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Schlechtes Wahlergebnis der SPDSchockstarre bei den NRW-Genossen

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Gescheitert: Olaf Scholz

Gescheitert: Olaf Scholz

Reglos und stumm reagieren die Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr auf die Niederlage im Bund.

Die SPD im Ruhrgebiet hat es geahnt: An diesem Sonntag wird es keinen Grund zum Feiern geben. Aber als um 18 Uhr die erste Prognose auf der Leinwand im Café Museum in Duisburg erscheint, die Niederlage also gewisser wird, ist die Enttäuschung riesengroß bei den Gästen des SPD-„Wahlabends“. Was für ein Absturz!

Reglos und stumm blicken die SPD-Mitglieder auf den niedrigen Balken der SPD. Erst als sie sehen, dass die FDP um den Einzug in den Bundestags bangen muss und der Höhenflug des BSW gestoppt ist, klatschen sie Beifall. „Ich bin sicher, dass wir eine gute Regierung bekommen“, sagt Ernst Walsken, ein SPD-Urgestein. Das tröstet ihn über den Absturz seiner Partei hinweg. Die Niederlage tue „bitter weh“, das gute Abschneiden der Rechtspopulisten schmerze genauso. Olaf Scholz habe keine Aufholjagd hinlegen können, dafür habe die Ampel wohl auch zu viele Fehler gemacht, sagt Walsken. Persönlich schätze er den Kanzler sehr. Aber Scholz sei eben „kein Volkstribun“.

NRW: Rebellion gegen die Nominierung von Olaf Scholz

Viele SPDler, nicht nur in Duisburg, fragen sich an diesem Abend, ob das wirklich so kommen musste. Schließlich kam die Rebellion gegen die Nominierung von Olaf Scholz als Kanzlerkandidaten nicht zuletzt aus der NRW-SPD, und sie war heftig. Sogar das Wort „Putschversuch“ machte im November die Runde. Zur Kampfansage geriet ein öffentliches Bekenntnis der Bundestagsabgeordneten Wiebke Esdar und Dirk Wiese, den Chefs der NRW-Landesgruppe im Bundestag, für Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius und gegen eine Scholz-Kandidatur. Scholz' Ansehen sei stark mit der Ampel-Koalition verknüpft, analysierten die beiden. Es gebe innerhalb und außerhalb der Partei eine Debatte, „was die beste politische Aufstellung jetzt für diese Bundestagswahl ist“. Dabei hörten sie viel Zuspruch in der SPD für Pistorius.

Esdar aus Bielefeld und Wiese aus dem Hochsauerlandkreis haben Gewicht in ihrer Fraktion und in der NRW-SPD. Die beiden repräsentieren zwei wichtige Strömungen in der Fraktion: Esdar als Sprecherin der Parlamentarischen Linken, Wiese als Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises.

NRW-SPD: Pistorius als besserer Kanzlerkandidat

Der Bochumer SPD-Vorsitzende und Chef des Landtags-Petitionsausschusses, Serdar Yüksel, bekannt für seine offene Art, sagte im „Stern“: „Boris Pistorius wäre der beste Kanzlerkandidat.“ Die Stimmung in den Ortsvereinen und bei den Mitgliedern gehe in Richtung Wechsel. Noch mehr Wirbel als der einer breiten Öffentlichkeit nicht so bekannte Yüksel verursachte SPD-Urgestein Franz Müntefering. Dem „Spiegel“ sagte er im November, es sei parteiintern „noch nicht beantwortet“, wer 2025 zur Bundestagswahl als Spitzenkandidat aufgestellt werde. Über Boris Pistorius sagte „Münte“, dieser mache „einen guten Job“ und sei ein „lebensnaher Typ“.

Nur mit Mühe gelang es der „Doppelspitze“ der NRW-SPD, Sarah Philipp und Achim Post, die Revolutionsstimmung in der Partei und die Enttäuschung darüber, dass Scholz der SPD seine Kandidatur förmlich aufzwang, zu vertuschen.

Nun, nach der Bundestagswahl, dürfte es im größten SPD-Landesverband erneut viele offene Worte geben. Die SPD kann im Bund nur gewinnen, wenn sie in ihrem früheren Stammland NRW Wähler mobilisiert. Umgekehrt heißt das: Wenn die SPD in NRW nicht zieht, hat sie im Bund erst recht keine Chance.

Schon bei der Landtagswahl 2022 war die SPD an Rhein und Ruhr gewissermaßen ein Opfer der Unpopularität von Olaf Scholz. An dieser Niederlage knabbert die NRW-SPD bis heute. Sie hat zwar ein Jahr lang akribisch die Gründe dafür aufgearbeitet und sich in der Partei mit der ersten „Doppelspitze“ aus Sarah Philipp und Achim Post sowie in der Landtagsfraktion mit Jochen Ott neu aufgestellt. Aber in Umfrage schwächelt die Landespartei weiter vor sich hin.

Was geschieht nun nach der Wahlschlappe im Bund? Die Partei hat nicht viel Zeit: Schon im Herbst muss sie in der Kommunalwahl um die Rathäuser kämpfen.