich Tobias Ragge für Tokio – eine seiner Lieblingsstädte, wie er sagt.
Haben Sie als Kind gern Monopoly gespielt?
Sehr gerne sogar. Beim Monopoly kann man etwas aufbauen, und kompetitive Spiele machen mir ohnehin Spaß.
Wie gewinnt man?
Indem man möglichst viele und vor allem die wertvollen Straßen besetzt – am besten dicht hintereinander, sodass die Gegner pro Runde mindestens einmal bezahlen.
Hatten Sie eine Lieblingsstraße?
Den Berliner Platz, weil da kurz vor dem Parken besonders viele Leute draufkamen – mit den orangen Straßen bin ich immer gut gefahren.
Sie haben bereits als Kind bei HRS angefangen.
Mit 6 habe ich schon Kataloge eingetütet. Später habe ich dann nach der Schule, von 17 bis 21 Uhr, im Callcenter gejobbt. Anfang der 1990er war das, da musste ich noch mit dem Dircke Weltatlas arbeiten, wenn Leute von mir eine Wegbeschreibung zum Hotel brauchten.
Was lernt man bei einem Trainee-Programm der Lufthansa, wie Sie es 2002/03 absolviert haben?
Eines meiner Projekte dort betraf E-Commerce, vor allem die Website Lufthansa.com. Für mich habe ich gelernt, wie Konzernpolitik die Fokussierung auf den Kunden verhindern kann. Seitdem weiß ich, dass derartige Riesenkonzerne nichts für mich sind. Ich will etwas gestalten, mich mit dem Kunden und dem Markt beschäftigen statt mit internen Strukturen.
Zur Person
Tobias Ragge wurde 1976 in Köln geboren. Vier Jahre zuvor hatte sein Vater Robert in der Südstadt den Hotel Reservation Service HRS gegründet, der zunächst vor allem Geschäftsreisenden Hotels vermittelte. Was lange per Telefon erledigt wurde, ging 1995 online.
Ragge studierte an der European Business School in Oestrich-Winkel und absolvierte ein Trainee-Programm bei der Lufthansa, bevor er in das väterliche Geschäft einstieg und es 2008 als Geschäftsführer übernahm. Seitdem baute er HRS zu einem Konzern mit drei Geschäftsfeldern aus. HRS ist mittlerweile im Bereich Corporate Travel der weltweit führende Anbieter und beschäftigt rund 1.500 Mitarbeiter in über 35 Niederlassungen. Die meisten von ihnen arbeiten allerdings im HRS-Gebäude am Breslauer Platz und mit Blick auf den Dom.
Ragges Schwester Daniela führt mit Mutter Gisela das Künstlerhotel Savoy im Eigelstein. Tobias Ragge wohnt mit seiner Familie in Marienburg.
www.hrs.de
Kurz gesagt: Sie wollen keine Chefs über sich?
So ist es nicht. Bei HRS war ja dann mein Vater mein Chef. (lacht) Das war auch nicht immer einfach.
„Er führt seine Firma wie sein Vater“, habe ich über Sie gelesen.
Das Zitat ist zehn Jahre alt, als Führungskraft entwickelt man sich weiter. Meine Rolle heutzutage ist es, die große strategische Linie vorzugeben, Visionen zu entwickeln und die Strukturen für ihre Umsetzung zu schaffen. Als Manager bin ich so zahlengetrieben wie ergebnisorientiert, aber zugleich auch sehr offen: Es gibt keine Tabus, alle Ideen dürfen erstmal auf den Tisch.
Sie seien „nicht der Diplomatischste“, sagen Sie von sich.
Ich bin sehr direkt. Mich hat mein Vater geprägt, der ein Kind des Ruhrgebiets ist. Da redet man ehrlich und nicht lange um den heißen Brei.
In der Lobby des HRS-Gebäudes stehen alte Büromöbel und Apparate. Worum handelt es sich da?
Um einen Nachbau des Gründungsbüros von HRS, das sich 1972 in einem ehemaligen Gemüseladen in der Südstadt befand. Zwei Schreibtische, zwei Telefone, und an der Wand hing eine Karte der Großregion Köln, auf der Pins die Hotels anzeigten. Es soll uns daran erinnern, dass hier alles einmal mit zwei Händen und viel harter Arbeit angefangen hat.
Was haben Sie noch von Ihrem Vater gelernt?
Dass das gegebene Wort gilt, mit Handschlagqualität. Und dass man Werte und Prinzipien haben muss, die gegenüber den Mitarbeitern genauso gelten wie gegenüber den Kunden.
Ihr Vater hat schon 1995 das Online-Buchen aus der Taufe gehoben.
Er hat HRS ins Internet gebracht. Was umso bemerkenswerter ist, als er persönlich ausschließlich mit seiner Kladde gearbeitet hat.
Sehr innovativ damals.
Mein Vater hat etwa die Hotelkataloge von einem Jahr auf das andere einfach abgeschafft. Man muss stets in der Lage sein, sich zu kannibalisieren – und mutig sein, sonst wird man vom nächsten Konkurrenten kannibalisiert.
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Übernachten Sie noch gern in Hotels?
Ich liebe es! Das sind ganz tolle Orte mit viel Inspiration, die im Idealfall die Kultur eines Landes, einer Region spiegeln. Natürlich habe ich das Privileg, in wirklich schönen Hotels abzusteigen. Mein Lieblingshotel weltweit ist in Tokio das Aman Hotel, eine echte japanische Erfahrung: keine verspielten Details, alles sehr Zen, sehr klar gegliedert.
Sie dealen mit vielen Millionen, machen Außenumsätze in Milliardenhöhe. Wird Ihnen manchmal schwindelig?
Nein. Ich bin da reingewachsen. Mit der Größe wächst natürlich die Verantwortung, aber zunächst einmal ist Größe ja etwas Schönes. Weil das bedeutet, Sie sind erfolgreich und haben eine Zukunftsperspektive.
Die Hoteliers sind Portalen wie HRS in einer Art Hassliebe verbunden. Was bedeutet das?
Dank den Portalen konnten die Hotels ihren Vertrieb in großen Teilen outsourcen, aber sie bezahlen natürlich auch dafür. Kein einzelnes Hotel könnte ein so umfangreiches Internet-Marketing oder solch einen Firmenkundenvertrieb allein aufziehen. Vor zwanzig Jahren hat der Gast noch selbst in den Hotels angerufen und nach freien Zimmern gefragt – oft mit hohem Zeitaufwand und verbunden mit erheblichen Suchkosten. Heute erledigen wir das mit einem Knopfdruck. Auch die Transparenz der Preise ist durch das Internet deutlich gestiegen.
Ich gebe Ihnen eine einmalige Chance: Warum sollte man bei HRS statt bei Booking buchen?
(lacht) Vor allem für Geschäftsreisende haben wir das beste Gesamtpaket. Nicht nur zertifizieren wir unsere Hotelpartner zu Sauberkeitsprozessen, um Covid-Risiken zu reduzieren, sondern erweitern dies auf ökologische Nachhaltigkeit, indem wir zukünftig den CO2-Abdruck der Hotels abbilden. Außerdem bieten wir Geschäftsreisenden im MyHRS Club Zugang zu vergünstigten Konditionen, die bis zu dreißig Prozent unter den normalen Internetpreisen quotieren.
Inwiefern ist HRS noch ein Kölner Unternehmen?
Hier ist unser Zentralsitz, hier zahlen wir unsere Steuern. Wir sind ein Kölner Unternehmen, das in die Welt gezogen ist. Bei uns im Haus wird inzwischen mehr Englisch als Deutsch gesprochen.
Haben Sie ein Dom-Gefühl, wenn Sie von einer Reise zurückkehren?
Vor Corona war ich sicher 150 Tage im Jahr irgendwo in der Welt unterwegs. Ich liebe es, die Welt zu erkunden, aber das schlaucht auch. Der Dom symbolisiert für mich, nach Hause zu kommen. Damit meine ich allerdings weniger die Stadt als meine Familie.
Kommen Sie noch dazu, den Kicker zu lesen?
Ich arbeite bestimmt 80 Stunden die Woche. Mein Job erfordert viel Disziplin, vor allem, weil man ja auch die Familie nicht vernachlässigen will. Aber ich habe mir das so ausgesucht, ich liebe, was ich tue. Und die Zeit für den Kicker nehme ich mir, klar!
Wie wird man als Kölner Junge zum Schalke-Fan?
Mein Vater kommt aus Gelsenkirchen und hat mich schon früh mit zu den Spielen genommen. Als Olaf Thon als 18-Jähriger beim 6:6 gegen die Bayern im Pokal 1984 drei Tore schoss, war ich 8 – da kann ich mich noch genau dran erinnern. Seit zwanzig Jahren habe ich eine Dauerkarte, und früher bin ich auch öfter mit zu Auswärtsspielen gefahren.
Und nächste Saison freuen Sie sich auf die Spiele gegen Heidenheim und Erzgebirge Aue?
(lacht) Warten wir mal ab, abgerechnet wird am Saisonende.
Das Gespräch fand einen Tag vor dem Derby Schalke 04 gegen Borussia Dortmund statt. Tobias Ragge prophezeite einen Schalke-Sieg, aus dem bekanntlich nichts wurde. Das Match endete mit einem klaren 4:0-Erfolg für die Borussen.
Welche Position haben Sie früher auf dem Bolzplatz gespielt?
Ich habe als Libero auf der 5 angefangen und kam über das zentrale Mittelfeld schließlich auf Rechtsaußen in den Sturm.
Einer Ihrer offenen Wünsche ist es, einen Marathon zu laufen. Wie sieht es damit aus?
Wenn ich ehrlich bin, wird das schwierig. Zunächst mal müsste ich wenigstens einen Halbmarathon schaffen. Ich bin niemand, der aufsteckt, aber sagen wir es so: Der Marathon ist für mich zur Zeit nicht in Griffweite.