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Analyse zur BundestagswahlFrust auf die Ampel nützt den übrigen Parteien

Lesezeit 4 Minuten
Berlin: Friedrich Merz (CDU, r), Parteivorsitzender und Kanzlerkandidat, gibt Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender, im Konrad-Adenauer-Haus nach der Prognose zum Ergebnis der Bundestagswahl die Hand.

Berlin: Friedrich Merz (CDU, r), Parteivorsitzender und Kanzlerkandidat, gibt Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender, im Konrad-Adenauer-Haus nach der Prognose zum Ergebnis der Bundestagswahl die Hand.

Die CDU/CSU gewinnt die Bundestagswahl, profitiert vom Frust über die Ampel. SPD und Grüne erzielen schlechte Ergebnisse. Eine erste Analyse der Forschungsgruppe Wahlen.

Bei sehr hoher Beteiligung an der 21. Wahl zum Bundestag wird die Union zum 17. Mal stärkste Partei. Die SPD fällt auf ihr schlechtestes Ergebnis im Bund, die Grünen verlieren, die FDP bricht heftig ein. Die AfD erzielt ein Rekordergebnis, die Linke legt klar zu und das BSW schafft auf Anhieb viel Zuspruch. Eine erste Analyse der Forschungsgruppe Wahlen:

Wahlergebnis

Hauptgründe für das SPD-Fiasko sind ein historisch schwacher Kanzler Olaf Scholz, Defizite bei den Top-Themen Wirtschaft und Migration und die miserable Bilanz der rot-grün-gelben Bundesregierung. Vom Frust über die gescheiterte Ampel profitieren die anderen Parteien.

Kanzlerkandidaten

Vor die Wahl gestellt zwischen den Kandidaten von SPD, CDU/CSU, Grünen und AfD sind nur 19 Prozent der Befragten für Scholz als Bundeskanzler, 34 Prozent bevorzugen Friedrich Merz, 18 Prozent Robert Habeck und 18 Prozent Alice Weidel. Obwohl das Ansehen von Scholz so gering ist wie bei keinem Kanzler zuvor (+5/-5-Skala: minus 0,5; 2021: 1,4), kann sich Merz (0,0) hier nicht wirklich absetzen, auch weil er massiv zwischen Jung und Alt polarisiert. Wenn es um die Eignung als Regierungschef geht, sind die Zweifel bei Merz zwar geringer als bei Scholz, Habeck oder Weidel. Dass Merz als Kanzler seine Sache besser machen würde als Scholz, glauben aber nur 37 Prozent.

Problembereiche

Bei den Inhalten können CDU und CSU am ehesten ökonomisch überzeugen: In einem Umfeld, in dem die Wirtschaft auf Talfahrt und Deutschlands Zukunftsvorbereitung so schlecht wie nie gesehen wird, setzen bei den Themen „Wirtschaft“ und „Zukunft“ die meisten auf die Politik der Union.

48 Prozent meinen, dass sich die Wirtschaftslage mit einer CDU/ CSU-geführten Regierung verbessern würde. Dass durch sie dann auch die Probleme im Bereich „Flüchtlinge und Asyl“ besser gelöst würden, glauben nur 40 Prozent. Bei den Parteikompetenzen in diesem Bereich liegt die CDU/CSU nur relativ knapp vor der AfD (26 bzw. 21 Prozent).

AfD-Erfolg

Gewählt wurde die AfD von 68 Prozent ihrer Anhänger wegen der „politischen Forderungen“ der Partei und nur von 29 Prozent „als Denkzettel“. Häufiger flankiert vom Gefühl der Benachteiligung heißt das wichtigste Wahlmotiv im AfD-Lager „Flüchtlinge und Asyl“.

Wahlmotive

Für die eigene Wahlentscheidung war „Flüchtlinge und Asyl“ in der Gesamtheit zwar wichtiger als „Rente“ oder „Klimaschutz“ (28, 22 bzw. 20 Prozent), noch mehr Relevanz hatten aber „Frieden und Sicherheit“, „Wirtschaft“ und „Soziale Gerechtigkeit“ (51, 40 bzw. 34 Prozent). Während die SPD in ihrer Domäne „Soziale Gerechtigkeit“ viel Vertrauen verliert, legt die Linke hier klar zu; für 42 Prozent ist die Linke „die einzige Partei, die wirklich Politik für Menschen mit geringem Einkommen macht“.

Wer wählte wen?

Zur starken Polarisierung bei den Kandidaten und bei vielen Themen kommen massive Unterschiede im Wahlverhalten nach Alter, Geschlecht oder Wohnort. In der Generation 60 plus wählen 38 Prozent CDU/CSU und 23 Prozent SPD, bei den unter 30-Jährigen sind es gerade noch 13 bzw. elf Prozent. Nach einem spektakulären Plus stärkste Partei wird in der Gruppe U30 mit 24 Prozent die Linke, die AfD schafft 21 Prozent, die Grünen kommen hier nur noch auf zwölf Prozent.

Nachdem die CDU/CSU bei Männern stärker zulegt als bei Frauen, erzielt sie bei Männern 29 Prozent und bei Frauen 27 Prozent. Noch deutlicher ist das Gender-Gap bei der AfD (23 bzw. 17 Prozent), die besonders viele Männer mittleren Alters rekrutiert. SPD und Linke sind bei Frauen erfolgreicher als bei Männern (SPD: 18 bzw. 15 Prozent; Linke elf bzw. sieben Prozent). In Städten mit über 100.000 Einwohnern ist neben den Grünen jetzt auch die Linke überproportional stark.

Die Zahlen basieren auf einer Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen unter 1520 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten in Deutschland in der Woche vor der Wahl (telefonisch/online) sowie auf der Befragung von 49.469 Wähler/innen am Wahltag. (EB)