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Vor RatsentscheidungVerkehrsausschuss stimmt für Tunnel auf Kölner Ost-West-Achse

Lesezeit 5 Minuten
So könnte der Heumarkt aussehen, wenn die Ost-West-Achse nach den Vorstellungen von CDU, SPD und FDP ausgebaut würde.

Auch wenn ein Tunnel unter dem Rhein käme, würden auf dem Heumarkt nach den Plänen von CDU, SPD und FDP noch oberirdisch Bahnen fahren.

Nach sechs Jahren Planung hat der Verkehrsausschuss des Kölner Stadtrats am Dienstag für eine Tunnellösung beim Ausbau Ost-West-Achse gestimmt. Doch eine Mehrheit im Rat ist nicht sicher.

Es konnte nicht mehr als ein Vorspiel sein. In einer Sondersitzung des Verkehrsausschusses zusammen mit der Bezirksvertretung Innenstadt wurde am Dienstag erstmals über die Ertüchtigung der Ost-West-Achse abgestimmt. Und mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP erhielt die Variante dieser drei Fraktionen mit einem Stadtbahntunnel von Deutz bis Melaten und einem Abzweig auf die Dürener Straße (siehe Infotext) eine Mehrheit. Eine finale Entscheidung ist das indes nicht. Die wird erst in der Sitzung des Stadtrats am Donnerstag gefällt werden. Und da sind die Mehrheitsverhältnisse andere, weil unter anderem „Die Partei“ nicht im Verkehrsausschuss vertreten ist.

Was aber bereits in der Sondersitzung deutlich wurde, es wird ein hartes Ringen um das wohl größte Verkehrsprojekt, das in den vergangenen 20 Jahren in Köln diskutiert wurde. Die Fronten sind verhärtet. Auf der einen Seite eben CDU, SPD und FDP, die mit einem Stadtbahntunnel die Achse zwischen Deutz und Aachener Straße entflechten wollen. Am vergangenen Freitag stellten diese drei Fraktionen ihre Variante erstmals öffentlich vor. Auf der anderen Seite Grüne, Linke, Volt und Klimafreunde/Gut, die einen Tunnel rundweg ablehnen.

Ost-West-Achse: Ungewisser Ausgang im Kölner Stadtrat

An dieser Frontziehung ändert auch die Beteiligung der Bezirksvertretung Innenstadt (BV 1) an der Sondersitzung nichts. Wie im Ausschuss, so in der BV: Das Farbenspiel bei Tunnelbefürwortern und -gegnern ist dasselbe. Die Grünen in der Bezirksvertretung sehen sich von der schwarz-rot-gelben Variante überfahren. Diese sei zu kurzfristig vorgelegt worden, um sich vertiefend damit beschäftigen zu können. Die CDU hält entgegen, dass die Grünen an dieser Variante mitdiskutiert hätten, aber erst kürzlich aus den Gesprächen ausgestiegen seien.

Da CDU, SPD und FDP im Rat zusammen mit Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker „nur“ auf 45 Stimmen kommen und damit „lediglich“ die Hälfte der Stimmen in dem Gremium auf sich vereinen, werfen die Grünen dem Tunnelbündnis vor, das Risiko einzugehen, den Tunnel mit den Stimmen der AfD zu beschließen. Doch wie die AfD zur Ost-West-Achse abstimmen wird, lässt die Fraktion am rechten Rand des Stadtrates offen. Gesprächsangebote aus der AfD dazu lehnen alle anderen Fraktionen ab. Ein Umstand, mit dem die AfD in der Sondersitzung kokettiert. Alle Varianten hätten Potenzial, sagte AfD-Fraktionsgeschäftsführer Matthias Büschges – und wandte sich an die Grünen: „Wer sagt denn, dass wir nicht mit Ihnen stimmen.“

Die Tunnelgegner kommen inklusive der Satire-Partei „Die Partei“ auf 42 Stimmen. Mit der AfD (4 Sitze) wären es 46 Stimmen und damit eine mehr als CDU, SPD, FDP und die OB (45). Max Pargmann von Volt sagte, es wäre es nicht weniger als „eine Katastrophe“, käme es zu einer Entscheidung mit AfD-Stimmen. Was die Ratssitzung am Donnerstag nochmals mit Brisanz auflädt.

Kölns OB Henriette Reker spricht sich erneut für Tunnellösung aus

Reker sprach sich auf X, vormals Twitter, am Dienstag erneut für einen Tunnel aus. Der sei „eine einmalige Chance für Köln“. Die OB betonte: „Mit einem Tunnel haben wir die einmalige Chance, die Leistung unseres Stadtbahn-Netzes so zu verbessern, dass die Mobilitätswende gelingt. Nur mit einem Tunnel wird uns die dauerhafte Aufwertung des Neumarkts glücken. Es ist aber auch eine Frage, in welcher Stadt wir leben wollen. In Europas Metropolen fährt der ÖPNV unterirdisch, während im Zentrum Platz für das Leben ist. Das ist auch mein Ziel für Köln.“

Die Grünen als stärkste Kraft im Rat fordern einen rein oberirdischen Ausbau, sie haben sich von Anfang an dafür ausgesprochen. Ihr Antrag sieht unter anderem vor, den gesamten Neumarkt autofrei zu gestalten. Die Haltestelle Neumarkt soll mit zwei versetzten Mittelbahnsteigen am Neumarkt und an der Cäcilienstraße gebaut werden.

Ratsherr Zimmermann fordert Bürgerentscheid zur Ost-West-Achse

Einzelmandatsträger Thor Zimmermann sprach sich dafür aus, die Bürger über die Ost-West-Achse entscheiden zu lassen. Wenn es im Rat für beide Varianten keine Mehrheit gebe, weder für die oberirdische, noch für die unterirdische, „dann hat der Gesetzgeber für solch einen Fall einen Ratsbürgerentscheid vorgesehen. Das würde ich hier dringend empfehlen“, sagte er. „Das würde bedeuten, dass die Entscheidung an die Bürgerschaft Kölns überwiesen wird. Und ich glaube, dass das eine gute Sache wäre.“

Zimmermann hat für die Ratssitzung am Donnerstag beantragt, einen Ratsbürgerentscheid zur Ost-West-Achse prüfen zu lassen oder alternativ eine Einwohnerbefragung wie 2011 beim strittigen Thema Ausbau des Godorfer Hafens. Für einen Ratsbürgerentscheid wäre im Rat eine Zweidrittelmehrheit (60 Stimmen) erforderlich.

Ost-West-Achse: Planungen fangen wieder bei Null an

Im Verkehrsausschuss erklärte Mobilitätsdezernent Ascan Egerer, der Antrag von CDU, SPD und FDP erfordere erhebliche Neuplanungen. In großen Teilen fange die Planung „wieder bei Null an“. Zimmermann betonte, mit ihrer neuen Idee für einen langen Tunnel hätten CDU, SPD und Grüne mal eben „sechs Jahre Planung in die Tonne gekloppt“.

Angela Bankert (Die Linke) sagte, der Antrag von Schwarz-Rot-Gelb wolle lediglich „den Anschein einer Vision“ für den Nahverkehr in Köln wecken. Sie verwies auf eine interne Streichliste der KVB, wonach viele Ausbauprojekte aus Geldmangel zurückgestellt werden sollen (wir berichteten). Ein langer Tunnel auf der Ost-West-Achse bedeute das Aus für dringend erforderliche andere Verkehrsprojekte in Köln, betonte sie.

Michael Hock von der Satire-Partei „Die Partei“ sagte, Politik dürfe nicht „ein derart gravierendes Projekt“ wie eine Ost-West-U-Bahn beschließen ohne eine vorherige gesamtstädtische Planung zum ÖPNV. Karina Syndicus (Klimafreunde/Gut) nannte den Antrag von Schwarz-Rot-Gelb ein „Verwirrspiel“ und eine „Unverschämtheit“.