Kölner MuseenZentraldepots wären ein Befreiungsschlag
Lesezeit 4 Minuten
Köln – „In einer Scheune auf dem Weierhof in Bocklemünd steht eine alte Zuse-Rechenmaschine: angedötscht, verstaubt, unsachgemäß gelagert.“ Leichte Fassungslosigkeit schwingt in der Stimme von Ralph Elster mit, als er darüber berichtet, wo und wie Objekte des Kölnischen Stadtmuseums derzeit teilweise gelagert sind. Und wie dem Stadtmuseum geht es auch den meisten anderen Häusern: Die Lager platzen aus fast allen Nähten. Ein Zentraldepot soll nun Abhilfe schaffen.
Gestern stellte OB Henriette Reker dem Rat der Stadt ihren Haushaltplan vor, der vorsieht, bis einschließlich 2027 insgesamt 213,7 Millionen Euro für den Bau zur Verfügung zu stellen.
Zentraldepot wäre Befreiungsschlag
„Wir hatten die Idee eines Zentraldepots schon lange im Blick“, so Elster. Kulturdezernent Stefan Charles hat sich das Projekt nun groß auf sein Banner geschrieben. „Es wäre ein Befreiungsschlag für die Museen in der Innenstadt“, freut sich der Beigeordnete. „Denn dort brauchen wir die Flächen für Ausstellungen, aber auch für den Dialog mit den Besuchern und didaktische Angebote und Veranstaltungen.“
Der Bedarf an Fläche wurde jetzt ermittelt: rund 50 000 Quadratmeter insgesamt für die städtischen Museen. „Und das kann dann wirklich gut in der Peripherie angesiedelt werden“, findet Charles.
Neues Gebäude soll klimaneutral sein
Und statt ein bestehendes Gebäude für ein Depot zu ertüchtigen und zu vergrößern, sei es „günstiger“, ein neues Gebäude zu errichten, das dann auch nachhaltig und klimaneutral betrieben werden könne. Stefan Charles kann sich aber auch vorstellen, ein so großes Projekt nicht auf einen Schlag zu bauen, sondern etwa über mehrere Jahre hinweg in einer Modulbauweise. „Es muss auch nicht schön aussehen, es soll ja nur diesen Zweck des Lagerns erfüllen. Ich habe schon mit einigen Unternehmen gesprochen: Es wird sehr günstig, wenn man nicht noch andere Nutzungsformen mit hineinpackt.“
Gemeinsame Werkstätten möglich
Denn in einem solchen Zentraldepot könnte mehr als nur Kunst gelagert werden. Vorstellbar wären für Charles auch gemeinsame Werkstätten. Darüber denken wir stark nach.“
„Wir sind haushalterisch in einer Situation, wo wir Synergieeffekte nicht links liegen lassen dürfen“, macht Ralph Elster, in Bezug auf diesen Aspekt klar. Alle Museumsobjekte an einem Ort zusammenzuführen, würde auch die digitale Erfassung vereinfachen. „Es ist ja bekannt, dass wir bei einigen Museen noch große Lücken in der Inventarisierung haben. Dies vor Ort in einem System zu erstellen, würde die Prozesse unglaublich erleichtern.“
Über die Stadtgrenzen hinaus denken
In Sachen Standort schlägt Elster vor, auch über die Stadtgrenzen Kölns hinaus zu denken. „Bonn und Aachen haben dieselben Probleme. Und im Kulturausschuss des LVR wird in der kommenden Woche über eine weitere Verwendung des ehemaligen Braunkohle-Kraftwerks in Frimmersdorf gesprochen. Das sind riesige Hallen, die sich sicherlich auch für ein Schaudepot eignen!“ In einem solchen Fall müsse aber geregelt sein, dass die Museumsmitarbeiter, wenn sie dort hinfahren wollten, nicht wochenlang auf die Bearbeitung eines Dienstreiseantrages warten müssten.
Priorisierung von Großprojekten
Und auch die anderen Kulturpolitiker stehen einem Zentraldepot grundsätzlich positiv gegenüber. „Die einzelnen Depots der Museen kommen an ihre Grenzen, ein Zentraldepot könnte das Problem lösen“, sagt Lorenz Deutsch (FDP). „Ob die konkreten Pläne aber überzeugend sind, steht auf einem anderen Blatt. Außerdem hat die Stadt noch viele andere Baustellen, die teils ihre veranschlagten Kostenrahmen sprengen, wie die Bühnen und das Römisch-Germanische Museum.“ Deutsch spricht sich für eine Priorisierung der Großprojekte aus: „Wir müssen überlegen, was wir leisten können und ob wir bestimmte Projekte doch besser zurückstellen, bis wieder Luft dafür da ist.“
Ähnlich sieht es Brigitta von Bülow (Grüne): „Wir müssen schauen, welche Synergien sinnvoll sind. Alle Konzepte zum Zentraldepot gehören auf den Prüfstand: Was kann die Stadt leisten, welche Konsequenzen hätten die jeweiligen Pläne? Es dürfen keine übereilten Entscheidungen getroffen werden.“
Kritische Begleitung
Auch Maria Helmis (SPD) sagt, dass ein Zentraldepot aus kuratorischer Sicht der richtige Ansatz sein kann, „um die Kunstwerke und -schätze der Museen sinnvoll und sachgerecht zu verwahren.“ Man werde jedoch die konkreten Pläne zur Einrichtung des Depots „kritisch begleiten und vor allem hinsichtlich des Zeit- und Kostenfaktors schauen, inwiefern damit ein Mehrwert geschaffen werden kann.“
Ein solcher Mehrwert wäre, das Haus für Publikum zu öffnen, als Schaudepot wie etwa in Rotterdam. „Das könnte unsere Museumslandschaft noch einmal stärken und aufwerten“, ist sich Charles sicher. In Kölns Partnerstadt haben übrigens auch private Sammler die Möglichkeit, sich einzumieten, um Preziosen der Öffentlichkeit zu präsentieren. „Das wäre für mich eine Vision!“