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Nach tödlichem Unfall in KölnLandesbetrieb: Fehlkonstruktion „mit Absicht“

Lesezeit 3 Minuten

Genauer Blick: Experten haben an einer weiteren Betonplatte auf der A 3 bei Dellbrück Schäden entdeckt.

Köln – Der tragische Unfall mit einer getöteten Kölnerin (66) durch eine abgestürzte Betonplatte auf der A 3 nimmt immer dramatischere Ausmaße an: Der Landesbetrieb Straßen.NRW geht mittlerweile von einem „mit Absicht herbeigeführten Mangel“ aus. Bei der Montage 2007 sei die Platte aus Platzgründen nicht fachgerecht angebracht worden, teilte der Landesbetrieb nach ersten Untersuchungen am Dienstagabend mit.

Die Experten gehen nicht von kriminellem Vorsatz, sondern einer bewussten Improvisation aus. Da beim Einbau offenbar etwas nicht passte, wurde es nach ersten Erkenntnissen mit Absicht und ohne Rücksicht auf bauliche Vorgaben passend gemacht. Nach weiteren Angaben war die Platte bereits bei der Montage im Jahr 2007 nicht richtig verankert worden. Die gleiche Konstruktion sei an sechs weiteren Lärmschutzplatten verbaut worden, die nun schnellstmöglich ausgebaut werden. Bundesweit soll es nun weitere Kontrollen geben.

Erhöhte Rissgefahr an weiterer Betonplatte

Daher ist auf der A3 nun Eile geboten: Denn nach dem tödlichen Unfall an der Ausfahrt Dellbrück hat der von der Kölner Staatsanwaltschaft beauftragte Gutachter am Dienstag bereits ein weiteres absturzgefährdetes Teil entdeckt. In seiner ersten mehrseitigen Expertise dokumentiert der Gutachter einen bereits verbogenen Schweißanschluss mit erhöhter Rissgefahr an einer weiteren Betonplatte. Die gefährlichen Bauteile sollten schnellstmöglich ausgebaut und als Beweismittel gesichert werden, empfahl der Gutachter. „Eine akute Gefährdung besteht nicht. Die Betonplatte ist nicht einsturzgefährdet“, sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer am Dienstag der Rundschau.

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Die Halterungen waren nicht ordnungsgemäß verbaut.

Am Donnerstag soll der Bereich an der A 3 weiträumig abgesperrt werden. Ob es eine Vollsperrung geben wird und wie lange die Reparatur dauern wird, blieb am Dienstag unklar.In seinem ersten Gutachten stellte der Ingenieur fest, dass manche Betonplatten rund um die Unglücksstelle korrekt angebracht wurden und andere - darunter die abgestürzte - nicht. Der Gutachter regte weitere Untersuchungen an. „Es soll untersucht werden, ob weitere Betonwände möglicherweise fehlerhaft sind“, ergänzte Bremer. Das genaue Ausmaß sei noch unklar. Laut Gutachter wog die abgestürzte Betonplatte etwa 6,2 Tonnen. Neben einer abgebrochenen Schraube fand der Gutachter eine deutlich zu kleine Unterlegscheibe.

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Wie aus Ermittlerkreisen zu erfahren war, steht nun fest, dass die Betonwand nicht sachgemäß gesichert war. Es wird überprüft, ob bei der Befestigung der Betonplatte nicht zugelassene Metallbügel verwendet wurden und die Befestigungshaken nicht ordnungsgemäß angebracht wurden. Die Metallbügel sollen in einem so schlechten Zustand gewesen sein, dass es die Experten kaum glauben konnten. Bei der Untersuchung wurden an der abgestürzten Wand zudem Risse in den Schweißnähten festgestellt. Die Festigkeit der Wand sei nicht ausreichend gegeben, hieß es weiter. Die Beamten der Kölner Kripo wollen an das Bautagebuch kommen, damit sie sich einen Überblick über die Arbeiten machen können.

Die Platte war Freitag auf das Auto einer 66-jährigen Kölnerin gestürzt, die noch am Unfallort starb. Die Staatsanwaltschaft hat ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung gegen Unbekannt eingeleitet. Einen Bericht des Gutachters erwartet die Staatsanwaltschaft erst in mehreren Wochen. Der beispiellose Fall wird heute Thema im Landtag. Dort soll über den gravierenden Fall in einer aktuellen Stunde debattiert werden.