Es ist nicht nur Party angesagt beim Christopher Street Day (CSD). Auch wenn die bunte Besucherschar vor der Hauptbühne auf dem Heumarkt bei der Eröffnung des CSD-Wochenendes beste Laune hat. Schon die Besetzung auf der Bühne macht klar: Das hier ist auch eine wichtige politische Veranstaltung. Erst recht in diesem Jahr.
Aus Kiew angereist ist Lenny Emson aus der Geschäftsführung von von „Kiew Pride“. „Wir marschieren nicht zum CSD dieses Jahr, wir kämpfen ums Überleben“, sagt Emson mit zittriger Stimme − und bittet um Solidarität. Es gibt eine Regenbogenfahne, die um die Farben der Ukraine ergänzt ist.
LGBTIQA+*
Wie sage ich es richtig, wenn ich möglichst alle Menschen, die nicht der sexuellen Norm der Masse entsprechen, ansprechen will? Wer Berichte liest, trifft auf eine ganze Reihe unterschiedlicher Buchstabenkombinationen: LGBIT, LGBTIQ, LGBTIQA, LSBTI. Hinzu kommt zuweilen ein + oder ein *.
Gemeint sind damit: lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle oder transgender, intersexuelle, queere und zuweilen (für das A) auch asexuelle Menschen.
Meist wird die englische Aussprache genutzt, dann steht das „G“ für das englische Wort gay. Die deutsche Form LSBTI wählte Oberbürgermeisterin Henriette Reker beim Empfang zum CSD.
Eine Norm, welche Bezeichnung „richtig“ ist, gibt es offenbar nicht. „Lieber einen Buchstaben zu viel verwenden, als einen zu wenig“, meint Hugo Winkels vom Vorstand des Kölner Lesben- und Schwulentags, „dann ist alles drin und niemand fühlt sich übergangen.“ (dha)
Auch die frischgekürte NRW-Ministerin für Familie und Gleichstellung, Josefine Paul, sprach auf dem Heumarkt bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt. „Wir sind solidarisch“, versicherte sie in Richtung von Emson. „Wir haben die Verpflichtung, uns an die Seite unserer queeren Freunde aus der Ukraine zu stellen“, betonte schon beim Empfang der Oberbürgermeisterin am Nachmittag Sven Lehmann (Grüne). Der Beauftragte der Bundesregierung für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt war einer von zahlreichen Gästen in der Piazza des historischen Rathauses. Auch der Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln, Abraham Lehrer, war beim Empfang anwesend.
„Weit gekommen, aber noch nicht weit genug“
„Nach offiziellen Zahlen werden in Deutschland täglich bis zu drei queere Menschen angegriffen“, konstatierte Sven Lehmann. Er fordert deshalb „eine Offensive gegen Hass und Diskriminierung“.
Viel Applaus gab es für das am Donnerstag im Bundestag vorgestellte neue Selbstbestimmungsgesetz. Es sieht vor, dass künftig jeder Mensch sein Geschlecht und seinen Vornamen ohne Gutachten beim Standesamt selbst ändern und festlegen kann. Mit Blick auf Diskriminierung und Ausgrenzung sagte der Grünen-Politiker: „Wir sind weit gekommen, aber noch nicht weit genug.“
Oberbürgermeisterin Henriette Reker betonte in ihrer Rede, dass in einer Stadt wie Köln, in der sich mehr als zehn Prozent der Bürgerinnen und Bürger als queer bezeichnen, das Bekenntnis zur Vielfalt „immer wieder neu erarbeitet und sorgsam erhalten“ werden müsse. „Köln sendet an diesem Wochenende die Botschaft: Wir setzen auf Akzeptanz und Wertschätzung“, erklärte die OB.
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