Köln – Die sitzungsfreie Zeit der Stadtpolitik ist vorbei, auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker ist zurück aus dem Urlaub. Mit Reker sprachen Stefan Sommer und Matthias Hendorf.
Frau Reker, die Schule fängt wieder an. Hat die Stadt unter Corona-Gesichtspunkten genug getan?
Henriette Reker: Angesichts der Belastung sind wir ordentlich durch die Pandemie gekommen. Als größte Stadt des Landes wollten wir unseren Beitrag leisten. So sind wir beim Testen frühzeitig vorangegangen und haben flächendeckend in Schulen und in Kitas getestet. Anderes Beispiel: Das Land plant, nur noch direkte Sitznachbarn bei Infektionen in Quarantäne zu schicken, das war bei uns, wenn möglich, immer so. Das hat sich ganz gut bewährt die Schulen in Köln gehörten somit nie zu den Corona-Hotspots.
Was ist mit Luftfiltergeräten?
Die Luftfiltergeräte sind nicht die Ultima Ratio der Pandemie-Bekämpfung. Besser ist es zu lüften, auch wenn es kalt werden kann, klar. Es hat sich eine Anschauung breit gemacht, dass jedes Klassenzimmer einen Luftfilter braucht. Aber selbst das Robert-Koch-Institut und das Bundesumweltamt sehen das anders. Ein Luftfilter ist wichtig, wenn man nicht lüften kann.
Wer bekommt die Luftfilter?
Es gibt 108 Schulräume in Köln, die nicht gelüftet werden können, die sind schon ausgestattet. Nun haben wir die Schulen gefragt, wie viele Geräte sie brauchen. 300 Luftfilter werden hoffentlich kurzfristig zur Verfügung stehen. Der Rest des Bedarfs wird dann ausgeschrieben.
Das hört sich so an, dass die Schulen nur so wenige Luftfilter bekommen, weil die Behörden so lange brauchen, um welche zu bekommen.
Nein. Ich bin mal gespannt, wer am Ende überhaupt Luftfilter haben will, die Geräte sind leider groß und laut. Wir tun alles, was sinnvoll ist und nicht nur, was populär ist. Immerhin müssen wir mit Steuergeldern umgehen.
Die Inzidenz liegt bei mehr als 80. Muss die Stadt wieder reagieren?
Wir sehen einen Anstieg bei den Inzidenzen, aber nicht bei den Covid-19-Patienten auf Intensivstationen. Das Zusammenspiel dieser beiden Faktoren hat unser Handeln immer geprägt.
Es ist also wieder mehr Zeit für Mut?
Ich finde, wir beweisen schon Mut, wenn ich mir anschaue, wie viel in Köln los ist. Ob wir noch mehr Mut beweisen müssen, weiß ich nicht.
Gibt es beispielsweise wieder Platzsperrungen?
Nein, aktuell ist nichts geplant.
Sie haben den FC Köln unterstützt, der nur Geimpfte und Genesene ins Stadion lässt. Bald haben alle ein Impfangebot. Wann haften nicht mehr alle für wenige Verweigerer?
So dass die zweite Impfung ihre Wirkung bis zum 11.11. entfacht.
Die Stadt hat oft die Corona-Regeln schärfer ausgelegt als das Land NRW. Bleibt das so?
Es herrscht eine andere Situation, jeder der sich impfen lassen möchte, kann das. Daher würde ich mich grundsätzlich den Landesregeln anschließen.
Die Lockdown-Zeit ist vorbei?
Ich würde sagen: ja. Wenn jetzt nicht irgendeine schlimme Mutation auftritt.
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Wie bewerten Sie die Arbeit des Bündnisses von Grünen, CDU und Volt?
Unser Eindruck ist: Viel passiert ist da nicht knapp ein Jahr nach der Wahl. Es hat erstmal eine gewisse Zeit gedauert, bis das Bündnis sich gefunden hat. Mittlerweile arbeiten die drei Fraktionen aus meiner Sicht ganz gut zusammen und haben eine gemeinsame Linie gefunden. Es ist vollkommen klar, dass die großen Zukunftsthemen Klimaschutz und Verkehrswende sind, die Einsicht ist viel größer geworden. Das ist für das Überleben unserer Metropole wichtig.
Wie sollte denn die Vorgehensweise sein beispielsweise bei der Erhöhung der Kosten für das Anwohnerparken oder eine mögliche City-Maut? Erst anheben und dann Alternativen schaffen oder erst die Alternativen schaffen, etwa durch den Ausbau des ÖPNV?
Bei der Erhöhung der Parkkosten muss die Stadt Vorgaben machen. Da kann man jetzt nicht sagen, wir müssen erst den ÖPNV ausbauen, das dauert zu lange. Und wer mit dem Auto in die Stadt fährt und dort parken will, muss zukünftig mehr bezahlen.
Und beim Anwohnerparken?
Köln ist ja nicht alleine in der Welt, schauen Sie auf andere Städte in der Welt und auf die Preise dort: Wer in Köln in der Mitte der Stadt wohnen will, der muss sich das ganz genau überlegen. Unsere Stadt verändert sich genauso wie andere Städte und die Veränderungen betreffen uns alle und unser Verhalten. Das kann man beklagen, aber es ist Realität.
Die Besetzung des Stadtentwicklungsdezernats durch CDU-Fraktionsgeschäftsführer Niklas Kienitz ist geplatzt, er zog zurück, sprach von Drohungen. Die Bezirksregierung sprach ihm in einem öffentlich gewordenen Papier die Eignung ab, die die Stadt per Gutachten bejaht hatte. Sie haben das Verfahren geführt. War alles in Ordnung?
Ja. Es gab keinen Unterschied bei dem Verfahren zu den anderen beiden Verfahren von Herrn Wolfgramm und Herrn Egerer (Dezernenten für Klima und Verkehr, Anmerkung der Redaktion). Ich kenne nun wirklich Beigeordneten-Verfahren: Es ist das Normalste von der Welt, dass Interessenten vorher überprüfen, ob es eine Mehrheit im Rat gibt.
Aber wenn Sie aus Ihrer Sicht keinen Fehler gemacht haben, hätten Sie das Urteil der Bezirksregierung anfechten können, wenn Kienitz nicht zurückgezogen hätte.
Ich sage ganz offen: Ich wäre nur zu gerne den Rechtsweg gegangen. Nur alleine kann ich ihn nicht gehen. Das hätte der Stadtrat beschließen müssen, wenn es denn so weit gekommen wäre.
Das heißt, Sie haben sich geärgert, dass Kienitz zurückgezogen hat?
Nein, aber ich war enttäuscht.
Hat die Bezirksregierung Sie informiert über ihr bevorstehendes ablehnendes Urteil?
Nein.
Das wird aber vermutet.
Vermutet wird viel. Ich habe zu keinem Zeitpunkt eine Bewertung von Regierungspräsidentin Gisela Walsken mitgeteilt bekommen. Weder schriftlich noch telefonisch. Und auch von niemand anderem.