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Kölner GroßbauprojekteKann man Projekte in Milliardenhöhe stoppen?

Lesezeit 5 Minuten
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Der zukünftige Neumarkt, falls die U-Bahn der Ost-West-Achse gebaut wird. 

Köln – Als „Frage der Abwägung“ hat Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) den Umgang mit Großbauprojekten der Stadt bezeichnet – in einer Zeit, in der alle den Gürtel enger schnallen sollen, aber die Stadt ihre Schulden in den nächsten zwei Jahren von 3,1 Milliarden auf 5 Milliarden Euro erhöhen will. Sie wolle dem Hauptausschuss in den nächsten Wochen entsprechende Daten zur Abwägung vorlegen, eine Liste der Großprojekte. Dann soll die Politik beraten. Doch CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau warnt: „80 bis 90 Prozent der Großbauprojekte sind Sanierungen. Die können wir nicht stoppen.

Rechnet man den Gebäudeverfall und die Inflationsraten im Baugewerbe mit ein, werden diese Bauten nur noch teurer, falls wir sie stoppen.“

Aber wo sind dann Möglichkeiten zu sparen?

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Christian Joisten sagte unter der Woche: „Es braucht jetzt ein Stoppschild, um die Lage nüchtern zu beurteilen.“ Ein Baustopp geht allerdings bei den aktuellen Preisentwicklungen immer Hand in Hand mit weiter steigenden Kosten.

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Eine Liste mit Kosten in Höhe mehrerer Milliarden

91,2 Millionen Euro soll die Sanierung des Römisch-Germanischen-Museums kosten. 2026 soll es wieder eröffnen.

Die Sanierung des Wallraf-Richartz-Museum soll 16 bis 18 Millionen Euro kosten und geschieht im laufenden Betrieb bis ins Jahr 2027. Die Baugenehmigung für den Anbau des WRM war für Juli geplant. Dann wurden bei Schürfungen Hohlräume im Boden gefunden, die Zeitplan und auch die Kosten von 95 Millionen Euro in Frage stellen.

Die Generalinstandsetzung der Zentralbibliothek ist bis Ende 2026 angesetzt und soll 81 Millionen Euro kosten.

Die Historische Mitte, in der auch das Stadtmuseum ein neues Zuhause erhalten soll, soll für 183 Millionen Euro und bis 2029 errichtet werden.

Angedacht ist auch die Sanierung der Philharmonie und des Museum Ludwig bis 2028 und 2030. Eine erste Kostenschätzung ergab wie berichtet die horrende Summe von 950 Millionen bis eine Milliarde Euro.

Die Baustelle des jüdischen Museums „MiQua“ steht still. Die Stadt hat dem Stahlbauer gekündigt. Der Planungsbeschluss stammt aus dem Jahr 2008, 2015 folgte der Baubeginn. Die Planung für Kosten (127 Millionen Euro) und Zeit (Eröffnung 2025) sind mittlerweile Makulatur.

646 Millionen Euro statt ursprünglich prognostizierten 253 Millionen soll die Sanierung der Kölner Bühnen am Ende maximal kosten, sie dauert mittlerweile seit mehr als zehn Jahren an und soll 2024 beendet sein. (rom)

Doch frei nach dem Motto: Alles kann, nichts muss, kann nicht entschieden werden. Denn Projekte wie das Museum im Quartier – das jüdische Museum „MiQua“ – oder die Sanierung des Römisch-Germanischen-Museums sind nicht zu stoppen und sind auch alternativlos. „Das Dyonisos-Mosaik liegt eben wo es liegt“, brachte es OB Reker auf den Punkt.

Zudem sind sich die Erste Bürgermeisterin und Baudezernent Markus Greitemann sowie auch die Politik einig, dass etwa der Schulbau unantastbar ist. Auch Projekte wie die Sanierung der Mülheimer Brücke sind Beispiele für Großbauprojekte, die zwar im Verlauf teurer geworden, aber einfach unumgänglich für die Stadt sind.

Auch die laufende Sanierung des Wallraf-Richartz-Museums oder die Generalinstandsetzung der Zentralbibliothek, die kurz vor Baubeginn steht, würden mit einem Baustopp nur noch mehr Kosten produzieren.

KR MiQua

Die Baustelle des jüdischen Museums "MiQua" .

„Es ist wichtig, dass der Überblick erstellt wird, damit Klarheit herrscht, was wie viel kostet“, betont auch Grünen-Fraktionsgeschäftsführer Lino Hammer.

Wo kann die Politik noch Hand anlegen?

Bernd Petelkau sagt: „Im Kulturbereich sehe ich nur zwei Projekte, die überhaupt in Frage kämen, allerdings ist in der Historischen Mitte Raum für die Technik des RGM eingeplant, da entstehen Synergie-Effekte, zudem haben wir Verträge mit der Kurie.

KR Mülheimer Brücke

Die Sanierung der Mülheimer Brücke läuft.

Auch beim Anbau des Wallraf-Richartz haben wir Verträge mit der Fondation Corboud. Es wäre ein riesiger Reputationsschaden für die Stadt, wenn wir das Projekt stoppen.“

KR Wallraf Richartz Museum

Der geplante Anbau des Wall­raf-​Ri­chartz-​Mu­se­ums.

Für beide Projekte gibt es Ratsbeschlüsse, aber sie befinden sich noch in der Planung. Eine Baugenehmigung liegt bei beiden noch nicht vor. Der FDP-Vorsitzende Ralph Sterck sagt: „Verträge gibt es überall – der Baubeschluss ist aber noch nicht gefasst und das Risiko ist dem Erzbistum bekannt, dafür gibt es eine Ausstiegsklausel.“

Gibt es Projekte, die warten können?

Sterck spielt auf ein weiteres Großprojekt an: „Das Zentraldepot für die Museen ist grundsätzlich eine gute Idee, nur das Geld dafür kommt auch nicht aus der Portokasse.“ Insgesamt 213,7 Millionen sind wie berichtet für ein Depot für die Kunst- und Kulturschätze der Stadt in den nächsten fünf Jahren im Haushalt als Investition eingeplant. Wohlbemerkt in einer Zeit, in der am Dom abends das Licht ausgeschaltet wird, um Energiekosten zu sparen.

KR Zentraldepot Rotterdam

Das Zentraldepot für Museen in Rotterdam.

Auch die U-Bahn für die Ost-West-Achse, die einen Umbau sowie die Entflechtung des Neumarkts mit sich bringen würde, könnte bis zu zwei Milliarden Euro verschlingen. Ein großer Teil davon soll durch Fördermittel des Bundes gestemmt werden. Das Projekt befindet sich in der Prüfung.

KR Historische Mitte RMG

Die geplante Historische Mitte am Römisch-Germanischen Museum.

„Die warten wir ab, ich gehe davon aus, dass die Zahlen nachher für sich sprechen“, sagt Lino Hammer von den Grünen. Die Mehrheitsfraktion im Rat lehnt den Tunnelausbau ab.

Was kann die Stadt in Zukunft besser machen?

Die Idee, Totalunternehmer mit Sanierungen und Großbauprojekten zu beauftragen, um nachher nur noch eine Rechnung und die Schlüssel in Empfang zu nehmen, ist nicht neu. Die FDP bringt diese Idee seit Jahren immer wieder auf die Tagesordnung.

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Auch Bernd Petelkau erklärt nun: „Wir müssen die Prozessstruktur überarbeiten, damit wir schneller bei diesen Projekten werden. Schneller heißt meist auch günstiger. Deswegen regen wir als CDU an, eine Kulturbaugesellschaft zu gründen, die zügiger arbeiten und auch ein attraktiver Arbeitgeber für junge Leute sein kann.“ So hat es die Stadt auch jüngst mit einer Schulbaugesellschaft getan.