Kölns vergessene PlätzeWie „urkölsche Mikrokosmen“ weiterentwickelt werden können
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Köln – Noch vor einigen Jahren zeichnete der Kölner Verkehrsverein Henriette Reker mit dem Negativ-Preis „Saure Zitrone“ aus. Jetzt folgte die Oberbürgermeisterin gerne der Einladung zum Herbstempfang in den Rheinterrassen. Denn da ging es statt ums Anprangern von städtebaulichen Fehlentwicklungen um „Kölns vergessene Plätze“. Monatelang waren der Vorsitzende des Fördervereins für Kultur und Tourismus, Bernhard Conin, und Vorstandsmitglied Dr. Ulrich Soénius durch die Innenstadt gezogen auf der Suche nach Plätzen und Plätzchen mit Potenzial.
Anhand einiger ausgesuchter Großstadtoasen erläuterte der Historiker Soénius den Ist-Zustand und die Möglichkeiten. Schuldzuweisungen blieben aus, auch Forderungen wurden nicht gestellt, sondern Verbesserungsvorschläge gemacht zu den „urkölschen Mikrokosmen“, wie Reker selbst die kleinen Veedelstreffpunkte nannte. Beim Entdeckungsrundgang war Conin, Kölner seit seiner Geburt vor über 68 Jahren, selbst ins Staunen gekommen: Von einigen der grünen Oasen hatte auch er noch nie etwas gehört.
Josef-Schwartz-Grünanlage
Für die Fläche an der Wolkenburg schlägt Soénius vor, die Absperrung für die dort entlangfahrende Straßenbahnlinie 7 zu entfernen und durch einen anderen Belag eine Gesamtfläche herzustellen. Da alle Verbesserungsvorschläge darauf abzielen, einen attraktiven Ort zum Verweilen zu schaffen, könnte der Kölner Männer-Gesang-Verein (KMGV), dessen Domizil die nahegelegene Wolkenburg ist, den nach einem KMGV-Dirigenten im 19. Jahrhundert benannten Platz bespielen.
„Der Platz an der Stadtbibliothek ist immer leer“, beobachtete Soénius. „Dabei ist dieser Platz der klassische Ort für Außengastronomie, die nicht stört, weil da keiner wohnt. Da könnte man italienisches Flair hinkriegen.“ Allerdings, räumte er ein, erst wenn die Stadtbibliothek renoviert ist und der geplante neue Kubus „Haus der Architektur“ steht. Nachfragen, auch zu den später vorgestellten Plätzen, bezogen sich auf „problematisches Klientel“, das abschrecken könnte, sich niederzulassen. Doch Soénius und auch OB Reker sind zuversichtlich, dass sich Lösungen einstellen, wenn sich die Mehrheitsbevölkerung ihre Plätze zurückholt.
So viele bröckelnde Waschbeton-Einfassungen wie auf dem Georgsplatz in Waidmarkt-Nähe hat die Arbeitsgruppe vom Verkehrsverein nirgendwo sonst gesehen. „Dort ist es auch bei Tageslicht immer dunkel“, staunte Soénius. Andererseits halten sich dort Menschen aus dem nahen Seniorenheim auf. Die könnten genau wie die Schulen in der Nähe an der Gestaltung beteiligt werden. Auf jeden Fall müssten die Parkplätze weichen, und die Poller gleich mit. Bäume und Grünflächen müssten mit Holzbauten, die zugleich Sitzgelegenheiten bieten, neu eingefasst und Sichtachsen im Grün angelegt werden.
Wilhelm-Hoßdorf-Platz
An den Zubringern der Severinsbrücke entdeckte das Team gleich zwei lohnende Stellen: den Wilhelm-Hoßdorf-Platz, der einem vergessenen Schild zufolge früher ein Spielplatz war, und ein Plätzchen in der Löwengasse. „Da war mal was“, dachten sie. Dort wünscht sich der Verkehrsverein erkennbare Zugänge von den Wohnsiedlungen aus, Lärmschutz aus Holz und Grün zur Schnellstraße hin, ein neuer Spielplatz auf dem nach einem Mundart-Dichter benannten Platz und in der Löwengasse eine Fußgängerverbindung durchs Grüne zwischen Severins- und Georgsviertel.