Ministerpräsident Wüst hebt die Bedeutung des Qualitätsjournalismus hervor und verabschiedet Rundschau-Chefredakteurin Cordula von Wysocki. Ihr Nachfolger ist Dr. Raimund Neuß.
„Heimat im Blick“Ministerpräsident Wüst spricht beim Rundschau-Empfang zum Wechsel der Chefredaktion

Stabwechsel: Herausgeber Helmut Heinen, Raimund Neuß, Cordula von Wysocki und Geschäftsführer Johannes Heinen.
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„Wenn man diese Zeitung aufschlägt, hat man die Heimat im Blick.“ Es ist ein großes Lob für eine Regionalzeitung, das NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst der Kölnischen Rundschau macht. Und diesen „Blick auf die Heimat“ hat Cordula von Wysocki nahezu 45 Jahre lang mitgestaltet und geprägt. „Von der Pike an“, wie Wüst bei seiner Rede im Interim des Kölnischen Stadtmuseums, dem ehemaligen Modehaus Sauer, betont.
1979 begann von Wysockis gemeinsamer Weg mit der Rundschau, ganz klassisch mit freier Mitarbeit und Volontariat. Und nun biegt sie als Chefredakteurin auf die Zielgrade ihres beruflichen Werdegangs ein. Ende des Monat übergibt sie den Staffelstab an den jetzigen stellvertretenden Chefredakteur Dr. Raimund Neuß. Und weil die Rundschau laut Wüst für Qualitätsjournalismus steht, muss an dieser Stelle die Redewendung der Wahrheit weichen: nicht den Staffelstab gab von Wysocki an ihren Kollegen und Wegbegleiter Dr. Neuß weiter, sondern eine Postkarte.

Rund 130 Gäste beim Rundschau-Empfang im Kölnischen Stadtmuseum, am Rednerpult Oberbürgermeisterin Henriette Reker.
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Der NRW-Ministerpräsident schaut über die dichten Reihen im Foyer des Stadtmuseums: „In Düsseldorf findet heute wohl keine Sitzung statt“, sagt er süffisant. Und ergänzt: „Und in Berlin ist ja momentan auch nicht viel los.“ Zahlreiche Abgeordnete des Landtages und des Bundestages waren ins Stadtmuseum gekommen. Und Wüst hätte seinen „Personalbericht“ auch noch auf Stadtparlamente und Kirchengremien ausdehnen können. Rund 130 geladene Gäste aus Politik, Gesellschaft, Kultur, Kirche und Medien wohnten der „Postkartenübergabe“ bei. Und sie bedachten nicht zuletzt die Passagen in Wüsts Rede mit Applaus, in denen er die Bedeutung des Qualitätsjournalismus in Zeiten hervorhob, in denen die Informationsflut im Netz von Fake News geprägt und von Hass und Hetze begleitet werde.
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Politik und Kultur: MdB Detlef Seif (CDU), Opernintendant Hein Mulders und Kulturdezernent Stefan Charles.
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Solche gesellschaftlichen und medialen Entwicklungen vertiefte noch der Gastredner, Stephan Grünewald, Diplom-Psychologe und Gründer des Markt- und Medienforschungsinstituts „rheingold“. „Die Menschen nehmen die Welt immer mehr als bedrohlich war“, führte Grünewald aus. Die Gesellschaften stünden vor einem „riesigen Umbruch“. Dazu schwinde der Glaube an die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen. „Die Menschen ziehen sich zurück ins private Schneckenhaus“, so der Psychologe. Zwischen dem Privaten und der Welt da draußen werde ein „Verdrängungsvorhang“ gezogen. „Für eine lebendige Demokratie ist das gefährlich“, mahnt Grünewald.

Cordula von Wysocki steht neben Hendrik Wüst beim Empfang der Kölnischen Rundschau.
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Ein kurzer Ausflug in dunkle Zukunftsaussichten bei einem Empfang, der ansonsten von gelöster Stimmung geprägt war. „Ich möchte aber dem Eindruck entgegentreten, dass es sich hier um einen fröhlichen Anlass handelt“, erhob Rundschau-Herausgeber Helmut Heinen Einspruch – wenn auch nur, um der scheidenden Cordula von Wysocki die Ehre zu geben. Denn ihr baldiges Ausschieden sei „ein schwerer Verlust“. „Und ich bin noch nicht darüber weg“, sprach Heinen mit einem Augenzwinkern ein indirektes Lob aus. Ein Lob, das den Kreis schließt zu den ersten beruflichen Erfolgen von Wysockis bei der Rundschau. Es muss wohl 1980 gewesen sein, als Heinrich Heinen, Vater des Rundschau-Herausgebers Helmut Heinen, eigenhändig in die Personalakte seiner jungen Volontärin den Vermerk noRtierte: „Schreibt recht gute Artikel.“
Aus dieser „recht guten“ Autorin wurde eine Journalistin, „die das Niveau der Rundschau verkörpert“, so Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Eine Journalistin, die noch in der Stunde der Ehrung das kritische Hinterfragen nicht lassen kann: „Ich hoffe, das stimmt auch alles so“, entgegnet sie dem Lob von allen Seiten. Sie scheide nun aus einer Tätigkeit, „die eben kein Beruf wie jeder andere ist“. Der sei oft herausfordernd gewesen, „aber immer spannend und erfüllend“. „Ich bin dankbar für diese Möglichkeit und das Vertrauen, dass mir geschenkt wurde“, sagt Cordula von Wysocki in Richtung von Rundschau-Herausgeber Helmut Heinen und Rundschau-Geschäftsführer Johannes Heinen.
Das Problem mit dem Lob für die Scheidende: Es ist die Herausforderung für den Kommenden. „Da geht es jetzt ran“, mit diesen Worten legt Helmut Heinen die Messlatte für den künftigen Rundschau-Chefredakteur Raimund Neuß auf. Wer sogleich die Wirren der Weltlage und das turbulente Nachrichtengeschäft im Blick behalten muss, der braucht wohl nicht zuletzt eine Qualifikation: Gründlichkeit. Und die attestiert von Wysocki ihrem Nachfolger: „Ich würde niemals einen Bungee-Sprung wagen – und wenn ich doch müsste, dann nur, wenn Raimund Neuß die Sicherungssysteme kontrolliert hat.“ So blieb nur noch, den Staffelstab zu übergeben. Pardon: Die Postkarte. Die stand stets in Blickweite von Cordula von Wysocki und liegt nun in den Händen von Raimund Neuß. Auf ihr steht geschrieben: „Wenn alle das Gleiche denken, denkt keiner richtig.“