Prof. Dr. Stefan Bratzel, Gründer und Direktor des Center of Automotive Management an der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach spricht über die Zukunft von Ford.
Prof. Dr. Stefan Bratzel im Interview„Ford will Europa nicht aufgeben“

Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter sorgen sich um den Industriestandort und zigtausende daran hängende Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen. (
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Herr Bratzel, Ford bekommt eine Geldspritze, dafür entfällt die Bürgschaft des Ford-Konzerns. Wie sehen Sie das?
Die Finanzspritze ist positiv. Ford will Europa nicht aufgeben. Um zu bestehen, braucht Ford aber einen Plan, wie das Geschäft hier betrieben werden soll. Kostenreduzierungen allein genügen nicht. Es braucht auch kleinere E-Autos. Und es geht um Vernetzung und autonomes Fahren.
Ist der Wegfall der Bürgschaft nicht problematisch?
Die Lage von Ford in Europa ist kritisch. Wenn es keinen strategischen Plan gibt, dann sind auch die Existenz des Pkw-Geschäfts und Ford in Köln gefährdet.
Ford hat vielleicht ein weiteres Problem. Die Welt hat sich in den letzten Tagen massiv verändert. Die USA werden mit neuen Augen gesehen, nachdem Präsident Donald Trump die Unterstützung Europas durch die USA zumindest massiv in Zweifel gezogen hat. Ist das ein Problem für Ford, die zuletzt stark die amerikanischen Wurzeln betont haben?
Man zuckt da in der Tat etwas zusammen. Ford könnte ein Imageproblem bekommen.
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So wie Tesla? Die Tesla-Verkäufe in Deutschland sind stark zurückgegangen.
Das Image von Tesla leidet unter Elon Musk. Das ist schon zu beobachten, seitdem Musk den Kurznachrichtendienst Twitter übernommen hat. Jetzt hat er auch noch eine Funktion in der US-Regierung.
Ford tritt in Europa seit gut zwei Jahren amerikanisch auf. Autos wie der Geländewagen Bronco, der Sportwagen Mustang aber auch die Kölner Fahrzeuge Explorer und Capri sollen Lust am Abenteuer (adventurous spirit) verkörpern. Und jetzt gibt es in Washington einen neuen Sheriff.
Ein Blick in die Vergangenheit könnte helfen. Ford hat früher immer betont, ein deutscher Autobauer zu sein. Die Ford-Werke waren als deutsches Unternehmen erfolgreich. Zuletzt hat Ford dagegen über Jahre deutlich Marktanteile verloren. Das Unternehmen sollte eher Fahrzeuge bauen, die auf den europäischen Markt passen und zu der Wettbewerbsintensität hier. Auch die deutschen Hersteller in den USA passen sich dem dortigen Markt an. Das sollten amerikanische Unternehmen auch hier wohl machen.
Hat Ford, nachdem zwei Milliarden Dollar in den Umbau des Kölner Werks zur Fertigung von E-Autos gesteckt wurden, Nachteile durch die Flexibilisierung des EU-Ziels für den CO2-Ausstoß zu befürchten?
Diese Flexibilisierung bis zum Jahr 2027 hilft Ford eher. Ford hätte wohl Strafzahlungen leisten müssen für das Reißen des CO2-Flottengrenzwert in der EU. Das große Problem von Ford ist das Fehlen einer klaren, langfristigen Strategie. Ein Umsteuern alle paar Jahre ist schwierig. In den USA wird wohl immer lauter die Frage gestellt, ob sich der europäische Pkw-Markt für das Unternehmen noch lohnt.