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Riss im BündnisGrüne und CDU gehen in Köln auf Konfrontationskurs

Lesezeit 5 Minuten
Die Fotomontage zeigt eine Backsteinwand, die einen Riss hat. Auf je einer Seite hängt das Logo von den Grünen und der CDU.

Risse zwischen Grünen und CDU (Fotomontage)

Spätestens mit dem Streit um die Besetzung der Stadtmuseumsleitung ist deutlich geworden: Im Kölner Ratsbündnis rumpelt es kräftig zwischen Grünen und Union. Konflikte werden zunehmend offen ausgetragen.

Als das Ratsbündnis aus Grünen, CDU und Volt Ende März Halbzeitbilanz der gemeinsamen Arbeit zieht, sagt Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin, wie gut es in der „Dreier-WG“ im Kölner Rathaus laufe. Derzeit sei „kein Zimmer frei, und es zieht auch niemand aus“. Knapp fünf Monate später ist die Stimmung mehr als angespannt. Es knirscht gewaltig zwischen Grünen und CDU. Nicht nur die inhaltlichen Differenzen treten immer deutlicher zu Tage. Auch der Umgang miteinander ist zunehmend von gegenseitigen Angriffen geprägt. „Der Ton ist rauer geworden“, stellt ein CDU-Ratsmitglied fest.

Jüngstes Beispiel: das Gezerre um die (am Montag vertagte) Wahl von Philipp Hoffmann zum Direktor des Stadtmuseums. Hoffmann ist promovierter Historiker und CDU-Mitglied. Dass die OB und (der von der CDU geholte) Kulturdezernent Stefan Charles ihn für das Amt vorgeschlagen haben, wird von vielen Grünen als parteipolitische Besetzung gesehen. Die grüne Bürgermeisterin Brigitta von Bülow erklärt öffentlich, das Ergebnis der Personalsuche sei „alles andere als optimal“. Eine bemerkenswert deutliche Kritik, für die sie sich den Zorn manches CDU-lers zuzieht. In der Union wird geargwöhnt, der Fall Hoffmann sei eine Retourkutsche für die zuletzt immer schärferen Attacken der CDU auf Verkehrsdezernent Ascan Egerer, den die Grünen ins Amt geholt haben.

Seit Karl Alexander Mandl im März Bernd Petelkau als Parteichef der Kölner CDU abgelöst hat, haben sich die Konflikte in der Verkehrspolitik massiv verschärft. Im Fokus stehen insbesondere die Verkehrsversuche, etwa auf der Trankgasse. In der Union ist von „Vertrauensverlust“ die Rede. Bei den Grünen wiederum ist man verärgert, dass die CDU Anfang August sogar eine Pressekonferenz abhält, um ihre Kritik am Verkehrsversuch Deutzer Freiheit loszuwerden. Die grüne Partei habe sich bisher nicht hingestellt und öffentlich Kritik an der Arbeit von CDU-Dezernenten geübt, wie es Mandl mit Egerer tue, betont ein grünes Ratsmitglied.

Grün-Schwarz war keine Liebesheirat

Eine Liebesheirat war es ja nie zwischen Grünen und Konservativen. Anders als in anderen Kommunen und auf NRW-Landesebene geben sich beide Seiten auch keine Mühe, die Kluft mit Bildern der Einigkeit zu überdecken. Bisweilen werden die Differenzen sogar lustvoll pointiert. Das war schon so, bevor die Verkehrsversuche in Deutz und Ehrenfeld viele Bürgerinnen und Bürger aufbrachten. Seitdem ist es schwerer geworden, mit Radstreifen zu punkten, die Vokabel „Verkehrsversuch“ ist eine Art Negativlabel geworden. Dass es so gekommen ist, machen viele Grüne an den Angriffen der CDU auf Egerer fest. Und bei der Union betrachten es nicht wenige als Erfolg.

Neuer Tiefpunkt ist erreicht

Das Gezerre um Hoffmann markiert den bisherigen Tiefpunkt der Beziehungen. Hätte man nicht vertagt und die Grünen hätten der Personalie nicht zugestimmt, wäre das wohl „der erste Sargnagel für das Bündnis“ gewesen, heißt es aus dem Rathaus. Immer häufiger schielen die Partner auf die Restlaufzeit von zwei Jahren. 2025 ist Kommunalwahl, dann werden Grüne und CDU nicht mehr die parteilose OB Henriette Reker unterstützen, sondern eigene Kandidatinnen oder Kandidaten. Womöglich muss dieser Wettbewerb neu gelernt werden. Und nun wird geübt.

Fraglich ist, was die Partner angesichts des zunehmenden Streits überhaupt noch umsetzen wollen und können bis zur nächsten Wahl. Bei Themen wie Schulbau wird man weiter an einem Strang ziehen, doch beim Großprojekt Ost-West-Achse steht man sich diametral gegenüber. Die Grünen wollen die oberirdische Variante, die CDU den Tunnel. Wird das Thema bis nach der Wahl vertagt? CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz betont auf Anfrage, die Entscheidung müsse „spätestens im kommenden Jahr fallen“. Sein Kollege Lino Hammer von den Grünen sagt, man plane „keine Vertagung der Entscheidung auf nach 2025. Darüber herrscht Einigkeit im Bündnis.“ Dass man zu einer gemeinsamen Position kommt, gilt aber als ausgeschlossen.

Bei einem weiteren Großprojekt, der Historischen Mitte, wünscht sich die CDU, „dass wir noch in dieser Wahlperiode zu einer Entscheidung kommen. Die Historische Mitte wäre insbesondere aus städtebaulicher Sicht ein Gewinn für diese herausragende innerstädtische Lage im Schatten des Dom“, so Kienitz. Aus dem Bündnis ist aber auch zu hören, eine Vertagung wäre zu empfehlen.

Prioritäten liegen weit auseinander

Bei Verkehrsthemen sind die Differenzen groß. Zwar wollen sowohl die Grünen als auch die CDU Bus und Bahn weiter ausbauen. So nennen die Grünen auf Anfrage als wichtigste Ziele, die sie bis 2025 umsetzen wollen, „den ÖPNV-Ausbau mit der Linie 17 sowie der Verlängerung der Linie 4“. Auch die CDU will dafür sorgen, „dass die Außenbezirke besser an den ÖPNV angebunden werden“ und „die Planungen für den mittel- bis langfristigen Ausbau des KVB-Netzes“ vorantreiben. Aber während die Grünen als weitere Topthemen bis 2025 vor allem die Vollendung der durchgehenden Fahrradspur auf den Ringen und den Radschnellweg Köln-Frechen angeben, liegt für die CDU der Fokus eher auf dem Auto. Man erwarte „erste Ergebnisse aus der Untersuchung zum Grundnetz für den motorisierten Individualverkehr. Darin sehen wir großes Potenzial für die Gestaltung einer modernen und leistungsfähigen Mobilität“, betont Fraktionschef Bernd Petelkau.

Bei den übrigen Themen liegen die Prioritäten weit auseinander. Für die CDU stehen in den nächsten zwei Jahren vor allem die Masterpläne Sicherheit und Sauberkeit ganz oben auf der Agenda. Die Grünen hingegen möchten bis 2025 vor allem noch „den Aktionsplan Klimaschutz, eine kommunale Wärmeplanung und ein Zero-Waste-Konzept umsetzen“. Außerdem wolle man „das Erbbaurecht für soziokulturelle Nutzungen einführen, Standards für die Kölner Planungskultur festlegen und weitere Fortschritte in der Planung zur Parkstadt Süd erzielen“.

Wenn das Bündnis denn so lange hält.