Köln – Nach dem Unglück auf der A3 bei Köln-Dellbrück, bei dem eine 66-jährige Autofahrerin im vergangenen November von einem herabstürzenden Schallschutzelement erschlagen wurde, sollen nun alle 200 Elemente auf diesem Abschnitt zusätzlich gesichert werden. Die seit Jahreswechsel zuständige Bundesgesellschaft „Die Autobahn“ hat in Zusammenarbeit mit einem Ingenieurbüro eine Halterung entwickelt, bei der die Platten durch jeweils zwei Stahlprofile am Herabstürzen gehindert werden sollen. „Nach dem Prinzip von Hosenträgern“, erklärt Sprecherin Sabrina Kieback. Das System liegt zurzeit einem Prüfingenieur zur Abnahme vor.
An sieben schallabsorbierenden Platten entdeckten Prüfer nach dem Unglück improvisierte Halterungen. Eine der rund sechs Tonnen schweren Platten hatte sich am 13. November vergangenen Jahres gelöst und einen Kleinwagen unter sich begraben. Die Fahrerin war auf der Stelle tot. Die sieben fehlerhaft montierten Elemente wurden danach entfernt.
Maße der Wände und des Schallschutzes stimmten nicht
„Wir haben aber an einer ganzen Reihe von weiteren Platten feststellen müssen, dass auch dort nicht sauber gearbeitet wurde“, sagt Sabrina Kieback von „Die Autobahn“. Das Problem im Baujahr 2007: Auf breiter Front stimmten die Maße der Betonwände und der in sie einzusetzenden Schallschutzelemente nicht. Das vorgefertigte Halterungssystem konnte deshalb oftmals nicht mehr genutzt werden. Für sieben Platten schweißten sich die Monteure damals eigene Halterungen zusammen.
In anderen Fällen wurde das vorgeschriebene System abgeändert. Der Pfusch fand offensichtlich auf so breiter Front statt, dass „Die Autobahn“ nun nicht mehr von Wandelement zu Wandelement entscheiden möchte, ob eine zusätzliche Sicherung notwendig ist, sondern gleich alle 200 Elemente in beiden Fahrtrichtungen auf der A3 bei Dellbrück absichern wird.
Große Belastung für Wände
„Unabhängig von den Halterungen wissen wir, dass die in den Betonwänden eingesetzten Schall absorbierenden Elemente einer enormen Belastung ausgesetzt sind“, so Kieback. „Die A3 in diesem Abschnitt gehört zu einer der am stärksten befahrenen Autobahnteilstücke Deutschlands. An gewöhnlichen Werktagen fahren dort mehr als 30 000 Lkw pro Tag.“
Die Vibration, aber auch der Sog, die durch die mit bis zu 80 Stundenkilometer vorbeirauschenden 40-Tonner entstünden, zerrten mit großer Kraft an den Halterungen. „Darum sollen künftig jeweils zwei Stahlprofile je Element, angebracht wie Hosenträger, die Platten daran hindern, nach vorne kippen zu können, sagt die Sprecherin von „Die Autobahn.“ „Wir gehen da jetzt auf Nummer sicher.“
Weitere Fälle
25 Abschnitte an Landstraßen und Autobahnen hatte Straßen.
NRW nach dem Unglück auf der A3 ausgemacht, an denen vergleichbare Elemente verbaut wurden.
Die Untersuchung dieser Abschnitte ist nun abgeschlossen“, sagt ein Sprecher der Behörde. An der A59 bei Duisburg wurden Sicherungen angebracht. „Ansonsten sind wir auf keine gravierenden Mängel gestoßen.“
Der Aufwand ist enorm. Bei 200 Schallschutzelementen müssen demnach 400 Profile gefertigt werden. „Dabei ist jede einzelne zusätzliche Halterung praktisch eine Maßanfertigung. Wir haben nahezu bei jedem Element etwas andere Maße und andere Kippwinkel“, erklärt Kieback.
Die Arbeiten zur Absicherungen werden deshalb wohl mindestens bis Juni andauern – und damit auch die Absperrung von Spuren auf dem viel befahrenen Autobahnabschnitt. Dennoch ist „Die Autobahn“ sicher, mit dieser Lösung den Zeitraum für die Spur-Sperrungen am geringsten halten zu können. Für das selbst entwickelte „Hosenträgersystem“ muss nur noch der Montageauftrag vergeben werden. Die Alternative wäre eine europaweite Ausschreibung für die Entwicklung und die Montage eines Sicherungssystems gewesen.
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Weitere Konsequenzen aus dem grausamen Unglück am 13. November 2020 werden aber noch auf sich warten lassen. Wie die Kölner Staatsanwaltschaft vergangene Woche bekannt gab, dauern die Ermittlungen in dem Fall noch „geraume Zeit“ an. NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst hatte angekündigt, dass aufgrund des Unfalls die Abnahme- und Prüfpraxis beim damals zuständigen Landesbetrieb Straßen.NRW von einem unabhängigen Sachverständigen untersucht wird. Doch dafür wird gerade erst die Ausschreibung vorbereitet.