Köln – Nach dem Bauskandal an der Lärmschutzwand der A3 und dem tödlichen Betonplatten-Unfall bei Dellbrück hat am Donnerstagmorgen der Abbau von sechs weiteren tonnenschweren Platten begonnen. Die Zeit drängte: Denn auch die abmontierten Betonelemente wurden nach Einschätzung von Experten fehlerhaft befestigt.
Die Behörden sehen zwar keine akute Gefährdung; aber dennoch wollten die Experten die Betonplatte schnell von der Wand holen. Ein am oberen Rahmen aufgeschraubtes Stahlträgerstück sollte bis zur heutigen Demontage verhindern, dass die Platten wie bei dem tödlichen Unglück nach vorne auf die Autobahn kippen. Nun war ein Schwerlast-Kran vor Ort, um die fünf Tonnen schweren Platten zu heben. Polizisten machten Fotos der Befestigungen und tüteten Metallteile ein. Mehrere Polizisten waren seit dem frühen Morgen an der Unglücksstelle im Einsatz und schauten sich die Platten an. Auch die Todesermittler des Kriminalkommissariates 11 waren dabei.
Die Abbauarbeiten gingen schnell voran. Die Betonplatten wurden auf einen Tieflader gelegt und werden nun von Gutachter und Polizei inspiziert. Für die Autofahrer standen auf der viel befahrenen Strecke Richtung Oberhausen nur zwei Spuren zur Verfügung. Ein Verkehrschaos blieb aus; allerdings kam es zu kilometerlangen Rückstaus.
Im Landesverkehrsministerium und beim Landesbetrieb Straßen.NRW wird nun mit Hochdruck danach gesucht, wo Schallschutzelemente vergleichbarer Bauart eingesetzt worden sein könnten. „Wir haben bereits erste Ergebnisse. Aber noch ist es zu früh, damit an die Öffentlichkeit zu gehen“, sagt ein Sprecher des Ministeriums. Es sei aber denkbar, dass die Informationen schon im Laufe des Freitags vorliegen.
Suche nach Schuldigen für den Pfusch gestaltet sich schwierig
Die Suche gestaltet sich aufwendig, weil laut Ministerium die meisten Daten nicht digital vorliegen. „Wir müssen in vielen Fällen noch in Akten danach suchen, ob ähnliche oder gar die gleichen Elemente verbaut wurden“, so der Sprecher. Darum verschaffe man sich vorerst auch nur einen groben Überblick. „Ob das Schallschutzelement wirklich vergleichbar ist mit denen an der A3, kann erst vor Ort festgestellt werden. Wir werden in jedem einzelnen Verdachtsfall herausfahren und uns das anschauen müssen.“ Auch werde sich erst direkt an den in Verdacht stehenden Schallschutzwänden zeigen, ob dort ebenfalls Elemente nicht vorschriftsmäßig befestigt sind.
„Eventuell müssen wir mit technischen Hilfsmitteln wie Kameras Halterungen in schlecht einsehbaren Bereichen sichten oder Elemente sogar abbauen“, heißt es aus dem Ministerium. Darum werde es sicherlich noch einige Zeit brauchen, bis mit Gewissheit gesagt werden könne, ob an weiteren Schallschutzwänden Pfusch betrieben wurde.
Nicht weniger schwieriger scheint sich unterdessen die Suche nach den Schuldigen für den Pfusch an den Schallschutzwänden zu gestalten. Bisher wurde davon ausgegangen, dass eine der beiden Firmen für die falschen Halterungen verantwortlich ist, die 2007 mit dem Bau der Schallschutzwand an der A3 beauftragt waren. Die beiden Firmen sind mittlerweile insolvent. „Wir wissen, wer die Betonwand gegossen hat und wir wissen auch, wer das Schallschutzelement herstellte. Das sind die beiden mittlerweile insolventen Unternehmen“, so der Sprecher. „Wir wissen aber nicht, wer die Schallschutzelemente in die Betonwand montiert hat. Das kann eine der beiden Firmen gewesen sein, muss es aber nicht.“
Da die beiden bekannten Unternehmen nicht mehr existierten, könne diese Frage nicht einfach mit einem Griff zum Telefon geklärt werden. „Auch können wir nicht davon ausgehen, dass noch Unterlagen über die Montage vorliegen. Der Arbeiten liegen über zehn Jahre zurück. Mehr als zehn Jahre müssen solche Unterlagen aber nicht archiviert werden.“
Verkehrsminister Hendrik Wüst kündigte nach einer Sitzung des Verkehrsausschusses am Mittwoch an, dass bei Kontrollen von Schallschutzwänden künftig gründlicher vorgegangen werden müsse. Dann sollen auch Kameras oder Spiegel dafür zum Einsatz kommen.