Bei einer Betriebsversammlung am Mittwoch wurden die Sparpläne konkretisiert. Im Entwicklungszentrum sollen 600 von 2900 Stellen entfallen.
Betriebsversammlung in KölnFord streicht Entwicklungszentrum weiter zusammen
Ford schneidet bei den geplanten Sparmaßnahmen erneut tief in den Bereich Fahrzeugentwicklung ein. Das teilte das Management den Mitarbeitenden in einer zusätzlich anberaumten Betriebsversammlung am Mittwoch mit. 600 von insgesamt 2900 Stellen sollen demnach bis Ende 2027 in der Entwicklungsabteilung in Köln-Merkenich entfallen. Das steht im Gegensatz zu Ford Ankündigungen aus dem Sommer, sich auf die Kernkompetenzen Fahrzeugbau und Fahrzeugentwicklung zu konzentrieren.
Das Entwicklungszentrum ist bereits in der laufenden Sparrunde stark betroffen. Bis Ende 2025 entfallen hier 1700 von ursprünglich 4000 Stellen. Gut zwei Drittel des Abbaus ist inzwischen erfolgt. Übrig bleiben würden nach 2027 nur noch 1700 Entwickler. Weder komplette Fahrzeuge für den europäischen Markt könnten dann noch entwickelt werden noch Antriebsstrang inklusive Batterie oder komplexe Software, glauben dort beschäftigte Ingenieure. Weitere Entwicklungsaufgaben sollen offenbar in die USA verlagert werden.
Ford in Köln: 1000 Stellen in der Verwaltung betroffen
1000 Stellen sollen in der Verwaltung wegfallen in Bereichen wie Marketing, Einkauf, Finanzen, IT oder Personal. Ebenfalls 1000 Mitarbeiten sind vom Abbau in produktionsnahen Dienstleistungen betroffen. Sie erledigen Arbeiten von der Elektrizitätsversorgung bis zur Abwasserentsorgung, darunter Reparatur und Wartung der Fertigungsanlagen. Wo weitere 300 entfallen, seien noch nicht genau angegeben, so der Betriebsratschef Benjamin Gruschka.
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„Das ist ein schwarzer Tag für Köln“, so Gruschka. Den Abbauplan nannte er „brutal“. Es gehe nicht mehr um eine Verkleinerung wie bei früheren Sparrunden. Ganze Teilbereiche sollten ausgelagert und verkauft werden, ganze Abteilungen stünden zur Disposition.
Arbeitsdirektor Marcus Wassenberg aus der Geschäftsführung von Ford-Deutschland habe eine drei Seiten lange Liste mitgebracht, auf denen die Streichpläne aufgeführt worden waren. „Dieser brutale Abbauplan gefährdet nicht nur unsere Arbeitsplätze, sondern die auch die gesamte Zukunft unserer beiden Standorte in Köln“, so Gruschka.
IG Metall sieht keinerlei Plan für Ford
Für die IG Metall ist jetzt klar, dass weder die deutsche Geschäftsführung noch das europäische Management einen Plan für Ford in Europa hat. Hoffnung auf eine belastbare langfristige Perspektive mache das Management den Mitarbeitenden nicht. „Deshalb muss Ford jetzt ernsthaft ein tragfähiges Zukunftskonzept mit dem Betriebsrat ausarbeiten“, sagte David Lüdtke, Vertrauenskörperleiter der IG Metall bei den Ford-Werken. Mit dem Abbauprogramm würde aus Sicht der IG Metall „einzig und allein die Zerlegung des Standorts Köln beginnen“, so Kölns IG Metall-Chefin Kerstin Klein. „Das wäre aus unserer Sicht ein Sterben auf Raten.“
Laut Betriebsratschef Benjamin Gruschka hat die Geschäftsführung „sämtliches Vertrauen verspielt“. Nicht wegen der Absatzschwäche der E-Autos gebe es Abbaupläne. Die seien vielmehr bereits im Frühjahr des Jahres in den USA geschmiedet worden. Bereits im Juni hatte das Europamanagement auch in einer Mail den Stellenabbau angekündigt, ohne konkrete Zahlen zu nennen. Da war gerade der Startschuss für die Serienfertigung des E-Autos Explorer gefallen, Verkaufszahlen also noch nicht absehbar.
Ford: Kurzarbeit wird in Köln fortgesetzt
Weil sich die Modelle Explorer und Capri allerdings nicht so gut verkaufen wie erhofft, hat Ford vor zwei Wochen Kurzarbeit angekündigt. Bis Weihnachten ruht an insgesamt drei Wochen die Fertigung. Auch im ersten Quartal des kommenden Jahres und wohl auch im April wird kurz gearbeitet, wie Arbeitsdirektor Wassenberg in der letzten Woche angekündigt hatte. Auch wird die Tagesbaurate von 630 auf 480 Autos reduziert.
„Offenbar versucht der Konzern von eigenen Versäumnissen abzulenken“, so Gruschka. Und weiter: „Nun hat die Geschäftsführung sämtliches Vertrauen verspielt.“ Der Betriebsrat hat sich laut Gruschka an Konzernchef Jim Farley gewandt und will sich mit ihm treffen. Auch von Bundeskanzler Olaf Scholz, der zusammen mit Fords Nr. 1 William Clay Ford Jr., dem Urenkel des Firmengründers, im Juni 2023 das für zwei Milliarden Dollar für die Fertigung von E-Autos in Köln umgebaute Werk feierlich eingeweiht hatte, erhofft sich Gruschka Unterstützung. Der jedenfalls wolle zu Besuch kommen. Die Politik müsse Ruhe in die Diskussion um die E-Autos bringen, so Gruschka. Er wünscht sich eine erneute Förderung der E-Autos.
Gruschka betonte erneut die Gültigkeit der Vereinbarung, die betriebsbedingte Kündigungen bei Ford in Deutschland bis Ende 2032 ausschließt. Die hat die Geschäftsleitung auf der Versammlung allerdings auch nicht infrage gestellt, auch wenn sie im Vorfeld dazu Gesprächsbedarf angemeldet hatte. Der Geschäftsleitung stellte er ein Ultimatum. Bis zur nächsten Betriebsversammlung am 10. Dezember müsse die Abbaupläne zurücknehmen. „Wir werden kämpfen bis zum Schluss“, so Gruschka. Das habe er auch auf der Betriebsversammlung mit 8000 Mitarbeitenden angekündigt. Die hätten auf die Ankündigung mit stehendem Applaus reagiert – minutenlang. Als die Geschäftsleitung die Abbaupläne verkündet habe, sei es totenstill gewesen, so Gruschka. „Ich habe Kolleginnen und Kollegen weinen sehen“, beschreibt er die Stimmung. Aktuell hat Ford in Köln noch etwa 11.500 Mitarbeitende.