Mehrere Bundesländer fürchten zu große Abhängigkeit vom US-Hersteller Palantir.
Umstrittener Anbieter PalantirNRW dringt auf Spitzel-Software für Polizei

Ein Logo von Palantir Technologies, einem börsennotierten amerikanischen Softwareunternehmen, das sich auf Big-Data-Analysen spezialisiert hat.
Copyright: picture alliance/dpa/KEYSTONE
Nordrhein-Westfalen reagiert mit Unverständnis auf die kritische Haltung mehrerer Bundesländer gegenüber der Nutzung der umstrittenen US-Überwachungssoftware Palantir durch die Polizei. „Diese Software fügt in Minuten zusammen, wofür Ermittler sonst Wochen bräuchten – ein digitales Puzzle aus Waffenregister, Einwohnermeldedaten und polizeiinternen Systemen. Damit ist die Software Zeitgewinn und Arbeitserleichterung“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) unserer Redaktion. Die bisherigen Erfahrungen an Rhein und Ruhr damit seien gut.
Kritik an Palantir dürfe es zwar geben, so Reul. „Aber während wir uns durchs datenschutzrechtliche Dickicht kämpfen, sind die Straftäter schon über alle Berge.“ Die Rechercheplattform sei gerade in den zuletzt so häufigen Krisensituationen wichtig, so das NRW-Innenministerium. Bei Terroranschlägen oder Amokläufen könne sie wichtige Informationen schneller liefern.
Palantir: „Daten-Krake“ und „Spitzel-Software“
Das von Kritikern als „Daten-Krake“ und „Spitzel-Software“ bezeichnete Palantir – oder, wie es in NRW heißt, DAR (Datenübergreifendes Recherchetool) – hilft Polizisten dabei, über mehrere Datenbanken hinweg dort bereits vorhandene Daten von Verdächtigen zu suchen. „Ohne Palantir muss der Polizei-Sachbearbeiter aufwendig nach und nach in unterschiedlichen Datenbanken recherchieren. Die Suchmaschine Palantir macht dagegen eine Abfrage für alle Polizei-Systeme, um schneller an Informationen zu gelangen. Das funktioniert sehr gut“, erklärt Ernst Herget, Kripo-Experte und Mitglied im NRW-Vorstand der Gewerkschaft der Polizei (GdP), unserer Redaktion.
Alles zum Thema Donald Trump
- Hochschulen in den USA Obama lobt Elite-Uni Harvard für Haltung gegenüber Trump
- Überraschungsbesuch in der Ukraine Nato-Chef verurteilt in Odessa „schreckliche Gewalt“ Moskaus
- Harvard-Entscheidung Donald Trump bringt die Forschungsfreiheit in Gefahr
- Hochschulen Trump-Regierung friert Milliarden für Elite-Uni Harvard ein
- „Bitte mehr Gefängnisse bauen“ Trump will auch kriminelle US-Bürger nach El Salvador abschieben
- Eigenlob und Schelte „Bidens Krieg, nicht meiner“ – Trump schießt gegen seinen Vorgänger und Selenskyj
- USA US-Präsident Trump plant baldige Zölle auf Medizinprodukte
Ein Datenschutzproblem erkennt die GdP hier nicht, dafür aber einen großen Nutzen für die tägliche Polizeiarbeit. „DAR ist ein Werkzeug, dass nur speziell geschulte Sachbearbeiter der Polizei gezielt bei der Verfolgung schwerster Straftaten nutzen, wie zum Beispiel Tötungsdelikte, Kindesmissbrauch, Organisierte Kriminalität und Terrorismus“, so Herget. Streitende Nachbarn, Verkehrssünder und andere „kleine Lichter“ müssten nicht befürchten, ins Visier zu geraten, betonen das NRW-Innenministerium und die GdP. Schwerverbrecher hingegen schon.
Enge Kontakte zu Donald Trump?
Laut Recherchen der ARD sollen Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen, Niedersachsen, Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen die Einführung von Palantir in ihren Polizeibehörden verweigern. Einige von ihnen haben Datenschutz-Bedenken, heißt es. Andere reiben sich daran, dass die Überwachungs-Software aus den USA kommt und der Hersteller sehr enge Kontakte zu US-Präsident Donald Trump und dessen Vize JD Vance pflegen soll.
Hamburgs Finanzsenator Thomas Dressel hatte im Bundesrat in diesem Zusammenhang auf die Notwendigkeit einer „digitalen Souveränität“ hingewiesen. Europa müsse auch bei IT-Produkten unabhängiger werden, wenn es um die Sicherheit gehe. Dies schließe eine Nutzung von Palantir aus.
NRW, Bayern und Hessen nutzen dagegen die Software, weil sie meinen, das US-Produkt helfe den Sicherheitsbehörden bei der Aufklärung und bei der Vorbeugung schwerer Straftaten. Wenn alle Bundesländer Palantir nutzen würde, könnten sie relevante Informationen über schwere Straftaten viel besser untereinander austauschen, heißt es in Düsseldorf. Software-Alternativen auf dem europäischen Markt seien nicht ansatzweise in Sicht. Es würde Jahre dauern, bis ein vergleichbares Produkt aus Europa zur Verfügung stünde.
Im Koalitionsvertrag von Union und SPD taucht Palantir zwar nicht auf. Allerdings hat der Bundesrat zuletzt mehrheitlich dafür gestimmt, den Einsatz von Palantir bundesweit zu ermöglichen. Daher ist nicht auszuschließen, dass sich CDU, CSU und SPD auf diesen Schritt verständigen könnten