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ElektromobilitätFord startet Serienfertigung des Capri in Köln-Niehl

Lesezeit 4 Minuten

Mitte Juli wurde der Capri in Köln und in London vorgestellt.

Ford ist spät dran mit der Elektromobilität. Aber jetzt läuft in Köln-Niehl mit dem Capri auch das zweite batterie-elektrische Auto vom Band.

Am Montag war es so weit. In Köln wird jetzt auch der Ford Capri in Serie produziert. Damit feiere das zweite reine E-Auto in Köln Premiere, sagte Betriebsratschef Benjamin Gruschka auf Anfrage. Während ein solcher sogenannte Job One in der Regel Grund für Feierlichkeiten ist, war der Produktionsstart dem Ford-Management in Köln keine Notiz wert.

Vorgestellt worden war der Wagen Mitte Juli. Er ist mit 4,63 Metern Länge, 1,87 Metern Breite und 1,62 Metern Höhe etwas größer als der Explorer, der seit Anfang Juni gefertigt wird. Und mit 51.950 Euro ist er auch etwas teurer.

Modelle mit kleineren Batterien kommen später

Beide Fahrzeuge werden zunächst mit großen Batterien angeboten. Der Explorer mit kleinerer Batterie ist ab Ende 2024 bestellbar und kostet dann ab 42.500 Euro, der ab Anfang 2025 verfügbare Capri ab 44.950 Euro. Ford nennt den Explorer das „Volumenmodell“, ohne zu sagen, wie sich die Verkäufe zwischen beiden Modellen verteilen. Gruschka traut dem Capri sogar zu, dass er sich besser verkauft als der Explorer.

Die Fertigung sei technisch ausgelegt auf 250.000 Einheiten pro Jahr, teilte Ford auf Anfrage mit. Der Kölner Autobauer setzt beide Fahrzeuge auf die MEB-Plattform von VW, von denen Ford 1,2 Millionen nutzen kann. Aktuell wird die Produktion hochgefahren. Pro Tag werden im Zwei-Schicht-Betrieb ab Oktober mehr als 600 Fahrzeuge gefertigt, ist aus dem Werk zu hören.

Geschäftsführung der Ford-Werke komplett

Unterdessen haben die Ford-Werke die Geschäftsführung komplettiert. Das Stühlerücken war erforderlich, nachdem zunächst Ford-Werke-Chef Martin Sander Mitte Juni den Autobauer verlassen hatte, um zu Volkswagen zu wechseln. Ende Juni hatte dann Ford mitgeteilt, dass die Deutschland-Geschäftsführung von zehn auf vier Personen verkleinert wird. Offenbar will die Zentrale im US-amerikanischen Dearborn in Köln durchregieren. Das Unternehmen verließ auch Rainer Ludwig, der langjährige Arbeitsdirektor und Vize der Ford-Werke.

Vertriebsgeschäftsführer Christian Weingärtner und der für die Fertigung zuständige Rene Wolf bildete zunächst die Geschäftsführung. Für Finanzen ist jetzt Dave Johnston zuständig, der bereits im Unternehmen war, und neu an Bord gekommen ist Marcus Wassenberg als Arbeitsdirektor. Der 1966 in Grevenbroich geborene Wassenberg gilt als Restrukturierungsspezialist. Seine Karriere begann er 1998 bei dem Wirtschaftsprüfer BDO, für Finanzen zuständig war er dann bei der PR-Agentur Kohtes Klewes, der Luftfahrtgruppe Cirrus, dem Windanlagenbauer Senvion und dem Motorenbauer Rolls-Royce Power Systems, Heidelberger Druckmaschinen und von Januar bis Juli 2023 bei Kion.

Ford: Unruhe wegen Sparprogramm

Der Abgang von Sander, den der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer „Tiefschlag für Ford“ nannte, war nicht die einzige schlechte Nachricht im Juni. Per Mail hatte das Europamanagement laut Betriebsrat per Mail auch ein weiteres Stellenabbauprogramm angekündigt. Ford-Betriebsratschef Benjamin Gruschka sprach damals auf einer Betriebsversammlung von einer „Kampfansage an die Belegschaft“.

Dabei waren bereits vor fünf Jahren europaweit 6000 Stellen bei Ford gestrichen worden, davon 4000 in Köln. Weitere 2300 Stellen sollen in Köln bis Ende 2025 entfallen. Derzeit arbeiten bei Ford in Köln noch 13. 000 Menschen. Bis Ende 2032 sind betriebsbedingte Kündigungen bei Ford ausgeschlossen. Ein Abbau kann nur sozialverträglich erfolgen.

Ford: Explorer und Capri müssen die Stellen sichern

Genaueres, insbesondere Zahlen zu einem möglichen Stellenabbau, wurden nicht genannt. Die gab es auch heute auf einer Betriebsversammlung nicht. Entsprechend groß ist die Unruhe in der Belegschaft, so Gruschka. Klar ist dagegen, dass im Werk im spanischen Valencia 1622 von rund 4800 Stellen entfallen. Knapp 1000 Mitarbeitende können sich Hoffnung auf eine Wiedereinstellung 2027 machen. Dann soll hier ein neues Hybrid-Modell vom Band laufen. Dabei hatte sich Valencia gegen Saarlouis als möglicher Standort für ein weiteres E-Auto für Europa durchgesetzt. Davon ist keine Rede mehr. Und in Saarlouis endet die Focus-Montage im November 2025.

Die Ford-Mitarbeitenden in Köln müssen auf Explorer und Capri hoffen. Werden 200 000 Autos pro Jahr gebaut, sichert das die Beschäftigung. Einfach wird das nicht. Der Absatz von E-Autos schwächelt. 1,2 Millionen E-Autos wurden in Westeuropa in den ersten acht Monaten des Jahres zugelassen, 5,5 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Gerade im August gab es einen massiven Einbruch. Und in den fünf größten europäischen Märkten wurden laut den Analysten und Beratern von Jato in den ersten sieben Monaten des Jahres nur etwas über 46 000 iD 3, iD 4/5 und iD 7 von VW zugelassen. Die stehen auf der gleichen Plattform wie Explorer und Capri.