Köln – Studie sieht Klinikverbund als einmalige Chance für Köln und NRW. SPD und Linke üben Kritik. Die Landesregierung hält sich bedeckt. Eine Machbarkeitsstudie bescheinigt dem geplanten Verbund aus der Uniklinik Köln und den städtischen Kliniken Merheim, Holweide und Amsterdamer Straße großes Potenzial (wir berichteten). Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Wer hat die Studie erstellt?
Auf Wunsch des Landes NRW, das einen Klinikverbund genehmigen müsste, wurde in elf Monaten ein detailliertes Betriebskonzept ausgearbeitet. Beteiligt waren die Anwaltskanzleien und Wirtschaftsberater Luther und Clairfield International auf Seiten der Stadt Köln und ihrer Kliniken sowie Seitz, Latham & Watkins und Boston Consulting auf Seiten der Uniklinik.
Was sind wesentliche neue Erkenntnisse der Studie?
Sie präsentiert erstmals konkrete Zahlen zur Wirtschaftlichkeit: Der Verbund biete ein Synergiepotenzial von 42,7 Millionen Euro pro Jahr, es ließen sich bis zu 58,7 Millionen Euro Drittmittel für Forschung generieren, daraus bis zu 350 zusätzliche Vollzeitjobs schaffen. Die Studie stützt die These, dass ein Verbund die Patientenversorgung verbessern und Köln zu einem führenden Medizinstandort machen würde. Sie betont: Als Einrichtung der öffentlichen Hand biete der Verbund medizinischen Fortschritt, der Menschen aller Einkommensschichten offen stehe. Er sei „eine einmalige Chance für Köln und NRW“.
Welche Perspektiven zeichnet die Studie?
Durch eine gemeinsame Medizinstrategie erziele man Wachstum, laste vorhandene Betten besser aus und könne bei den hochdefizitären städtischen Kliniken bis zu 112 neue Betten mit einem Erlöspotenzial von rund 40 Millionen Euro pro Jahr in Betrieb nehmen. 2024 erreiche der Verbund die „schwarze Null“, 2025 bereits ein operatives Ergebnis von 19 Millionen Euro.
Was ist mit dem Personal?
Um den steigenden Bedarf an medizinischen Fachkräften zu decken, soll in Merheim ein großes Ausbildungszentrum mit 2300 Plätzen entstehen. 100 zusätzliche Medizinstudienplätze sind geplant. Besitzstand und Altersversorgung der Beschäftigten der städtischen Kliniken bleiben gewahrt.
Wie soll der Klinikverbund organisiert werden?
Über eine Stiftung des öffentlichen Rechts. Dabei sollen die bisher als gemeinnützige GmbH (gGmbH) organisierten städtischen Kliniken in eine Anstalt des öffentlichen Rechts (AöR) überführt werden. Sie sollen auch künftig einen eigenen Vorstand, Aufsichtsrat, Trägerversammlung und Personalvertretung haben. Jedoch übernimmt die Uniklinik Köln AöR die unternehmerische Gesamtverantwortung für den Verbund, ihre Vertreter erhalten die „Letztendscheidungsbefugnis“ in den Gremien.
Ab der Übernahme trägt die Uniklinik die wirtschaftlichen Risiken allein. Die Stadt kommt für die bis dahin aufgelaufenen Sanierungskosten ihrer Kliniken auf, sie schreiben seit Jahren zweistellige Millionenverluste. Die Partner hoffen, dass die städtischen Kliniken den Status als Universitätsklinikum und somit Zugang zu mehr Fördermitteln des Landes erhalten. Der Gesundheitsstandort Holweide soll erhalten bleiben.
Wann könnte der Verbund loslegen?
Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte die Idee des Klinikverbundes Ende 2018 präsentiert. Im Dezember 2019 hoffte sie auf einen Start am 1. Januar 2021. Dann kam Corona dazwischen. In der Studie heißt es, „vorbehaltlich einer zeitnahen Kartellanmeldung“ rechne man damit, „dass mit dem Vollzug im Jahr 2021 gestartet werden kann“. Der Kölner Stadtrat kann das Projekt aber erst beschließen, wenn das Land NRW grünes Licht gibt. Hier dauern die Prüfungen an.
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Obwohl die Studie dem Land bereits im November 2020 übermittelt wurde, gibt es dazu bisher keine konkreten Äußerungen aus Düsseldorf. Auf Anfrage der Rundschau erklärte das NRW- Gesundheitsministerium lediglich: „Der Landesregierung Nordrhein-Westfalen ist es ein wichtiges Anliegen, die bestmögliche medizinische Versorgung auch im Raum Köln zu gewährleisten. Das von der Stadt Köln in Auftrag gegebene Betriebskonzept liegt der Landesregierung vor und wird derzeit geprüft. Darüber hinaus befindet sich die Landesregierung in konstruktiven Gesprächen mit der Stadt zur Kooperation.“
Wie reagiert die Politik?
OB Reker erklärte, mit dem Verbund könne Köln „zu einem nationalen Leuchtturmstandort der Medizin und Gesundheitswirtschaft weiterentwickelt werden“. Grüne, CDU und FDP stehen hinter dem Projekt, die Linke lehnt es ab, spricht von „knallharten Sparvorschlägen“.
SPD-Fraktionschef Christian Joisten fürchtet, dass die Stadt mit dem Verbund an entscheidender Stelle ihren Einfluss verliert: „Für mich ist klar: Die Stadt darf die Kontrolle über die Gesundheitsversorgung der Menschen nicht an irgendwelche undurchschaubaren Konstrukte verlieren. Die Stadt Köln muss in Sachen Kliniken auch in Zukunft selbstständig steuern können.“