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Wahl vertagtKölns Stadtmuseum bleibt vorerst ohne Leitung

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Im ehemaligen Modehaus Sauer soll das Stadtmuseum heimisch werden, doch weder Eröffnungstermin noch Leitung stehen fest.

Im ehemaligen Modehaus Sauer soll das Stadtmuseum heimisch werden, doch weder Eröffnungstermin noch Leitung stehen fest.

Der Konflikt um die Frage, wer künftig das Kölnische Stadtmuseum leiten wird, hat sich weiter zugespitzt.

Der Hauptausschuss des Kölner Stadtrats hat am Montag die Wahl des von Oberbürgermeisterin Henriette Reker vorgeschlagenen Kandidaten Dr. Philipp Hoffmann zum neuen Direktor vertagt. Nun ist vorerst offen, wie es weitergeht und ob Hoffmann überhaupt noch eine Chance hat.

Beantragt hatte die Vertagung Ralph Sterck (FDP). Er sagte, es sei ihm zu wenig, die Personalie nur anhand einer Verwaltungsvorlage zu entscheiden. Der Bewerber solle sich in seiner Fraktion vorstellen und darlegen, wie er das Stadtmuseum, aus der Krise führen wolle, das sein Vorgänger, so Sterck, „gegen die Wand gefahren hat“. Dem Wunsch der FDP nach Beratungsbedarf kamen alle Fraktionen mit Ausnahme der CDU nach.

In den vergangenen Tagen hatten SPD und Linke das aus ihrer Sicht „intransparente“ Personalverfahren scharf kritisiert und die Eignung des Kandidaten für das Amt in Zweifel gezogen. Auch aus dem Förderverein kam massive Kritik. Die Grünen nannten das Ergebnis „alles andere als optimal“. Sie zeigten sich empört, von der Personalie am Donnerstag aus der Zeitung erfahren zu haben, während die Verwaltung den Fraktionen erst am Freitag gegen 17 Uhr eine entsprechende Beschlussvorlage präsentierte.

Weil SPD, Linke und „Die Fraktion“ angekündigt haben, gegen Hoffmann, der CDU-Mitglied ist, zu stimmen, hätte schon eine Enthaltung der Grünen seine Wahl scheitern lassen können. Diese Brüskierung ihres Bündnispartners CDU vermieden die Grünen, indem sie dem Vertagungsantrag der FDP zustimmten. Ohne den Antrag hätte es jedoch durchaus zur offenen Konfrontation mit der CDU kommen können, hieß es im Vorfeld aus Kreisen der grünen Fraktion.

Die CDU reagierte pikiert auf die Vertagung. Sie hatte zuvor keinen Zweifel daran gelassen, dass sie Hoffmann für einen hervorragenden Kandidaten hält und seine Wahl auf jeden Fall am Montag hätte stattfinden sollen. „Die Vertagung ist ein schwerer Schlag für den Kulturstandort Köln“, sagte CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau der Rundschau nach der Sitzung. „Einerseits benötigt das Stadtmuseum dringend eine neue Leitung, andererseits müssen sich potenzielle Bewerber auf städtische Stellen darauf verlassen können, dass die Ergebnisse einer Besten-Auslese auch akzeptiert werden. Gerade wenn man letzteres unterlässt, werden sich künftig keine Spitzenkräfte mehr bewerben.“

Christiane Martin, Fraktionschefin der Grünen, sagte der Rundschau: „Wir haben heute dem Vertagungsantrag zugestimmt, weil wir Fragen zum Verfahren haben und dazu, ob das Profil des Kandidaten zur zukünftigen Rolle des Stadtmuseums passt.“ Wie berichtet, soll der neue Museumsleiter nicht nur das Stadtmuseum neu aufstellen, sondern auch ein Konzept für einen Verbund der vier historischen Museen Kölns entwickeln.

Unklar ist, wie es jetzt weiter geht. Die Stadtverwaltung erklärte auf Anfrage, man werde „das weitere Vorgehen nun prüfen“. Der Hauptausschuss tagt erst wieder im November. Sterck brachte eine Sondersitzung ins Spiel, um schnell entscheiden zu können. Allerdings ist fraglich, ob sich bei einem neuen Termin noch eine Mehrheit für Hoffmann finden lässt.

OB Reker betonte im Ausschuss, bei der Besetzung einer Amtsleiterstelle — und eine solche sei die Museumsdirektion — seien Vorstellrunden in den Fraktionen laut Geschäftsordnung des Rates nicht vorgesehen. Jeder könne sich natürlich vorstellen, wo er wolle, aber: „Damit habe ich nichts zu tun.“

Laut Reker sollte Hoffmann, der zurzeit das Zentrum für Stadtgeschichte und Erinnerungskultur in Bonn leitet, am 1. Oktober die Leitung des Kölnischen Stadtmuseums übernehmen. Jetzt ist angesichts des großen Widerstands in der Politik fraglich, ob er überhaupt noch Museumschef wird. Für das Stadtmuseum, das seit Ende Juni 2022 ohne Leitung ist und sein neues Interimsquartier im ehemaligen Modehaus Sauer immer noch nicht eröffnen konnte, bleibt die Führungsfrage weiterhin ungeklärt.


Problematische Personalverfahren der Stadt Köln

Das Gezerre um die Personalie Philipp Hoffmann als neuer Direktor des Stadtmuseums ist die jüngste Folge in einer ganzen Reihe von Pleiten, Pech und Pannen bei Personalverfahren der Stadt Köln. So klappt etwa die Wahl des Stadtentwicklungsdezernenten am 5. Mai 2022 erst im dritten Anlauf. Im Juni 2021 wählt der Rat zunächst CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz (CDU). Nach öffentlicher Kritik verzichtet er einen Tag später, begründet dies mit persönlichen Anfeindungen gegen ihn. Kurz darauf wird ein interner Bericht der Bezirksregierung öffentlich, der Kienitz die Eignung abspricht.

Nach einem neuen Auswahlverfahren wird Andree Haack (CDU) am 3. Februar 2022 zum Beigeordneten gewählt. Doch nach Beschwerden bei der Bezirksregierung beanstandet die Aufsichtsbehörde die Wahl wegen diverser Verfahrensmängel als rechtswidrig. Ein drittes Verfahren wird gestartet — am Ende wird Haack ein zweites Mal gewählt.

Auch die Wahl von Kulturdezernent Stefan Charles im August 2021 stuft die Bezirksregierung als rechtswidrig ein, sieht aber „ausnahmsweise“ davon ab, die Berufung zu stoppen — „um eine zügige Besetzung der Stelle mit dem allseits als fachlich qualifiziert angesehenen Bewerber zu ermöglichen“.

Im Februar 2019 kommt es bei der Besetzung des Schuldezernats zum Eklat. Als vorab bekannt wird, dass die SPD-Fraktion eine Bewerberin aus München favorisiert, stoppt der Rat auf Empfehlung von OB Henriette Reker das Verfahren. Begründung: Es sei der Eindruck einer Vorfestlegung entstanden — noch vor den Bewerbungsgesprächen. Die Bezirksregierung nennt den Ratsbeschluss später rechtswidrig.

Im selben Jahr stellt die OB Carl Philip von Maldeghem als neuen Schauspielintendanten vor. Doch der Kandidat wird öffentlich so übel kritisiert, dass er hinwirft. Er konstatiert „eine giftige Grundatmosphäre“ in Köln und betont: „Ich bin noch nie so durch den Schmutz gezogen worden für etwas, das ich nicht gemacht habe.“ (fu)