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Zu Ehren des BüttenrednersKöln vergibt künftig einen Karl-Küpper-Preis

Lesezeit 5 Minuten
Karl Küpper

Das undatierte Foto zeigt Karl Küpper, der in den 1930er Jahren deutschlandweit bekannter Karnevalist war, der sich im Dritten Reich nicht angepasst hat.

  1. Vor 50 Jahren ist der Büttenredner Karl Küpper gestorben.
  2. Bundesweit bekannt wurde er wegen seiner offenen Ablehnung der Nazis, die schließlich zu einem Redeverbot führte.
  3. Nun will die Stadt jährlich einen Karl-Küpper-Preis vergeben. Auch eine Plakette wird enthüllt.

Köln – Die Stadt vergibt künftig einen Karl-Küpper-Preis – Nazikritischer Büttenredner starb heute vor 50 JahrenWertschätzung mit VerspätungAufsässig in jeder Hinsicht: Karl Küpper veralbert in der Bütt den Hitler-Gruß. Foto: Archiv (Archiv)Von Thorsten Moeck

Wenn die Gestapo ihn wieder mal zusammengeschlagen hatte, trat Karl Küpper zuweilen mit rotem Turban in die Bütt und stellte lapidar fest: „Mir is ene Ziegelstein op d’r Kopp jefalle“. Als einziger Kölner Karnevalist hatte sich Küpper während des Zweiten Weltkriegs bei den Nazis ein Redeverbot eingehandelt. Zur Begrüßung der Zuhörer in den Sälen hob er den rechten Arm, doch statt begeistert „Heil Hitler“ zu rufen, fragte er süffisant: „Nä, nä, su huh litt bei uns dä Dreck em Keller.“ Oder er verkündete lapidar: „Ess et am räne?“

Heute vor 50 Jahren ist Karl Küpper gestorben, „völlig verbittert“, wie der Autor Fritz Bilz feststellt, der einst eine Biografie über den populären Redner verfasst hat. Denn für seinen Mut, den Nazis Paroli zu bieten, ist er nie belohnt worden. „Er hatte immer gehofft, positive Reaktionen für seinen Widerstand gegen die Nazis zu erhalten“, erzählt sein Sohn Gerhard Küpper (73). Doch auch nach Kriegsende war er vielen Entscheidungsträgern noch zu unbequem.

Plakette wird enthüllt

Ein halbes Jahrhundert später wird sich dies nun ändern. Am Dienstag werden Oberbürgermeisterin Henriette Reker, Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn und Bernhard Conin, Vorsitzender der Freunde und Förderer des Kölnischen Brauchtums, im Gürzenich eine Gedenkplakette für Küpper enthüllen. Und sie werden verkünden, dass nun jährlich der mit 10 000 Euro dotierte „Karl-Küpper-Preis“ an Persönlichkeiten vergeben werden soll, die sich in besonderem Maß für Zivilcourage und Toleranz einsetzen. Ziel sei es, mit der Preisvergabe bundesweite Aufmerksamkeit zu erzielen, so heißt es bei den Ideengebern.

Bislang hatten Stadtspitze und Karnevalisten den 1905 in Düsseldorf geborenen Redner eher stiefmütterlich behandelt. Nachdem Fritz Bilz im Jahr 2010 ein Buch über Karl Küpper veröffentlicht hatte, benannte die Bezirksvertretung Innenstadt einen kleinen Platz nach dem Redner. Das Karnevalsmuseum hatte Ende 2012 einige Exponate aus dem Nachlass Küppers in seine Dauerausstellung aufgenommen. Erst unter Festkomitee-Präsident Markus Ritterbach war die Erinnerung an den unbequemen Bühnenstar aufgefrischt worden. „Jahrelang war er vergessen und es wurde über ihn geschwiegen. Warum auch immer“, sagt Gerhard Küpper, der nun auch Teil der Jury ist, die jedes Jahr einen Preisträger auswählt.

Auch nach dem Kriegsende blieb Küpper unbequem

Karl Küpper war 1927 erstmals als „Dä Verdötschte“ aufgetreten und hatte eine politische Schärfe in die Bütt gebracht, die dem Karneval lange verloren gegangen war. „Das Anarchische hatte den Preußen nicht gefallen, daher folgte 1823 die Gründung des Fest ordnenden Komitees. Die Kritik an der Obrigkeit war anschließend immer mehr verloren gegangen“, sagt Bilz. Küpper brachte seine unnachgiebige Haltung nicht nur in Köln Popularität ein, als Redner wurde er bundesweit gebucht. Als ihm nach einem Auftritt im „Bergischen Löwen“ in Bergisch Gladbach die Festnahme drohte, hatte er sich kurzerhand der Wehrmacht angeschlossen.

Karl Küpper

Auch die Repressalien und offenen Drohgebärden der Nazis hatten die demokratische Grundeinstellung von Karl Küpper nicht erschüttert. „ Für ihn gab es da nie eine Diskussion. Er war gnadenlos überzeugt, fast schon rücksichtslos“, beschreibt Gerhard Küpper die Haltung seines Vaters. Zu dieser Zeit rollten längst antisemitische und rassistische Mottowagen bei fast allen Karnevalsumzügen durch die Straßen. Einige Jahre nach Kriegsende stand Karl Küpper wieder mit ausgestrecktem Arm in der Bütt. „Et ess ald wigger am rähne“, stellte er enttäuscht fest, weil viele überzeugte Nationalsozialisten wieder an den Hebeln der Macht saßen. Festkomitee-Präsident Thomas Liessem war bereits 1932 Mitglied der NSDAP geworden, nach dem Krieg übernahm er den „Bürgerausschuss Kölner Karneval“ und erwirkte im Jahr 1952 erneut ein Redeverbot gegen Küpper. Sogar Bundeskanzler Konrad Adenauer diskutierte im Kabinett mit den Ministern über die „zersetzenden und gehässigen Satiren“ im Karneval.

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Karl Küpper zog sich 1959 schließlich frustriert und auch desillusioniert aus dem Karneval zurück und eröffnete mit seiner Frau die Kneipe „Küppers Karl“ in Kalk. „Er hat unter der Nachkriegszeit seelisch sehr gelitten und den Kummer in sich hineingesogen“, weiß Gerhard Küpper. Mit seiner Mutter, die 101 Jahre alt geworden ist, habe er damals oft ausführlich über die Gemütszustände des Vaters geredet. „Nur die Anhänglichkeit einiger Kollegen war groß. Karl Schmitz-Grön und Horst Muys kamen nach ihren Auftritten regelmäßig vorbei“, erzählt Gerhard Küpper.

Mit 64 Jahren war Karl Küpper schließlich am 26. Mai 1970 gestorben.

Die neue Auszeichnung

Der Karl-Küpper-Preis soll jedes Jahr durch das Kölner Stadtoberhaupt verliehen werden. Auch heute, 75 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs, bedürfe es Menschen, „die mit Mut für die Demokratie und gegen Rassismus, Antisemitismus und jede Form der Diskriminierung einstehen“, heißt es in einer Mitteilung. Der Preis ist mit 10 000 Euro dotiert.

Erstmals soll der Preis im Herbst vergeben werden. Wegen der Corona-Schutzmaßnahmen war der Zeitpunkt der Feierstunde verschoben worden. Eine Jury, zu der auch der Sohn von Karl Küpper gehört, wird jedes Jahr über die Preisträger beraten. Der Preis solle dem Erbe Küppers gerecht werden und bundesweit Beachtung finden, heißt es. (tho)