Kölns Verkehrsdezernent Ascan Egerer wollte im Hauruck-Verfahren Tempo 30 auf der Luxemburger Straße einführen. Doch nun weist ihn die Bezirksregierung Köln in die Schranken.
Tempo 30 auf der Luxemburger StraßeBezirksregierung pfeift Kölns Verkehrsdezernent zurück
Die Tempo-30-Schilder sollen schon bereitstehen. Aber auf der Luxemburger Straße werden sie dennoch nicht so schnell zu stehen kommen. Jedenfalls nicht so schnell, wie sich das Kölns Mobilitätsdezernent Ascan Egerer vorgestellt hat. Denn die Bezirksregierung Köln hat dem Vorhaben der Stadt, auf der Bundesstraße 265 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 km/h abzusenken, einen Riegel vorgeschoben. Die Behörde kreidet gleich mehrere Verfahrensfehler an. Hauptkritikpunkt: Es liegt kein für die Maßnahme notwendiges Lärmgutachten vor.
Tempo 30 auf Luxemburger: Gremien erst nachträglich informiert
Erst am vergangenen Montag musste Egerer sich Kritik an seinem Plan für die Luxemburger Straße anhören. In einer Sondersitzung des Verkehrsausschusses kam er dem nach, was sich vor allem CDU, SPD und FDP schon viel früher gewünscht hatten. Er informierte das Ratsgremium in Form einer Mitteilung über die Geschwindigkeitssenkung. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt schon seit rund einer Woche publik, dass er bereits eine Anordnung unterzeichnet hatte. Außer den Grünen und Volt fühlten sich die Fraktionen übergangen. Das brachte Egerer zudem die Kritik von Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker ein. Im Rundschau-Interview machte sie klar, dass auch sie nicht vom Mobilitätsdezernenten informiert wurde und dass er Politik und Gremien hätte beteiligen müssen.
Doch nicht nur am Vorgehen des Dezernenten schieden sich die Geister. Auch die geplante Umsetzung wurde kritisiert. Egerer verwies in seiner Mitteilung auf eine Dringlichkeit, weil nunmehr sechs Klagen von Anwohnern der Luxemburger Straße beim Verwaltungsgericht vorlägen. Die Anwohner fordern Maßnahmen gegen den Verkehrslärm ein. Egerers Argumentationskette: Zwar bräuchte es laut Straßenverkehrsordnung ein Lärmgutachten, um auf der Luxemburger Tempo auf 30 anzuordnen, doch das könne die Verwaltung zurzeit nicht erbringen, weil es dafür an Personal fehle. Und auch auf absehbare Zeit sei ein solches Gutachten nicht leistbar. Deshalb müsse die Lärmkartierung des Landes ausreichen. Obwohl genau das in der Straßenverkehrsordnung als unzureichend angesehen wird, wie Egerer in seiner Mitteilung selbst einräumt.
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Das ist der Punkt, an dem die Bezirksregierung ansetzt. Ein Sprecher: „Geschwindigkeitsreduzierungen aus Gründen des Lärmschutzes sind nur dann zulässig, wenn entsprechende Lärmschutzberechnungen nach der Lärmschutz-Richtlinien vorliegen, diese fehlen, beziehungsweise sollen später durchgeführt werden. Die von der Stadt Köln zitierten Lärmkarten reichen nicht aus und sind auch nicht geeignet, um das Überschreiten der Richtwerte nach den Lärmschutzrichtlinien zu belegen. Die Stadt Köln beabsichtigt also entgegen den Vorgaben der Straßenverkehrsordnung eine Geschwindigkeitsreduzierung auf einer Bundesstraße anzuordnen.“
Straßenbaubehörde und Polizei wurden nicht angehört
Und weil es sich bei der Luxemburger Straße um eine Bundesstraße handelt, hätte vor einer Anordnung auch die Straßenbaubehörde und die Polizei angehört werden müssen. „Die ist nicht erfolgt“, so der Sprecher weiter.
Die Stadt Köln bestätigt, dass bei ihr am Dienstagabend ein entsprechendes Schreiben der Bezirksregierung eingegangen ist. Ihre Stellungnahme: „Das Dezernat für Mobilität bedauert die restriktive Haltung der Bezirksregierung in diesem Fall, da damit den Bedürfnissen der Gefahrenabwehr im Hinblick auf den Gesundheitsschutz nicht kurzfristig Rechnung getragen werden kann. Die Durchführung der Messungen und die Erstellung der Gutachten wird einige Monate in Anspruch nehmen. Erst dann kann darüber entschieden werden, welche Lärmschutzmaßnahmen langfristig getroffen werden müssen und sollen.
Ascan Egerer sieht den Fehler weniger bei sich als bei der Straßenverkehrsordnung: „Die Situation auf der Luxemburger Straße zeigt die Schwierigkeiten für die Stadt auf, auf die hohen Belastungen des Straßenverkehrs angemessen reagieren zu können und untermauert den Bedarf, die Straßenverkehrsordnung dringend zu reformieren, um den Kommunen mehr Gestaltungsfreiheiten zu geben.“
Argumente, die bei den Kritikern nicht verfangen. Lukas Lorenz, verkehrspolitischer Sprecher der SPD: „Das ärgerliche ist doch, dass es jetzt nur noch Verlierer gibt“, sagt er auch im Hinblick auf die Anwohner. Sein Resümee: „Das ist ein peinlicher Vorgang.“ Christian Beese, Verkehrsexperte der FDP: „Die Darstellung war einfach nicht überzeugend“, sagt er zu Egerers Mitteilung. Er wirft dem Dezernenten, der auf Vorschlagsrecht der Grünen ins Amt kam, vor: „Die Maßnahme war eine politische Entscheidung, die als eine rechtliche verbrämt wurde.“ Bernd Petelkau, Fraktionsvorsitzender der CDU: „Mit einem überhasteten Vorgehen und einer offenbar wackligen Rechtsauffassung wurde erneut ein Scherbenhaufen angerichtet.“ Seine Forderung: „Dieser Vorgang muss aufgearbeitet werden.“