Mit Sorgenfalten sind tausende Ford-Mitarbeitende in Köln um 9.45 Uhr zur Betriebsversammlung in das ehemalige Motorenwerk gekommen. Der Grund ist die Aufkündigung der Bürgschaft durch die US-Mutter.
Ford-WerkeIn Köln geht die Angst um die Jobs um

Protest auf dem Asphalt eines Parkplatzes vor den Fordwerken.
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Die Mitarbeitenden aus der Fertigung und Entwicklung in Niehl und Merkenich sowie aus dem Ersatzteilzentrum in Merkenich sind noch geschockt von Ankündigungen des Ford-Konzerns vom Montag: Nach der gibt es eine Kapitalzufuhr für die deutsche Tochter, im Gegenzug fallen aber die Garantien der US-Mutter weg. Die Ford Motor Company stellt 4,4 Milliarden Euro zur teilweisen Entschuldung der Ford-Werke zur Verfügung sowie weitere Mittel in dreistelliger Millionenhöhe für die nächsten vier Jahre für den aktuellen Geschäftsplan.
Damit besteht aber der Schutz vor Insolvenz nicht mehr. „Die Kündigung der Patronatserklärung ist unverantwortlich“, sagte Betriebsratschef Benjamin Gruschka vor der besorgten Belegschaft. Die Geschäftsführung wolle der Öffentlichkeit und der Belegschaft den Eindruck vermitteln, dass die alten Schulden der deutschen GmbH nun kein relevantes Thema mehr sind.
Ford-Werke ächzen unter Schuldenberg
Dabei ächzen die Ford-Werke unter einem gewaltigen Schuldenberg. Nach den letzten im Bundesanzeiger veröffentlichten Zahlen für 2023 gab es einen Jahresfehlbetrag in Höhe von 126,0 Millionen Euro. Die Verbindlichkeiten erhöhten sich 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 0,5 Milliarden auf 7,58 Milliarden. In der Bilanz steht ein nicht durch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von 9,0 Milliarden Euro.
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Auch verkaufen sich die in Köln auf VW-Basis gebauten E-Autos nicht so wie erhofft. Das liegt zum Teil an dem schwächelnden Markt für E-Autos in Deutschland, aber auch an Managementfehlern. Mit dem Explorer und dem Capri wollte Ford die Marke höher positionieren und ist in Preisdimensionen von Audi oder BMW vorgestoßen. Seit November gibt es bereits Kurzarbeit. Im laufenden Jahr wurde die Tagesbaurate von 630 auf 480 Fahrzeuge reduziert. Diese werden im Zwei-Schicht-Betrieb gefertigt. Auch bis Mitte April gibt es Kurzarbeit.
Alle Entscheidungen fallen in den USA
Gruschka forderte auf der Versammlung vom Management erneut eine klare und nachhaltige Unternehmensstrategie. Ohne die werde es Ford in Deutschland schwerfallen, langfristig stabile Gewinne zu erzielen. Die deutschen Ford-Werke hätten auch keinen Einfluss auf die Unternehmensstrategie, das Produktportfolio oder wichtige Investitionen. Alle unternehmerischen Maßnahmen würden in den USA entschieden. Aktuelles Geschäftsmodell sowie zahlreiche Fehlentscheidungen des Managements in den USA hätten zur Ansammlung von Schulden in Milliardenhöhe in den deutschen Ford-Werken geführt, so Gruschka.
Es brauche eine strategische Neuausrichtung der PKW-Sparte, die die Belange der deutschen Standorte berücksichtigt und an den europäischen Marktbedürfnissen ausgerichtet ist, so Gruschka. Es sei fraglich, ob die nun in Aussicht gestellten Mittel hierfür ausreichen. Eine klare Strategie fordern auch Autoexperten wie Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach ein. Ohne die sei die Existenz gefährdet, sagte er am Montag im Gespräch mit dieser Zeitung.
2900 Stellen in Köln auf der Kippe
Die Mitarbeitenden zeigen sich dazu entschlossen, um ihre Arbeitsplätze zu kämpfen. Das demonstrierten sie am Vorabend der Versammlung auch durch eine Mahnwache vor dem Ersatzteilzentrum. Um ihre Jobs fürchten sie bereits seit dem letzten Sommer. Damals gab es eine Mail der europäischen Geschäftsleitung, indem Stellenstreichungen angekündigt wurden, obwohl noch bis Ende des Jahres 2025 ein Abbauprogramm läuft.
Konkret wurde das Management im November. Bis 2027 sollen jetzt in Köln weitere 2900 Stellen wegfallen, 600 davon im Entwicklungszentrum, das schon unter der laufenden Sparrunde hart leidet. Übrig bleiben würden demnach 2027 nur noch 1700 Entwickler. Komplette Fahrzeuge für den europäischen Markt lassen sich mit dem Personal nicht mehr entwickeln und designen. Und wohl auch keinen keine E-Plattform etwa für kleine Autos, die Ford nach Experten-Meinung dringend braucht.