AboAbonnieren

Tempo 30 auf Luxemburger StraßeScharfe Kritik am Vorgehen von Kölns Mobilitätsdezernenten

Lesezeit 4 Minuten
Auf der Luxemburger Straße in Köln soll bald Tempo 30 gelten.

Auf der Luxemburger Straße in Köln soll bald Tempo 30 gelten.

Mobilitätsdezernent Ascan Egerer plant, die Luxemburger Straße in Köln zu einer Tempo-30-Zone zu machen. Politik und Wirtschaft sehen sich übergangen.

Er will die Höchstgeschwindigkeit auf der Luxemburger auf 30 Stundenkilometer schnellstmöglich senken – und hat damit in Windeseile Kritik ausgelöst. Wie die Rundschau berichtete, hat Mobilitätsdezernent Ascan Egerer am Mittwoch verwaltungsintern eine Anordnung unterzeichnet, nach dem die Luxemburger Straße in Köln zur Tempo-30-Zone werden soll. Am Donnerstag hat er nach Berichten aus der Verwaltung seine Fachämter angewiesen, die Maßnahme innerhalb von sechs Wochen umzusetzen. Nun hagelt es Kritik am Vorgehen des Dezernenten.

„Konkrete Klagen“ liegen vor

Es lägen „konkrete Klagen der Anwohnenden gegen die Stadt vor aufgrund der hohen, durch Straßenverkehr verursachten Lärmbelastung der Luxemburger Straße“, begründet der Dezernent sein Vorgehen. Rückenwind bekam er dabei von der Nachricht, das der Vermittlungsausschuss des Bundestages und Bundesrates sich einigte, den Städten und Gemeinden mehr Handlungsspielraum bei der Einführung von 30er-Zonen zu geben. Es sollen dabei nicht nur Sicherheits- sondern auch Umwelt- und Gesundheitsaspekte gewichtet werden. Darauf beruft sich Egerer nun: „Die vorliegenden Daten weisen auf eine dauerhafte Lärmbelastung über den gesetzlichen Grenzwerten hin.“ Andere Maßnahmen als Tempo 30 seien kurzfristig nicht umsetzbar. Und warum die Eile? „Das Dezernat für Mobilität geht davon aus, dass eine Umsetzung der Einführung von Tempo 30 auf der Luxemburger Straße einen Vorlauf von 6 Wochen benötigt“, sagt Egerer.

Diese Eile bei der Umsetzung ist es vor allem, die CDU, SPD, FDP, die Industrie- und Handelskammer (IHK) sowie den ADAC auf „100“ bringen. Denn sie fühlen sich rechts überholt.

Mittwoch soll nach Informationen der Rundschau Egerer die Anordnung in der Verwaltung unterschrieben haben. Einen Tag vorher, am Dienstag, tagte der Verkehrsausschuss. Dort berichtete der Dezernent kein Wort von seinem Vorhaben. „Die Vorgehensweise wirft durchaus Fragen auf. Warum zum Beispiel wurde die Politik bei einem Vorhaben mit solch einer Tragweite weder informiert noch eingebunden“, fragt sich Teresa De Bellis, verkehrspolitische Sprecherin der CDU. Ralph Sterck, Fraktionsvorsitzender der FDP: „Herr Eger macht mal wieder, was er will, und missachtet zum wiederholten Mal die gewählten Gremien.“ Schon bei der Einführung einer Fahrradstraße auf der Trankgasse wurde Egerer kritisiert, er habe den Verkehrsausschuss nicht eingebunden. Und auch die SPD hat Egerer gegen sich aufgebracht: „Der Verkehrsdezernent hätte gut daran getan, die Politik am vergangenen Dienstag im Ausschuss mündlich über die Temporeduzierung zu informieren. Offenbar hat das Ratsbündnis die Kontrolle über ihre Stadtverwaltung verloren, anders sind die ständigen Alleingänge kaum zu erklären“, sagt Verkehrsexperte Lukas Lorenz.

Doch während die CDU als Teil des Ratsbündnisses hart ins Gericht geht mit Egerer, lassen die beiden Partner Grüne und Volt durchaus Milde walten. „Dass sich die Verwaltung auf mögliche Gesetzesänderungen vorbereitet, ist gut. Ich gehe davon aus, wenn die konkreten Umsetzung bevorsteht, wird Herr Egerer die Politik transparent informieren“, so Lino Hammer (Grüne), Vorsitzender des Verkehrsausschusses. Max Pargmann (Volt): „Wir sind sicher, dass Herr Egerer uns rechtzeitig über entsprechende Pläne informieren wird.“ Und die Pläne für die Luxemburger heißt er gut.

Stellt sich auch Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker hinter ihren Dezernenten? Die ist zurzeit auf Dienstreise in den USA und nicht kurzfristig zu erreichen. Doch ihr Sprecher Alexander Vogel sagt: „Die Beigeordneten arbeiten in ihren Zuständigkeitsbereichen eigenverantwortlich und sind auch verantwortlich für die Befassung der zuständigen politischen Gremien.“

Egerer verteidigt sich, das Vorhaben befinde sich noch in einem internen Prozess. Die Politik werde selbstverständlich noch informiert und eingebunden.

Wortbruch und Vertrauensentzug?

Kurzfristige Einbindung, nicht weniger erwartet die IHK: „Herr Egerer hat uns mehrfach zugesagt, dass die Wirtschaft bei verkehrspolitischen Entscheidungen mit Auswirkung auf die Unternehmen frühzeitig einbezogen wird. Mit einem Handeln völlig ohne Beteiligung bei der Luxemburger Straße würde Herr Egerer also sein Wort brechen“, so Hauptgeschäftsführer Uwe Vetterlein. Der ADAC sieht bei einer Umsetzung innerhalb von sechs Wochen gar die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Stadt entzogen. Denn wozu hätte es bei diesem Vorgehen eines jahrelangen Austauschs beispielsweise für das sogenannte MIV-Grundnetz bedurft, merkt Roman Suthold, Verkehrsexperte beim ADAC Nordrhein, an.

In diesem gerade erst veröffentlichten Grundnetz sind Straßen benannt, die wegen ihrer verkehrlichen Bedeutung keine Eingriffe erfahren sollten, die den Verkehrsfluss der Straße einschränkt. Unter ihnen die Luxemburger Straße. CDU, SPD und FDP sehen dieses Grundnetz nun von seinem eigenen Erschaffer „konterkariert“, „torpediert“ und „lahmgelegt“. Egerer indes interpretiert das Grundnetz anders als seine Kritiker. Durch dieses Netz würden weder die Fahrstreifen noch die Geschwindigkeit, sondern lediglich die Leistungsfähigkeit des „Korridors“ definiert.

Mit seinem Vorgehen und seiner Sichtweise bekommt Egerer Zuspruch von den Anwohnern der Luxemburger Straße, die auf Tempo 30 klagen. „Wir befürworten den Vorstoß, anstatt abzuwarten“, heißt es in einer Stellungnahme der „IG Lebenswerte Lux“.