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Rad gegen AutotürDooring-Unfälle werden in Köln zum immer größeren Problem

Lesezeit 4 Minuten
Dooring Unfall

Achtung Autotür: Solch brenzlige Situation haben schon viele Radfahrer in Köln erlebt.

Köln – Knochenbrüche, schwere Gehirnerschütterungen, Knieverletzungen oder schmerzhafte Verstauchungen: Es sind gravierende Verletzungen, die Radfahrer in Köln bei den so genannten „Dooring-Unfällen“ erleiden. Oftmals unvorsichtige Autofahrer öffnen nach dem Parken die Tür und achten nicht auf die Radfahrer, die von hinten angefahren kommen. Die Folgen des Aufpralls sind oft schwerwiegend. Es gibt Fälle, in denen Radfahrer sechs Monate oder länger nicht mehr arbeitsfähig sind, heißt es von der Polizei.

Weil der Frühling unaufhaltsam kommt und die Fahrradfahrer bei wärmeren Temperaturen deutlich mehr in der Stadt unterwegs sind, appellieren Polizei und Stadt erneut an die Verkehrsteilnehmer, Rücksicht zu nehmen. Und die Zahlen zeigen – dies ist dringend nötig. Allein im Jahr 2020 kam es im Stadtgebiet zu mehr als 100 Unfällen, bei denen Radfahrer gegen plötzlich geöffnete Türen geprallt sind oder bei einem Ausweichmanöver von einem Fahrzeug erfasst wurden. In diesem Jahr gab es zwischen 11. Januar und 16. April 18 Unfälle dieser Art. Diese Karambolagen sind jedoch nicht erst ein Thema, seitdem in Köln Radfahrern mehr Platz auf den Straßen eingeräumt wird. Von 2010 bis 2020 verletzten sich insgesamt 1466 Menschen bei „Dooring-Unfällen“ – zu einem tödlichen Unfall kam es in all den Jahren nicht. Negativer „Spitzenreiter“ war das Jahr 2014 mit 152 verletzten Menschen, gefolgt vom Jahr 2011 mit 150 Karambolagen.

Was man dagegen tun kann

Was tun gegen diese Unfälle? Der ADFC setzt auf Abstand. „Den 1,5-Meter-Abstand in Corona-Zeiten fordern wir im Straßenverkehr schon seit Jahren“, sagt Vorsitzender Christoph Schmidt. Das Problem sei vielschichtig. „Wir wollen von einer Straße zu viel“, betont der ADFC-Experte. Sie soll Wohlfühlort sein, eine Hauptverkehrsstraße, es soll Platz für Radfahrer geben, der Lieferverkehr soll funktionieren und auch der Autofahrer soll vorankommen. Doch dies sei nicht möglich.

Der Holländische Griff

Wer auf dem Fahrrad in der Stadt unterwegs ist, ist vielen Gefahren ausgesetzt. Ein besonderer Handgriff für Autofahrer soll das Verletzungsrisiko für Radfahrer reduzieren. Darauf weisen Stadt und Polizei hin. Sie werben für den sogenannten Holländischen Griff.

Dabei öffnen Autofahrer nach dem Abstellen des Fahrzeugs die Tür nicht mit der linken Hand, die dem Griff am nächsten ist, sondern mit der rechten Hand. Durch den auf den Griff folgenden Schulterblick rücke der tote Winkel ins Sehfeld und so könnten Zusammenstöße verhindert werden, teilt die Kölner Polizei mit.

Diese Maßnahme reicht aber nach Ansicht der Experten nicht aus: Der Blick in den Rückspiegel sei beim Aussteigen ebenfalls sehr wichtig. (ta)

„An der Infrastruktur muss etwas geändert werden“, sagt Schmidt. Beispielsweise die Venloer Straße sollte umgestaltet werden – von ihr würde zu viel verlangt. Auf stark frequentierten Straßen mit vielen Geschäften seien die Kurzzeit-Parker ein Problem. „Es geht rein und raus aus den Autos und oft wird nicht über die eigene Schulter geschaut“, sagt Schmidt weiter. Den Schulterblick hält er für unerlässlich. Die Venloer Straße ist laut Polizei die Straße mit den meisten „Tür-Unfällen“ seit dem Beginn der Registrierungen im Jahr 2010, gefolgt von der Neusser Straße, Zülpicher Straße, Luxemburger Straße und Kalker Hauptstraße.

Beim Bundesverband deutscher Fahrschulunternehmen wird darauf Wert gelegt, dass den Fahrschülern die Gefährlichkeit eines Unfalls mit einer unachtsam geöffneten Autotür bei den Fahrstunden verdeutlicht wird. „Dies ist schon seit mehreren Jahrzehnten so und wird weiter praktiziert.

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Wer am Ende einer Prüfung nicht den Schulterblick macht und mit der rechten Hand die Tür aufmacht, ist durchgefallen“, sagt der Vorsitzende des Bundesverbandes Rainer Zeltwanger der Rundschau. Zeltwanger selber ist schon bei einem derartigen Unfall verletzt worden. „Ich bin in eine geöffnete Autotür gefahren. Die erlittenen Prellungen waren sehr schmerzhaft“, so der Vorsitzende.

Auf der Agenda der Kölner Politik

Auch in der Politik ist das Thema „Dooring“ auf der Agenda. In einer Kleinen Anfrage an den Landtag möchte die SPD-Politikerin Susana dos Santos Hermann wissen, was die Landesregierung gegen die Unfälle unternehmen will. Sie fragt: „Welche präventiven Maßnahmen gedenkt die Landesregierung zu ergreifen, um die Anzahl dieser Art von Unfällen zu senken?“ Eine Antwort steht noch aus. Dos Santos regt auch eine Info-Kampagne an. Dies wird mittlerweile von der Stadt Köln umgesetzt.

An vielen Orten hängen seit Tagen Plakate mit der Aufschrift „Rücksicht mit Rückblick“. In der Kampagne weist die Stadt nochmals auf den „Holländischen Griff“ hin. Das heißt: Beim Aussteigen auf der Fahrerseite immer mit der rechten Hand nach dem Türgriff greifen. „Damit schauen Autofahrer automatisch nach hinten“, betont ein Stadtsprecher.