- Einen „Köln-Plan“ hat Henriette Reker (parteilos) beim Auftakt ihres Wahlkampfes Ende Mai vorgestellt.
- Neben dem Schulbau und dem Thema Wohnen legte sie besonderen Wert auf Kultur und den Klimaschutz.
- Stefan Sommer und Michael Fuchs sprachen mit ihr in ihrem Wahlkampfbüro.
Köln – Für ihre Wiederwahlkampagne hat sich Oberbürgermeisterin Henriette Reker (63, parteilos) in einem ehemaligen Klaviergeschäft in der City ein Wahlkampfbüro eingerichtet. Dort sprachen Stefan Sommer und Michael Fuchs mit ihr.
Viele Veranstaltungen, die Sie hier geplant haben, fallen Corona-bedingt aus. Auch Sie haben Ihren Wahlkampf digitalisiert. Wie kommen Sie damit klar?
Lieber würde ich den Menschen direkt begegnen. Aber mir machen auch die digitalen Formate Spaß. Es ist eine gute Möglichkeit, sich mit Bürgern auszutauschen und Kontakt zu halten. Da werden im Übrigen die gleichen Fragen gestellt wie im persönlichen Gespräch.
Wie schaffen Sie die Gratwanderung zwischen Amtsausübung und Wahlkampf?
Ich habe in beiden Rollen dieselbe Haltung. Als Kandidatin vertrete ich keine anderen Positionen als im Amt. Ebenso selbstverständlich ist für mich, dass die Ressourcen von Stadt und Wahlkampf klar getrennt werden.
Wer finanziert Ihren Wahlkampf?
Das sind im Wesentlichen die mich unterstützenden Parteien CDU und Grüne.
Wie sehr fehlt Ihnen die Unterstützung der FDP?
Finanziell gleichen das die anderen Partner aus, aber mir fehlt die leidenschaftliche inhaltliche Unterstützung der Liberalen.
Schießt die FDP jetzt gegen Sie?
Den Eindruck habe ich nicht. Ich denke auch, es liegt an anderen Dingen als meiner Person, dass die FDP meine Kandidatur diesmal nicht unterstützt.
Wie bekommen Sie es zeitlich hin, neben Ihren Amtsgeschäften Wahlkampf zu machen?
Das ist eine große Herausforderung. Am Freitag habe ich von Stadtdirektor Stephan Keller, der für die CDU bei der OB-Wahl in Düsseldorf kandidiert, die Leitung des Corona-Krisenstabs übernommen.
Das ist eine zusätzliche zeitliche Belastung. Mein Terminkalender ist eng getaktet. Abstimmungen mit meinem Wahlkampfteam mache ich frühmorgens oder spätabends. Ab 12. August habe ich jeden Abend Termine, dann wird es auch wieder Veranstaltungen mit kleinem Publikum geben.
Als Amtsinhaberin sind Sie in der Öffentlichkeit häufig präsent. Sehen Sie das als Vorteil?
Viele sagen, dass die anderen Bewerber zurzeit gar keine Möglichkeit hätten, in die Öffentlichkeit zu kommen. Doch, hätten sie. Aber das ist deren Angelegenheit. Bei mir ist es so: Mache ich eine Sache falsch, dann sitze ich unter der Lupe.
Kritiker sagen, Sie nutzen Ihr Amt aus, um Wahlkampf zu betreiben. Zum Beispiel haben Sie kürzlich allen angehenden Grundschülern eine Brotdose geschenkt – mit einem Begleitbrief der OB.
Unserem Jugendamt war wichtig, dass wir den Vorschulkindern, die in diesem Jahr auf ihre Abschlussfeiern verzichten müssen, dennoch eine Erinnerung mitgeben. Das habe ich sehr gerne unterstützt. „Die Oberbürgermeisterin“ steht im Übrigen auch auf jedem Knöllchen – das könnte man ja auch als Nachteil im Wahlkampf sehen (lacht).
Außer Ihnen gibt es elf weitere Bewerber für das OB-Amt. Ist diese Vielzahl ein Vorteil ?
In München waren es sogar 14 Kandidaten. Das ist für viele eine Chance, sich bekannt zu machen und ihre eigenen Ziele zu erreichen. Die Auswirkungen kann ich nicht einschätzen. Wenn sich die Stimmen auf viele Bewerber verteilen, fehlen sie natürlich bei denjenigen, die die Wahl im ersten Anlauf gewinnen wollen. Dadurch wird eine Stichwahl wahrscheinlicher.
Die CDU und FDP im Landtag abschaffen wollten...
Ich habe seinerzeit im Rat mit SPD und Grünen für die Stichwahl gestimmt.
Glauben Sie an einen erneuten Sieg im ersten Wahlgang wie schon 2015?
Ich strebe das an. Aber ich nehme es, wie es kommt.
Die Wahlbeteiligung bei der letzten OB-Wahl 2015 lag nur bei 40,3 Prozent.
Das war erschreckend niedrig. Ich hoffe, dass es jetzt mehr werden, weil wir parallel eine Kommunalwahl haben. Wir müssen möglichst viele Menschen motivieren, zur Wahl zu gehen. Wählen ist ein historisch hart erkämpftes Recht und keine Selbstverständlichkeit.
Erwarten Sie, dass Sie sich nach der Wahl weiterhin auf ein Bündnis aus CDU und Grünen stützen können?
Das wird man sehen. Ich denke, dass die Differenzen zwischen den beiden Parteien nicht so groß sind, wie sie manchmal erscheinen. Wenn man schaut, was wir alles auf den Weg gebracht haben, kann man nicht sagen, dass die Zusammenarbeit erfolglos gewesen wäre – im Gegenteil!
2019 haben Sie sich plötzlich gegen den FC-Ausbau im Grüngürtel ausgesprochen – kurz bevor Sie auf einem Grünen-Parteitag um Unterstützung geworben haben. War Ihr Sinneswandel taktisch motiviert?
Nein. Um diese Einsicht zu gewinnen, hatte ich einige Jahre Zeit. Es gab die „Fridays for future“-Bewegung, wir haben den Klimanotstand ausgerufen – das gilt es zu berücksichtigen. Um vernünftig zu sein, brauche ich die Grünen nicht. Das fällt mir selber ein. Ich halte es für klüger, eine Alternative zum Grüngürtel zu suchen. Auch für den FC, der ja dringend eine Lösung sucht.
Im vergangenen Jahr wurden in Köln nur 2175 Wohnungen gebaut. Das ist doch sicher ein Makel in Ihrer Bilanz?
Dass ich mich über die geringe Zahl nicht gefreut habe, ist klar. Aber wir haben das Ziel, 1000 Sozialwohnungen zu bewilligen, übertroffen. Außerdem sind mehr als 7000 Wohnungen von meiner Verwaltung genehmigt, aber von den Bauherren noch nicht gebaut.
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Wir geben jetzt rund 300 Millionen Euro pro Jahr für neue Schulen aus. Dass ich hier das Tempo vorgelegt habe, ist etwas, worauf ich stolz bin.
Was möchten Sie noch in einer zweiten Amtszeit umsetzen?
Mir ist es wichtig, Dinge zu Ende zu bringen. Dazu gehören insbesondere die Schaffung des Klinikverbundes und die Themen Verkehrswende und Stärkung der regionalen Wirtschaft.