CDU, SPD und FDP starten einen neuen Anlauf für einen Tunnel auf der Ost-West-Achse. Anfang April soll der Kölner Stadtrat entscheiden. Die Zeit drängt.
Antrag im Kölner StadtratNeuer Anlauf für Tunnel auf der Ost-West-Achse

So könnte eine neue U-Bahn-Haltestelle am Rudolfplatz aussehen, falls die Ost-West-Achse unterirdisch ausgebaut wird.
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Die Entscheidung, ob die Ost-West-Achse mit den KVB-Linien 1, 7 und 9 oberirdisch oder als Tunnel ausgebaut werden soll, schiebt die Kölner Politik seit Jahren vor sich her. Befürworter und Gegner eines Tunnels stehen sich unversöhnlich gegenüber. Doch langsam wird die Zeit knapp. Im aktuellen ÖPNV-Bedarfsplan können Fördermittel nur noch bis 31. Juli beantragt werden. Danach müsste Köln mindestens zwei Jahre warten, um eine wieder Chance zu haben, an Fördergelder für das Großprojekt zu kommen.
CDU, SPD und FDP unternehmen jetzt einen neuen Versuch für einen Tunnel. Im Dezember hatten sie gemeinsam eine ganz große Lösung mit einem Tunnel unter dem Rhein von Deutz bis nach Melaten mit einem Abzweig unter der Dürener Straße bis zum Militärring vorgeschlagen, der Beschluss wurde vertagt. Diese Idee solle weiterhin Bestand haben, doch man wolle „eine Förderung von Land und Bund bereits in der aktuellen Förderperiode sichern“, erklärten die drei Fraktionen am Freitag. Deshalb habe man den Tunnelplan nun auf drei Säulen gestellt.
City-Tunnel ohne Abzweig
Erster Teil ist ein neuer Antrag im Verkehrsausschuss, wo CDU, SPD und FDP die Mehrheit haben. Sie wollen, dass die von der Verwaltung erarbeitete Tunnellösung „mit einigen gezielten Optimierungen“ umgesetzt wird. Sie wollen, dass die von der Verwaltung erarbeitete Tunnellösung vom Heumarkt bis zum Aachener Weiher „mit einigen gezielten Optimierungen“ umgesetzt wird.
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Diese „Optimierungen“ greifen tief in die bisher erarbeitete Vorplanung ein. Denn nach dem Wunsch der drei Fraktionen sollen nun „in Abstimmung mit dem Fördergeber der unterirdische Abzweig unter dem Mauritiusviertel entfallen und die oberirdische Führung der Linie in Richtung Sülz erhalten bleiben.
Gleichzeitig wird eine weniger aufwendige, nur zweigleisige unterirdische Haltestelle am Neumarkt geplant.“ Mit dem Verzicht auf den Abzweig und zwei Gleise am Neumarkt würde der bisher auf rund eine Milliarde Euro geschätzte Tunnel billiger. Es wären aber neue Abstimmungen mit dem Fördergeber notwendig.
Teresa De Bellis (CDU) erklärte, mit diesem Beschluss stelle man sicher, dass der Tunnelbau „zügig vorangetrieben wird. Wir schaffen die Grundlage für ein leistungsfähiges und modernes Stadtbahnnetz, das nicht nur die Kapazität erhöht, sondern Kölns Mobilität langfristig zukunftssicher macht.“
Das Zielnetz
Mit einem zweiten Antrag an den Stadtrat wollen CDU, SPD und FDP ihre Pläne für eine Weiterentwicklung der gesamten Ost-West-Achse aufs Gleis setzen und ein Zielnetz definieren. Dazu gehören die Tunnel unter dem Rhein und der Dürener Straße sowie eine städtebauliche Aufwertung von Heumarkt, Neumarkt, Rudolfplatz und Aachener Straße. Lukas Lorenz (SPD) sagte: „Im ersten Schritt erreichen wir eine schnelle, erste Kapazitätserhöhung durch den oberirdischen Ausbau für die 90-Meter-Bahnen als Provisorium und steigen parallel in die Planung des Kerntunnels ein. Gleichzeitig beschließen wir die Verlängerungen des Tunnels unter dem Rhein bis Deutz und hinter die Universitätsstraße.“
Vision Metrolinien
Ein dritter Antrag fordert die Einführung von Metrolinien für schnelle Verbindungen zwischen Köln und dem Umland. Die erste Linie M1 zwischen Thielenbruch und Bonn Bad Godesberg könne schon mit der Inbetriebnahme der Nord-Süd-Stadtbahn an den Start gehen, heißt es. „Wir müssen den täglich über 300.000 Einpendlerinnen und Einpendlern ein attraktiveres Angebot machen, das Auto stehenzulassen und auf die KVB umzusteigen. Hier sollen die Metrolinien die neuen Schlagadern werden, in denen die Züge Vorrang vor den sonstigen Straßen- und Stadtbahnlinien bekommen“, so Ralph Sterck (FDP).
Kritik von Tunnelgegnern
Die Grünen, die eine oberirdische Lösung wollen und lange mit den anderen drei Fraktionen über mögliche Kompromisse verhandelten, üben scharfe Kritik. Geschäftsführer Lino Hammer sagte der Rundschau: „Das Tunnelbündnis hat sich einbetoniert und will mit dem Kopf durch die Wand. Die Pläne sind eine riskante Wette auf die Zustimmung der Fördergeber – und das bei Milliardenkosten und jahrelangem Stillstand für den ÖPNV in Köln. So wird Köln in eine Sackgasse manövriert.“
Die bisherige Tunnelplanung
Die Verwaltung hatte im U-Bahn-Tunnel unter dem Neumarkt vier Gleise geplant, von denen zwei in westlicher Richtung zur Aachener Straße verlaufen (Linien 1 und 7) und zwei nach Südwesten Richtung Zülpicher Platz (Linie 9) abzweigen. Letztere sollen aus dem Tunnel wieder an die Oberfläche führen. Weil dann lange Tunnelrampen das Mauritiusviertel durchschneiden würden, wird dieser Abzweig jedoch von der Politik abgelehnt auch von Tunnelbefürwortern.
Bestellt hatte die Politik den Tunnelabzweig nicht, als sie 2018 den Auftrag gab, zwei separate Planungen für die Ost-West-Achse auszuarbeiten. Laut Verwaltung ergab sich der Abzweig daraus, dass in Variante 2 nun mal eine unterirdische Verkehrsführung am Neumarkt geplant werden sollte. Es gehört zu den Mysterien des Projekts, warum die Verwaltung hier jahrelang riesige Tunnelrampen plante, ohne der Politik vorher einen Hinweis zu geben, was so ein Tunnel tatsächlich für das Mauritius-Viertel bedeutet. Oder warum die Politik nicht früher nachfragte.
Knappe Frist
Falls sich CDU, SPD und FDP durchsetzen: Kann der Verzicht auf zwei Gleise und den Tunnel-Abzweig überhaupt rechtzeitig berücksichtigt werden? Verkehrsdezernent Ascan Egerer erklärte dazu auf Anfrage, bis 31. Juli sei „nicht der Förderantrag einzureichen, sondern eine mit dem Zuwendungsgeber abgestimmte Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU), mit der die Aufnahme des Projektes in den ÖPNV-Bedarfsplan beantragt wird“. Die NKU für die beiden Planungsalternativen oberirdisch oder Tunnel liege vor.
„Zur Fristwahrung können nur noch diese beiden Planungsalternativen eingereicht werden“, so Egerer. „Jedwede Änderungen an den zwei vorliegenden Alternativen, die sich aus politischen Änderungsanträgen ergeben könnten, können nur noch im Nachgang mit den Zuwendungsgebern besprochen werden.“ Er hoffe sehr, dass es im April eine Entscheidung gebe, „damit wir weitermachen können“, sagte Egerer. Ansonsten werde man „definitiv“ zwei Jahre Zeitverzug haben.
Knappe Mehrheiten
Auch bei den neuen Anträgen bleibt unklar, wie die Mehrheit zustande kommen soll. Die Tunnelbefürworter CDU, SPD, FDP und OB Henriette Reker haben nur die Hälfte der Stimmen im Rat. Die Tunnelgegner, darunter Grüne, Linke, Volt und Klimafreunde, haben weniger Stimmen. Beide Seiten befürchten, dass die AfD mit ihnen stimmt und so zum Mehrheitsbeschaffer wird.