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Generalinstandsetzung ab 2026Wallraf-Richartz-Museum in Köln soll eineinhalb Jahre schließen

Lesezeit 6 Minuten
Blick auf das Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud
in Köln.

Neben dem Kölner Wallraf-Richartz Museum entsteht derzeit ein neuer Erweiterungsbau. Das Hauptgebäude soll aufwendig instandgesetzt werden.

Die geplante Generalinstandsetzung des Wallraf-Richartz Museums in Köln ist so aufwendig, dass das Museum dafür eineinhalb Jahre lang schließen soll.

Es ist die nächste Hiobsbotschaft in einer langen Reihe schlechter Nachrichten aus der Kölner Museumslandschaft: Der Sanierungsbedarf im 2001 eröffneten Neubau des Wallraf-Richartz-Museums (WRM) von Architekt Oswald Mathias Ungers ist so groß, dass das Museum für die Bauarbeiten rund eineinhalb Jahre schließen soll. Bereits 2021 hatte die Stadt festgestellt, dass der damals erst 20 Jahre alte Bau bereits einen kapitalen Dachschaden aufwies. Ein Jahr später wurde für rund 1,3 Millionen Euro eine umfangreiche Dachsanierung durchgeführt. Dabei wurde das marode Dach komplett zurückgebaut und neu aufgebaut, der Museumsbetrieb im Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud konnte damals weiterlaufen. Im Mai 2024 begannen neben dem Museum die Bauarbeiten für den seit 25 Jahren geplanten Erweiterungsbau.

Jetzt haben sich im Hauptgebäude so viele Probleme angehäuft, dass man um eine lange Schließung des Museums offenbar nicht umhinkommt. Die Stadt Köln hat am 23. Dezember eine Ausschreibung veröffentlicht, um einen Generalunternehmer (GU) zu finden, der alle Arbeiten aus einer Hand durchführt. Abgabefrist für Bewerbungen ist der 30. Januar.

Demnach soll das Projekt insgesamt 28 Monate dauern, die Planungen für das Objekt und die technische Gebäudeausstattung sollen 2025 erfolgen. Die Bauarbeiten sollen im März 2026 zunächst bei laufendem Museumsbetrieb beginnen. Im August 2026 soll das WRM schließen, dann werden die Kunstwerke ausgelagert.

Köln: Wallraf-Richartz-Museum soll wegen Sanierung schließen

Nach dem bisherigen groben Terminplan soll das Museum bis Ende 2027 fertig saniert sein, zur gleichen Zeit soll auch der neue Erweiterungsbau fertiggestellt werden. Anfang 2028 soll das Hauptgebäude an den Nutzer übergeben werden. Dann kehren die Gemälde und Skulpturen zurück. Die Wiedereröffnung ist für Frühjahr 2028 geplant. In ihrer Ausschreibung schreibt die Stadt, die Baumaßnahmen im Bestandsgebäude müssten „schnellstmöglich umgesetzt werden, da der vorgesehene Zeitraum in unmittelbarem Zusammenhang mit der Fertigstellung, Inbetriebnahme und Eröffnung des Erweiterungsbaus steht und daher nicht verlängert werden kann“.

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker wurde offenbar von den Schließungsplänen ihrer eigenen Verwaltung überrascht. Reker erklärte auf Anfrage: „Darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.“ Die OB will nun zeitnah im Januar alle Beteiligten zu einem Gespräch bitten, um auszuloten, „ob das nicht anders lösbar ist“. Auch Kulturpolitiker aus dem Stadtrat zeigten sich überrascht über die Pläne (siehe Infotext unten).

Baudezernent Markus Greitemann sagte der Rundschau, er habe das Thema gegenüber der Politik mehrfach angekündigt. „Die Verwaltung hat zunächst ein Interessenbekundungsverfahren gestartet, um geeignete Generalunternehmer zu suchen. Im Januar werden wir das Projekt transparent und ausführlich mit der Politik besprechen und diskutieren und dazu eine Beschlussvorlage in die Gremien einbringen.“

Die Generalinstandsetzung umfasst laut Ausschreibung 40 Positionen. Als Erstes soll die Sicherheit im Museum verbessert werden. Fenster und Türen werden verstärkt oder ausgetauscht und Fassadenelemente erneuert oder ertüchtigt, um höheren Sicherheitsanforderungen zu genügen. Außerdem werden die Schließanlage, die Brandmeldeanlage, die Einbruchmelde- und Videoanlage sowie die Zutrittskontrolle und Fluchttürsteuerung erneuert. Im September 2023 waren Einbrecher in das Museum für Ostasiatische Kunst am Aachener Weiher eingedrungen und hatten dort chinesisches Porzellan im Wert von 1,3 Millionen Euro gestohlen. Danach wurden dort die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt.

WRM in Köln: Haustechnik wird größtenteils erneuert

Zu den im WRM geplanten Maßnahmen gehört die Erneuerung von Rohrleitungen für Abwasser, Trinkwasser, Heizung und Kältetechnik im Bereich der Anbindung des Erweiterungsbaus. Die Heizungspumpen, Kältepumpen und Ventile werden ausgetauscht, ebenso die Kältemaschinen, das gesamte Trinkwassernetz und die Sanitärkeramik. Die Abwasserleitungen und Lüftungsanlagen werden saniert, ebenso die Fernwärmeübergabestation. Alle elektrischen Unterverteilungen werden modernisiert.

Auch die Aufzüge im WRM sollen erneuert werden, zudem sind Maßnahmen zur Barrierefreiheit geplant. Die alte Umkleide im Erdgeschoss wird zu einem Empfang umgebaut, die Beleuchtung im Museum wird auf LED-Technik umgerüstet. Die komplette Außenfassade muss instandgesetzt und gereinigt werden. Weil es wegen des früher undichten Dachs kleinere Feuchteschäden im Gebäude gibt, sind auch Restaurierungsarbeiten erforderlich.

Das Wallraf-Richartz-Museum zeigt Kunst vom Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert. Gemessen an der Besucherzahl ist es das zweitbeliebteste Museum in Köln nach dem Museum Ludwig. 2023 besuchten 121.475 Menschen das WRM, im Vor-Corona-Jahr 2019 waren es 194.460 Besucher. Mit der geplanten Schließung für eineinhalb Jahre verliert Köln ein weiteres Top-Museum. Das Römisch-Germanische Museum (RGM) am Dom, früher regelmäßig das am zweitstärksten frequentierte Museum in Köln, ist seit Ende 2018 geschlossen, weil es generalsaniert werden muss, und öffnet nicht vor 2030. In die kleine Interimsausstellung des RGM an der Cäcilienstraße kommen nur rund ein Viertel so viele Besucher wie früher ins Haupthaus.

Großer Sanierungsbedarf auch im Museum Ludwig und der Philharmonie

Auch im 1986 eröffneten gemeinsamen Gebäudekomplex von Museum Ludwig und Philharmonie besteht ein so erheblicher Sanierungsbedarf, dass möglicherweise eine Schließung des Museums und eine Auslagerung des Konzertbetriebs in ein anderes Gebäude erforderlich wird. Die Stadt hat das Projekt aber vorerst in die 2030er-Jahre verschoben. Kleinere Arbeiten wie die Umstellung der Beleuchtung auf LED-Technik wurden im Museum Ludwig bereits durchgeführt. Zurzeit hat die Stadt Köln Arbeiten zur Erweiterung der Klimaanlage im Museum ausgeschrieben.


Reaktionen auf die Schließungspläne

Die geplante Schließung des WRM erhitzt im Rathaus die Gemüter. „Ich halte es für eine katastrophale Idee, das gefühlt vorletzte Museum in Köln auch noch schließen zu wollen. Wie will man den Kulturbetrieb am Leben halten, wenn man ein Flaggschiff nach dem anderen still legt?“, betont CDU-Kulturpolitiker Ralph Elster. RGM und Praetorium seien geschlossen, das Stadtmuseum sei auf Miniaturformat geschrumpft, das Museum für Angewandte Kunst hinter Containern verschwunden. „Ein Großteil der Kölner Museumslandschaft ist lahmgelegt.“

Wie ihr CDU-Kollege zeigte sich auch Grünen-Kulturpolitikerin Brigitta von Bülow überrascht über die Schließungspläne. „Darüber wurde im letzten Betriebsausschuss WRM nicht gesprochen. Die Verwaltung sollte erst die zuständigen Gremien informieren, bevor sie an die Öffentlichkeit geht.“ Es stelle sich die Frage, „warum ein erst 23 Jahre altes Museum bereits in so einem schlechten Zustand ist“.

Maria Helmis-Arend (SPD) spricht von einem „erneuten Kommunikationsdesaster“ der Verwaltung. „Kulturdezernent Stefan Charles sagt, dass er zwei Millionen Besucher in die Kölner Museen locken will, hat aber keinerlei Konzept, wie er den Kulturstandort Köln attraktiver gestalten und ganzheitlich entwickeln will. Im Gegenteil: Eine ganze Generation junger Kölnerinnen und Kölner wächst in einer Stadt mit geschlossenen Museen auf.“

Peter Jungen (Vorsitzender des Stifterrats des Wallraf-Richartz-Museum & Fondation Corboud) treibt die Sorge um, dass der geplante Anbau an das WRM schneller fertig sein könnte, als das Haupthaus saniert ist. Der Anbau wäre damit nicht nutzbar, weil der Zugang über das Hauptgebäude geplant ist. Darum möchte er die Sanierungspläne, wie sie nun öffentlich wurden, so nicht einfach hinnehmen: „Darüber wird noch zu sprechen sein.“ Ratlos lässt ihn zurück, wie man das WRM habe „so verkommen lassen“ können. Mit dieser Frage habe er die Verantwortlichen in der Stadtverwaltung konfrontiert. „Aber ich habe keine Antwort erhalten.“ Jungen ist sich sicher, vieles, was nun auf der Sanierungsliste steht, hätte schon längst repariert werden müssen, sei aber mit Verweis auf die Generalsanierung einfach weiter aufgeschoben worden. (fu, ngo)