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Rückenwind von rechtsAlice Weidel führt Bundes-AfD zu Rekordergebnis

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Alice Weidel, Bundesvorsitzende und Kanzlerkandidatin der AfD, reagiert bei der Wahlparty der AFD in der AfD Bundesgeschäftsstelle.

Alice Weidel, Bundesvorsitzende und Kanzlerkandidatin der AfD, reagiert bei der Wahlparty der AFD in der AfD Bundesgeschäftsstelle.

Alice Weidel wird als „ungekrönte Königin der AfD“ gefeiert, erzielt Rekordergebnisse und erhöht den Anspruch auf Regierungsbeteiligung.

Kaum war die erste Wahlprognose am Sonntagabend über den Bildschirm geflimmert, gibt Alice Weidel bereits das nächste Ziel aus: Bei der nächsten Bundestagswahl soll ihre AfD endlich auch die Union überholen und stärkste Partei in Deutschland werden. „Das ist das Ziel“, sagt Weidel unter dem Jubel ihrer Anhänger in der AfD-Zentrale am Stadtrand von Berlin. Die AfD wolle regieren, „um den Willen des Volkes, den Willen Deutschlands, umzusetzen“.

Besser hätte es kaum laufen können für Weidel in diesem Wahlkampf, auch wenn die AfD wahrscheinlich in der Opposition bleibt. Die AfD-Kanzlerkandidatin ist nun die unangefochtene Nummer eins in einer notorisch unruhigen Partei, die ihren Vorsitzenden oft das Leben schwer gemacht hat. Erstmals wird die AfD zweitstärkste Partei im Bundestag. „Wir waren noch nie stärker im Bund“, ruft Weidel am Sonntag. Ko-Parteichef Tino Chrupalla steht mit ihr auf der Bühne, er dankt Weidel für einen „sensationellen Wahlkampf“.

Weidel als ungekrönte Königin bezeichnet

Weidel sei nun „die ungekrönte Königin der AfD“, sagt der Kasseler Politikprofessor Wolfgang Schroeder, einer der besten wissenschaftlichen Kenner der Partei. „Weidel hat sich durch diesen Wahlkampf enorm nach oben bewegt – ihre Sichtbarkeit, ihr Bekanntheitsgrad ist enorm gewachsen“, sagt Schroeder. Nicht nur das Wahlergebnis ist ein Erfolg für Weidel. Bereits der Wahlkampf lief rund für sie – und brachte die AfD-Kanzlerkandidatin ihrem Ziel näher, die von Rechtsextremisten durchsetzte AfD als „normale“ Partei erscheinen zu lassen, sie für mehr Menschen wählbar zu machen – und sie irgendwann an die Macht zu führen.

„Wir haben uns als Volkspartei nun fest verankert“, ruft Weidel am Wahlabend ihren Anhängern zu. Der Wahlkampf hatte tatsächlich Bilder produziert, die den Eindruck weckten: Die AfD gehört bereits dazu. Weidel debattierte im Fernsehen auf Augenhöhe mit dem Bundeskanzler und anderen Spitzenkandidaten. Der mächtige US-Milliardär Elon Musk lud sie zu einem Interview im Onlinedienst X ein. US-Vize JD Vance empfing sie in München.

Schon der Verlauf des Wahlkampfs habe dazu beigetragen, „dass der Prozess der Normalisierung und Selbstverharmlosung der AfD vorangeschritten“ sei, sagt Politologe Schroeder. Wirklich salonfähig sei die Partei aber noch nicht geworden: Die AfD bleibe ein „Spaltungsfaktor“ in der deutschen Politik, der viel Abwehr provoziere.

Zwischen eisiger Schärfe und softem Auftreten

Die AfD-Chefin polarisiert in der Tat: Eisige Schärfe in Wortwahl und Auftreten prägen ihr Bild in der Öffentlichkeit. Innerparteilich pendelt sie zwischen einem konservativen Rechts- und einem Rechtsradikalkurs. Diesem Lavieren zwischen den Lagern hat sie ihren Aufstieg in der AfD zu verdanken. Im Wahlkampf bemühte sie sich um ein etwas weicheres Bild. Weidel passte den Ton ihrer Reden dem jeweiligen Publikum an: Sie klang scharf, wenn sie vor AfD-Leuten redet, und soft, wenn sie in Fernsehdebatten auftrat. Weidels Kernthema ist der angebliche Zerfall der inneren Sicherheit als Folge der Zuwanderung. Bei anderen Themen – etwa der Sozial- oder der Außenpolitik – blieb sie im Wahlkampf unscharf.

Als Frau in einer von Männern dominierten Partei ist Weidel eine Ausnahmeerscheinung. Besonders komplex wird das Bild der Politikerin durch ihre privaten Lebensverhältnisse als Frau, die in einer lesbischen Partnerschaft mit einer in Sri Lanka geborenen Frau zwei Söhne großzieht.

Die erstmalige Nominierung einer Kanzlerkandidatin markierte den Beginn einer neuen Phase in der AfD. Bislang gefiel sich die Partei in der Rolle der Fundamentalopposition. Mit Weidels erfolgreichem Antreten als Kanzlerkandidatin erhebt die AfD nun deutlicher als bisher den Anspruch auf politische Mitgestaltung. „Unsere Hand wird immer ausgestreckt sein für eine Regierungsbeteiligung“, sagt Weidel am Wahlabend. Noch allerdings ist die AfD im deutschen Parteiensystem weitgehend isoliert. (afp)