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Interview mit Kölner Münzhändlerin„Man hält immer ein Stück Geschichte in der Hand“

Lesezeit 6 Minuten
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Den Münzhandel hat Nadja Knopeks Vater in Poll eröffnet, seit 1980 ist er am Alter Markt angesiedelt.

  1. Nadja Knopek führt einen traditionsreichen Handel am Alter Markt.
  2. Mit Bernd Imgrund spricht sie über Gold-Gulden, Ursula-Taler und wer ihr Falschgold andrehen wollte.

Köln – Ihr kleiner Laden am Alter Markt ist ein Kuriosum. Hier ist es eng, Münzen und Medaillen schmücken sämtliche Auslagen, die Vitrinen und Wände. Wohin man greift – es klimpert wie in der Schatztruhe eines Seeräubers.

Zahlen Sie im Supermarkt bar oder mit Karte?

Bar! Zum einen möchte ich meine Einkäufe nicht nachverfolgen lassen. Zum anderen habe ich gern richtiges Geld in der Hand statt einer Chipkarte.

Waren Pfennig und D-Mark schöner als Cent und Euro?

Finde ich schon. Denken Sie an den sogenannten Heiermann, das alte 5-Mark-Stück. Die neueren bestanden aus Kupfer und Nickel, und davor gab es bis 1974 die alten Silberadler. Die lagen schön schwer in der Hand. Als ich jung war, bekam man für einen Heiermann ein Päckchen Zigaretten. (lacht)

Hatten Sie als Kind einen Kaufladen?

Ja, mit dem habe ich lieber gespielt als mit Puppen. Handeln hat mir damals schon Spaß gemacht.

Was fasziniert Sie an Münzen?

Dass man immer ein Stück Geschichte in der Hand hält. Oder bei Medaillen, dass man an einen bestimmten historischen Anlass erinnert wird. Auch die Motive auf den Medaillen sind oft allegorisch und eine Wissenschaft für sich. Ich denke da etwa an eine altdeutsche Silbermedaille zur Einführung der Pockenimpfung. im 18. Jahrhundert.

Zur Person

Nadja Knopek wurde 1969 in Köln geboren. Nach dem Abitur studierte sie für zwei Semester Sprachen, bevor sie eine Lehre als Groß- und Außenhandelskauffrau bei Daimon & Duracell machte.

Ihr Vater Hans-Jürgen Knopek betrieb schon seit den 1960er Jahren einen Münzhandel in Poll und wechselte in den 1980ern an den Alter Markt. Ab den frühen 1990ern leitete Nadja Knopek Münz-Auktionen für den Vater.

2005 übernahm sie das Geschäft. Heute steht ihr dabei Mitarbeiter Andreas Patschinski zur Seite. Während die Metzgerei, das Schuhgeschäft und andere kleine Läden vom Alter Markt Schnellimbissen weichen mussten, residiert der Münzhandel Knopek noch immer an der Ecke zur Kleinen Budengasse. Nadja Knopek wohnt in Poll.www.muenzhandel.de

Impfen: ein sehr aktuelles Thema.

Genau. Auf dieser Medaille sieht man einen Engel, der eine Frau mit Kind vor einem Drachen beschützt. Und den Spruch: „FÜR WILLIGE MITTHEILUNG DES IMPFSTOFFES.“

In welcher Epoche wurden die schönsten Münzen produziert?

Mir fällt da sofort die Weimarer Republik ein – 5er mit wunderschönen Motiven etwa von Bremerhaven oder den ersten Zeppelinflügen.

Ihr Vater handelte schon seit den 1960ern mit Münzen. Wuchsen Sie mit dem Geschäft auf?

Das begann bei uns zuhause in Poll mit ein bisschen Gemaggel. Ich erinnere mich an eine besondere Münze meines Vaters, auf die ich mich als Kind mit dem Absatz gestellt und dann im Kreis gedreht habe. Das kam dann nicht so gut an.

Was hat sich im Münzhandel verändert seitdem?

Es gibt zum Beispiel nicht mehr so viele Sammler wie früher. Damals sind die Menschen zur Bank gestürmt, um die neueste Gedenkmünze zu ergattern. Viele Menschen dachten zudem, das sei eine gute Kapitalanlage. Aber der Wert ist seitdem eher gesunken als gestiegen.

Wie bei den Briefmarkensammlern.

Ja, wobei bei Münzen wenigstens noch der Edelmetallwert bleibt.

Nennen Sie mal ein Beispiel für den Preisverfall.

Das erste 5-Mark-Stück der BRD kam 1952 als Gedenkmünze heraus und wurde zwischenzeitlich für 2.000 DM gehandelt. Heute bekommen Sie noch 250 Euro dafür.

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Nadja Knopek in ihrem Laden in Köln 

Womit kommen die Menschen hier zu Ihnen?

Wir handeln kaum noch antike Münzen. Stattdessen kommt viel Massenware auf den Tisch: 5er aus dem Dritten Reich, alte BRD-Münzen oder auch Urlaubsgeld, das niemand mehr umtauscht. Da zahlen wir dann einen Kilopreis. Als Beispiel: Wir geben rund 40 Cent für eine D-Mark, um 10 Cent dran zu verdienen.

Und umgekehrt: Was war das wertvollste hier gehandelte Stück?

Eine südamerikanische Goldmünze, von der es insgesamt nur sechs Exemplare gibt. Ich weiß nicht, was mein Vater im Ankauf gezahlt hat, aber nachdem das Stück hier zwei Jahre rumlag, kam eine Dame und kaufte es für 20 000 Euro. Den Preis haben wir damals Pi mal Daumen taxiert, anders ging das in diesem Fall nicht.

Was ist die Blaue Mauritius des Münzhandels?

Es gibt ein 3-Mark-Stück aus dem Deutschen Kaiserreich. Dieser „Friedrich der Weise“ wurde früher für 150 000 DM gehandelt und bringt heute rund 100 000 Euro.

Auch in Köln wurden Münzen geprägt. Gibt es interessante Exemplare?

Lange nicht mehr in der Hand hatte ich einen Goldgulden des Erzbischofs Dietrich von Moers (1385–1463). Beliebt waren früher die Ursula-Taler, die rund um den Dom verkauft wurden. Dafür bekam man viele tausend Euro. Eine echte Kölner Rarität ist wiederum die Bronzemedaille von 1844, die zum ersten Jahrestag der Eröffnung der Eisenbahnlinie Köln – Antwerpen geprägt wurde. Darauf sieht man einen Anker mit den Städtewappen sowie die Flussgötter von Rhein und Schelde.

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Hier liegt recht viel Kapital herum. Müssen Sie gewappnet sein?

Na ja, für die Auslage benutzen wir heutzutage Nachprägungen. Aber es kommt immer mal wieder zu Betrugsversuchen, vor allem mit Falschgold. Am dreistesten waren mal drei osteuropäische Männer, die Goldblech verkaufen wollten. Die schnitten dann ein Stückchen selber ab und jubelten meinem damaligen Mitarbeiter eine vermeintliche Probe unter. Der Ankauf dieses goldlosen Blechs hat uns dann 20 000 Euro gekostet. Sehr ärgerlich.

Was sind die Hauptmotive Ihrer Klienten?

Meistens geht es um Erbschaften. Da werden dann auch gern nochmal familiäre Geschichten erzählt und ein paar Tränchen verdrückt.

Im Prinzip muss Ihnen jeder mit Misstrauen begegnen, weil Sie ja Profit machen wollen und einen enormen Wissensvorsprung haben.

Zum einen können die Leute sich heute vorher online sehr gut informieren. Zum anderen beraten und verhandeln wir hier maximal transparent. Wer dann immer noch misstrauisch ist, sollte vielleicht noch andere Angebote einholen.

Wir befinden uns hier in einem Eckhaus am Alter Markt, eine sehr exklusive Lage. Wie kommt es, dass hier keine Kneipe oder Dönerbude, sondern ein Münzhandel existiert?

Wir sind hier schon seit den 80ern und kennen den Vermieter gut. Der freut sich, dass wir hier sind und immer zuverlässig die Miete bezahlen.

Wie wichtig ist es in Internetzeiten, in einem Ladenlokal präsent zu sein?

Sehr wichtig. Die Leute wollen uns ihre Schätze vorlegen und eine Einschätzung bekommen. Da geht es auch um Vertrauen, und das entsteht am Bildschirm einfach nicht.

Auch im Fernsehen werden heutzutage Münzen gehandelt, etwa bei „Bares für Rares“. Sind die da seriös?

Ja, absolut, die Sendung sehe ich auch gern.

Zu den Experten könnten eigentlich auch Sie gehören.

Das stimmt. Aber ich bin ein bisschen schüchtern und sitze lieber hinter den Kulissen. (lacht)

Sie verdienen Ihr Geld als Händlerin. Sind Sie auch Sammlerin?

Nein. Manchmal lege ich mir schöne Münzen ein paar Wochen beiseite und habe Freude dran. Aber irgendwann denke ich, Quatsch, verkauf die doch und mach jemand anderen glücklich. Mein Mitarbeiter Andreas Patschinski ist da ganz anders, er hat schon mit 12 gesammelt und tut das bis heute.

Welche Münze hätten Sie trotzdem gern mal in der Hand – und sei es nur für ein paar Wochen?

Am ehesten eine französische, weil mein Herz an Frankreich hängt. Einen Ecu d’or zum Beispiel, das ist eine wunderschöne Goldmünze, die das Lilienwappen trägt. Es gibt auch silberne Ecus, die bis ins späte 18. Jahrhundert geprägt wurde. 1795 wurde dann ja der Franc zur nationalen Währung.