Die NRW-Polizei diskutiert über kleinere und wirtschaftlichere Fahrzeuge, um den Fuhrpark zu aktualisieren, ohne die Einsatzfähigkeit einzuschränken.
NRW-EinsatzflotteSind die neuen Streifenwagen kleiner als die Polizei erlaubt?

Der Ford S-Max (l.) und der Mercedes Vito sind derzeit die Standard-Streifenwagen der Polizei in NRW. Das könnte sich bald ändern.
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In der nordrhein-westfälischen Polizei wächst die Sorge, dass Sparzwänge des Innenministeriums die schleichende Rückkehr zu beengten Streifenwagen bedeuten könnten. „Wir brauchen eine einsatzfähige Fahrzeugreserve, keine abgespeckten Notlösungen“, sagte Ernst Herget, Bezirksvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Arnsberg, am Dienstag unserer Redaktion.
Es gebe aktuell eine große Verunsicherung im Wachdienst wegen möglicher Änderungen in der Polizei-Flotte. Der Streifenwagen sei nicht irgendein Fortbewegungsmittel, sondern zentraler Arbeitsplatz im polizeilichen Alltag. „Entscheidungen über Dienstfahrzeuge dürfen nicht im stillen Kämmerlein oder unter dem alleinigen Vorzeichen von Kosten getroffen werden“, warnte Herget.
Reul nimmt Fuhrpark unter die Lupe
Aktuell nutzt die NRW-Polizei als klassische Streifenwagen den Mercedes Vito und den Ford S-Max. Da Ford den S-Max nicht mehr als Diesel-Fahrzeug produziert, nimmt das Innenministerium ab Ende des Jahres neben dem Mercedes Vito noch das große Ford-Modell Tourneo Custom in den Dienst. Beide Van-Varianten stoßen in der Polizei dem Vernehmen nach auf viel Zustimmung.
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Allerdings hatte Innenminister Herbert Reul (CDU) intern zuletzt deutlich gemacht, dass angesichts der immer engeren Haushaltsvorgaben der Fuhrpark genauer angeschaut werden müsse. Zunächst entschied er, dass Streifenwagen künftig fünf statt nur vier Jahre durchhalten müssen. Danach gelten sie als „durch“ und werden ausrangiert.
Außerdem werden in Düsseldorf aktuell Überlegungen gewälzt, ob für bestimmte Aufgaben im Polizeidienst kleinere Fahrzeuge ausreichen könnten. Die Streifenwagen-Vans seien schließlich teuer in der Anschaffung und verbrauchten viel Sprit, heißt es. Zum Beispiel werde von Bezirksbeamten selbst gespiegelt, dass sie mit einem kleineren Auto zurechtkämen. Dem Vernehmen nach wird für solche Einsatzvarianten bereits der BMW X1 und der Hochdachkombi Ford Tourneo Connect getestet.
„Der Fuhrpark der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen setzt sich aus polizeitaktischen und wirtschaftlichen Gründen heterogen aus Fahrzeugen unterschiedlicher Hersteller, Modelle und Antriebsarten zusammen“, so ein Sprecher des Innenministeriums auf Anfrage. Je nach polizeilichen Anforderungen und dienstlichem Bedürfnis würden ganz unterschiedliche Fahrzeugmodelle und -konfigurationen eingesetzt.
Debatte um E-Autos bei der Polizei
Im Hintergrund schwelt auch die Debatte um eine stärkere Elektrifizierung von Polizeifahrzeugen. Der Einsatz elektrisch betriebener Funkstreifenwagen bedürfe zwar „sorgfältiger einsatztaktischer Überlegungen“, bremste Reul erst jüngst im Landtag. NRW hat sich aber verpflichtet, bis 2030 eine klimaneutrale Landesverwaltung zu unterhalten. Bis dahin sind gesetzlich auch alle Dienstfahrzeuge auf klimaneutralen Antrieb umzustellen, sofern es technisch verantwortbar erscheint.
Im Wachdienst hätten sich Funkstreifenwagen aus dem Segment „Utility“ wie der Mercedes Vito bewährt, so der Sprecher des Innenministeriums. „Der Gewährleistung der polizeilichen Aufgabenerfüllung kommt dabei oberste Priorität bei.“
GdP-Bezirkschef Herget beruhigt das augenscheinlich nicht. „Bevor überhaupt Fahrzeuge zur Erprobung oder Beschaffung vorgeschlagen werden, braucht es eine ehrliche und fundierte Bedarfsanalyse in den Behörden“, fordert er. Im Wachdienst wird darauf verwiesen, dass der Fuhrpark in vielen Behörden „auf Kante genäht“ sei und deshalb immer wieder Autos getauscht werden müssten. So sei es wichtig, dass ausnahmslos alle „kolorierten“ Streifenwagen grundsätzlich jede Einsatzsituation bewältigen könnten. Die Sorge: Wenn kleine Einsatzfahrzeuge künftig keine Unfallaufnahmen machen oder nicht voll ausgestattet zu eiligen Einsätzen gerufen werden können, bringen sie unter dem Strich nichts.
Für Aufsehen hat augenscheinlich gesorgt, dass voriges Jahr ein Mitarbeiter des Innenministeriums bei einem internationalen Polizei-Kongress das Foto eines Käfer-Streifenwagens aus den 1970er Jahren an die Wand geworfen hatte und die Diskussion über immer größere Dienstautos befeuerte. Zudem ist die NRW-Polizei noch traumatisiert von einer Streifenwagen-Debatte, die ihr die damalige rot-grüne Landesregierung vor zehn Jahren eingebrockt hatte.
Seinerzeit war aus wirtschaftlichen Gründen der 3er BMW als Streifenwagen angeschafft worden, was einen Proteststurm in vielen Wachen auslöste. Das Equipment passe nicht in den Kofferraum, mit Pistolenhalfter könne man sich kaum anschnallen, neben dem Kommissarsanwärter auf der Rückbank finde kaum noch ein Gefangener Platz – das Klagelied wollte nicht enden.
Gleich nach dem Regierungswechsel startete der heutige Innenminister Reul eine „Roadshow“ und ließ einfach jene Beamten verschiedene PKW-Modelle testen, die darin auch täglich Streife fahren müssen. Die Zahl der Polizei-Schüler in NRW und die Pflichtausstattung der Streifenwagen-Besatzungen ist seither weiter erhöht worden. GdP-Mann Herget rät darum dringend: „Was gebraucht wird, muss aus dem Dienst heraus definiert werden – weder vom Schreibtisch aus und nicht aus dem Budget.“