Der SPD-Chef Lars Klingbeil steht vor der Herausforderung, interne Unstimmigkeiten zu beseitigen und seine Führungsstärke zu beweisen.
SPD-MitgliederentscheidLars Klingbeil muss nun Autorität zeigen

Friedrich Merz (l), Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Bundesvorsitzender, und Lars Klingbeil, SPD-Fraktions- und Bundesvorsitzender
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Lars Klingbeil wollte nur eines sein: der Boss. Als die Deutschen bei der Bundestagswahl die Ampel-Parteien abstraften, traten viele wichtige Politiker ab, die dafür Verantwortung trugen, von Lindner bis Habeck. Klingbeil dagegen, Vorsitzender einer SPD, die ihr schwächstes Ergebnis seit Gründung der Bundesrepublik einfuhr, ließ sich befördern, zum Doppel-Chef von Fraktion und Partei. Der „neue starke Mann“ der SPD sei er nun, heißt es seitdem. Ist das so?
Dass manche Sozialdemokraten gerade allen Ernstes der Versuchung erliegen, für ein bisschen persönliche Publicity das Ansehen der künftigen Bundesregierung zu gefährden, und das der gesamten deutschen Politik gleich mit, spricht eher dagegen.
Eine Sprecherin der parlamentarischen SPD-Linken, die in Sachen Mindestlohn den eigenen Koalitionsvertrag ignoriert und live im Radio am designierten Kanzler von Schwarz-Rot herumkrittelt? Ein Juso-Chef, der sogar Widerstand gegen das geplante Regierungsbündnis leisten will? Und das alles mit Blick auf Klingbeils Verhandlungsergebnisse mit der Union, die doch allgemein als geradezu provozierend positiv für die SPD interpretiert werden?
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Mit jeder weiteren Peinlichkeit aus den eigenen Reihen nähert sich die Autorität des großen SPD-Fraktions- und Parteichefs Klingbeil derjenigen eines Ehrenvorsitzenden der Friedrich-Ebert-Stiftung. Es ist nicht nur im Sinne seiner offenbar nachhaltig desorientierten Partei, sondern es liegt auch im Interesse des ganzen Landes, dass Klingbeil seine Leute jetzt im Deutschlandtempo in den Griff kriegt.
Er muss ihnen deutlich machen, dass Friedrich Merz mit seinem „Nicht fix“-Urteil zum Mindestlohn nicht provoziert, sondern nur den Stand der Dinge zutreffend wiedergegeben hat. Dass man nach wochenlangen Verhandlungen nicht mit immer neuen Forderungen um die Ecke kommen kann, wenn man ein verlässlicher Partner sein möchte. Und dass die 16,4 Prozent für die SPD bei der Bundestagswahl nicht auf zu wenige interne Querelen zurückzuführen sind, sondern auf zu viele.
„Wir wissen alle, welche Verantwortung wir tragen“, hat Lars Klingbeil im Laufe der Koalitionsverhandlungen mehr als einmal gesagt. Wissen es wirklich alle? Das sicherzustellen, so diskret wie zügig, ist nun seine Aufgabe. Klingbeil wollte der Boss sein. Zeit, es zu werden.