Köln – Die Zukunft der Mobilität entsteht in Köln-Niehl. Dort hat der Automobilzulieferer Marelli in der ersten Hälfte des Jahres auf dem Gelände von Ford die Produktion von Elektro-Motoren gestartet. NRW-Wirtschafts- und Innovationsminister Andreas Pinkwart machte sich bei einer Werksführung am Dienstag ein Bild von der neuen Produktionsstätte. Dass sich Marelli für den Standort Köln entschieden hat, bezeichnete Pinkwart als „mutiges Zeichen für den die Zukunftsfähigkeit des Autostandorts Köln und für die Attraktivität des Standorts Nordrhein-Westfalen für die Automobilbranche“.
Weswegen die Wahl auf Köln fiel
Warum die Wahl des Standorts auf Köln fiel, als Marelli sich in Europa weiterentwickeln wollte, war die Summe vieler Faktoren: die Lage im Zentrum Europas, viele verfügbare Fachkräfte, aber auch die Möglichkeiten im Bereich der Forschung. „Der Elektromotor ist noch lange nicht ausentwickelt. Es gibt unendlich viel zu tun. Deswegen ist auch die Nähe zur RWTH Aachen ein wichtiger Standortfaktor.“ Mit dem Lehrstuhl für Produktionstechnik von E-Mobilitätskomponenten an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule kooperiert Marelli seit vergangenem Sommer.
Das Unternehmen
Der japanisch-italienische Automobilzulieferer Marelli entstand 2019 aus einem Zusammenschluss der beiden Zulieferer Calsonic Kansei aus Japan und Magneti Marelli aus Italien.
Geschäftsfelder sind neben den elektrischen Antrieben auch Kraftstoff-Einspritzsysteme für Verbrennungsmotoren oder Fahrzeugbeleuchtung. Marelli ist im Motorsport tätig und rüstete bereits verschiedene Teams in der Formel 1 aus.
An über 170 Standorten in Asien, Nord- und Südamerika, Europa und Afrika beschäftigt Marelli rund 58 000 Mitarbeiter. (sim)
Elektromobilität ist die Zukunft, da sind sich viele in der Autobranche einig, dementsprechend groß ist auch der Wettbewerb. Marelli setzt dabei auf 800-Volt-Elektromotoren. Porsche rüstete sein vollelektrisches Modell Taycan S mit dem Marelli-Antrieb aus und brachte damit 2019 das erste Serienfahrzeug mit 800-Volt-Technologie auf den Markt. Üblich war bis dahin eine Systemspannung von 400 Volt, auf die beispielsweise Elon Musk und Tesla weiterhin setzen. Andere Mitbewerber fokussieren sich zunehmend auf 800 Volt – zum Beispiel der VW-Konzern oder Hyundai.
Die Vorteile der doppelten Spannung: Mehr Leistung, größere Reichweiten, geringere Ladedauer und ein geringeres Gewicht der Verkabelung. „Wenn man sich den Markt anschaut, sieht man: Es geht immer mehr in die Richtung“, sagt Hannes Prenn, Vorstand der Fahrzeugelektrifizierungssparte von Marelli. „Da haben wir auf das richtige Pferd gesetzt. Das wird sich durchsetzen.“
132 neue Arbeitsplätze geschaffen
Auf 18 000 Quadratmetern hat Marelli in Köln zwei Produktionslinien aufgebaut. Vieles läuft hier automatisch, so präzise wie die Roboter ist schließlich der bestausgebildetste Facharbeiter nicht. 132 Arbeitsplätze hat Marelli auf dem Ford-Gelände dennoch geschaffen. Tendenz steigend. Bisher verbirgt eine weiße Plane in der Produktionshalle eine Fläche, die fast noch einmal so groß ist, wie die bisher genutzte. Die Elektrosparte von Marelli sei noch immer im Aufbau, doch: „Unser Anspruch ist es, den Platz, den wir haben, auch zu füllen“, sagt Prenn.
Bisher gehört neben Porsche auch Ferrari zu den Kunden. Die Zahl der Kunden soll wachsen. „Wir sind in Kontakt mit allen deutschen Autoherstellern, also auch mit Ford.“ Der Chipmangel, der nicht nur die Autoindustrie hart getroffen hat, verlangsamt die Entwicklung, auch wenn Marelli laut eigener Aussage größere Lieferkettenunterbrechungen vermeiden konnte.
Um die Entwicklung der Elektromobilität voranzutreiben brauche es aber auch die Unterstützung der Politik. „Die Aufgabe der Politik ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Dinge entstehen können“, sagt Technologievorstand Joachim Fetzer. Dazu zähle etwa eine gute Ladeinfrastruktur. „Dass das technisch machbar ist, daran besteht kein Zweifel.“
Das sieht auch Marelli-CEO Beda Bolzenius so. Nur dann könne der Elektroantrieb sich durchsetzen. Und das nicht erst 2035, wenn alle Neuwagen nach den Plänen der EU-Kommission emissionsfrei sein müssen. „Wir glauben“, sagt Bolzenius, „dass der Elektroantrieb schon vor 2035 deutlich wettbewerbsfähiger sein wird als der Verbrennungsmotor.“