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Besuch im Niehler WerkSo rüstet sich Ford in Köln für das neue E-Modell

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Baustelle Ford PIC

In den Werksferien hängen keine Autokarosserien in der Produktionsstraße.

Köln – Es hat Ironie, dass ausgerechnet ein Autobauer in den vergangenen Wochen für Straßensperrungen sorgte. Bei den Werken der Firma Ford in Niehl herrscht derzeit trotz Werksferien Hochbetrieb. Für den Umbau einer ganzen Produktionsstraße rückten die großen Kran-Lkw an, für die die ein oder andere Verkehrsader dichtgemacht wurde. Der amerikanische Autobauer rüstet sich für das neue E-Auto, das ab 2023 in Köln gebaut werden soll.

Viel wird über das E-Modell noch nicht verraten

Über das neue E-Modell hüllt sich Ford bisher in Schweigen. Fest steht lediglich, dass es größer und auch deutlich schwerer wird als der Fiesta, der noch bis 2024 in Köln produziert wird. Es sind aber nicht die Äußerlichkeiten, die den Umbau der Produktionsstraße nötig machen, sondern vor allem die Details. Beispielsweise reichten für die Verankerung des Antriebsstrangs – also unter anderem Achsen, Motor und Abgasanlage – bisher sechs Schrauben, bis dieser mit dem Rest des Autos „verheiratet“ wurde. Beim E-Modell werden es laut Andreea Summa, Programm-Koordinatorin im Gruppenstab Endmontage, bald 53 Schrauben sein. Bei der „Hochzeit“ werden Antriebsstrang und Karosserie miteinander verbunden. Die Mehrzahl an Schrauben liege vor allem am größeren Gewicht und an der anderen Technik mit Batterie und unzähligen Kabeln.

Fertigung Ford

Das Werk in Niehl erhält derzeit moderne Anlagen wie Roboterarme zum Reinigen.

Dies ist jedoch nur ein Beispiel von vielen dafür, wie unterschiedlich die Produktion des neuen, vollelektrischen Cross-Overs ablaufen wird. Die Produktionsstraße muss sozusagen neu gedacht werden. „Eine der größten Herausforderungen bei der Transformation zum Electrification Center ist, dass wir zunächst das neue E-Modell und den Ford Fiesta parallel produzieren werden“, verrät Planungs-Chef Darko Drazic. Dabei fließen auch jetzt schon Neuerungen mit ein, die auch die Herstellung des Fiestas leichter machen.

Neues Mitfahrband

100 Meter lang und neun Meter breit ist die Grube, die derzeit mitten in der Produktionshalle gegraben wird (Foto). Dort entsteht ein Mitfahrband für den neuen Produktionszug im Kölner Werk, auf dem Werker mitfahren, während sie die Teile des Antriebsstrangs verbinden. Die Produktion des neuen E-Autos benötigt mehr Handgriffe als die des Fiesta. So seien statt zehn Mitarbeitern nun 21 für das Verbinden des Antriebsstrangs nötig. Auf die Personalmenge am Standort wird sich das laut Sprecherin Ute Mundolf nicht auswirken. So beginne nach den Werksferien die große Qualifikationsphase, in der die Mitarbeiter für die neuen Maschinen geschult werden. (rom)

Die Lackiererei macht dabei den größten Unterschied. Dort gibt es aktuell 45 Baustellen, an denen umfassende Arbeiten stattfinden. Teilweise war die Technik dort noch von 1986. Bisher reinigte eine Art Waschstraße mit Straußenfedern – die ihr den Namen „Emu“ verliehen – die Karosserie vor der ersten Farbschicht. In Zukunft sollen das vier Roboterarme der Firma Dürr aus Bietigheim übernehmen, deren Bürstenköpfe millimetergenau jegliche Partikel von der Karosserie putzen. Sie stehen an einem Förderband, über das Fiesta und E-Modell beide laufen.

Nach dem Putzen folgt die erste Farbschicht, der sogenannte „Primer“ – je nach späterem Farbkonzept ist das hell-, mittel- oder dunkelgrau. Diese Schicht bringen in Zukunft zehn bewegliche Roboterarme auf, ebenfalls von der Firma Dürr. Die Lackierarme lösen das alte, statische System mit Sprühköpfen ab. Damit ist die Lack-Abteilung wieder auf dem neuesten Stand der Technik. „Sie lackieren genauer als die stationäre Anlage“, erklärt Ingenieurin Britta Dürscheid: „Es gibt also weniger Lacknebel, sprich wir reduzieren den Materialaufwand.“

Baustelle Ford

Diese Roboterarme können auch lackieren.

Die neuen Roboterarme machen aber auch Einsparungen möglich: Durch die technischen Neuerungen werden drei Öfen überflüssig und in Folge dessen abgebaut. Das spart laut Ford insgesamt 2000 Tonnen CO2 und 900 Megawattstunden jährlich. Die neue Abluftanlage der Lackiererei spart zusätzliche 1700 Megawattstunden im Jahr.

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Auf dem Gelände entstehen im gleichen Zug auch zwei neue Produktionshallen: In einer werden die Rohkarossen vorbehandelt und in der anderen die Karosserieunterböden gefertigt. Die kommen nicht von Zulieferer Volkswagen, von dem Ford einen Teil des E-Antriebs bezieht. Die knapp zwei Milliarden Euro Investition sind laut Ford die größte Investition in der 91-jährigen Geschichte der Werke am Rhein. Das erste vollelektrische Modell soll im nächsten Jahr in Köln vom Band laufen. Anschließend wird auch die andere Produktionsstraße umgerüstet, auf der bisher noch der Fiesta entsteht.