Der Abgang von Ford-Werke-Chef Martin Sander kam plötzlich für den Autoexperten Ferdinand Dudenhöffer. Und für Ford sei der Wechsel des Managers zu VW gar nicht gut, so der Direktor des Bochumer Instituts CAR –Center Automotive Research. „Das ist ein Tiefschlag für Ford“, so Dudenhöffer. Da schwinge das Signal mit, dass Ford seine Leute nicht halten kann.
Gerade einmal zwei Jahre war der am 12. März 1967 in Hildesheim geborene Maschinenbauer Sander bei Ford. Er hatte Anfang Juni 2022 die Nachfolge von Gunnar Herrmann angetreten, der Ende November 2021 in den Aufsichtsrat des Autobauers gewechselt war. Dabei war Sander nicht nur Chef der Kölner Ford-Werke geworden, sondern auch Chef der E-Autosparte von Ford in Europa. Damit war er auch verantwortlich für die Entwicklung von Software und Dienstleistungen für vernetzte Ford-Fahrzeuge in Europa.
Sander hatte bewegte Jahre bei Ford
Es waren bewegte zwei Jahre. An seinem ersten Arbeitstag konnte Sander den 60. Geburtstag des Motorenwerks in Köln-Niehl feiern. Rund 28 Millionen Triebwerke waren zu dem Zeitpunkt dort gebaut worden. Und viel mehr wurden es nicht. Verbrenner waren Auslaufmodelle, nachdem Ford erklärt hatte, 2030 nur noch Pkw-Modelle mit batterie-elektrischen Antrieben zu verkaufen. Bei leichten Nutzfahrzeugen soll es fünf Jahre später so weit sein.
Inzwischen ist das Werk, in dem der Drei-Zylinder vom Band lief, der etwa Fiesta und auch den Focus antrieb, Vergangenheit. Eine Zukunft hat auch das Werk in Saarlouis nicht, in dem der Focus gebaut wird. Es wird Ende November 2025 geschlossen. Im März wurden hohe Abfindungen von bis zu 200 000 für die Mitarbeitenden vereinbart. Saarlouis hatte den Kürzeren gezogen im Wettstreit um ein weiteres E-Auto. Das soll in Valencia gebaut werden. Eine endgültige Vergabe ist aber noch nicht erfolgt.
E-Mobilität derzeit gebremst
Die Elektromobilität setzt sich wohl nicht so schnell durch wie erwartet. Immer mehr Autobauer erklären, dass sie doch wohl länger Verbrenner bauen als geplant. Das ist nicht unbedingt eine gute Nachricht für Köln. Das Werk ist nämlich mit einer Investition von zwei Milliarden Dollar zum Schwerpunkt der E-Auto-Fertigung von Ford in Europa ausgebaut worden. Erst am Dienstag ist der Start der Serienfertigung erfolgt. Und eine erste Kundin konnte das Fahrzeug in Empfang nehmen.
Gebaut wird der Explorer, der mit seinem Namensvetter in den USA kaum etwas gemein hat. Das Fahrzeug passt mit einer Länge von 4,47, einer Breite von 2,01 Meter mit Spiegeln und einer Höhe von 1,63 Meter durchaus auf europäische Straßen und auch in Parktaschen von deutschen Innenstädten. Aufhorchen lässt ein Gewicht von 2,4 Tonnen, darunter 600 Kilogramm für die Batterie.
Explorer kommt verspätet auf den Markt
Einen Start nach Maß legte der Wagen allerdings nicht hin. Im August des abgelaufenen Jahres wurde die geplante Serienfertigung abgeblasen. Das Wagen, das auf einer Plattform von VW aufsetzt, sollte eine neue Batterie bekommen, die auch künftige Standards etwa beim Brandschutz erfüllt. Deshalb musste der Wagen umkonstruiert werden. So erfolgte der Start der Serienfertigung erst am vergangenen Dienstag. Bis zu 250 000 E-Autos pro Jahr will Ford in Köln bauen.
Für sechs Jahre hat sich Ford 1,2 Millionen VW-Plattformen gesichert. Auf die haben Ingenieure in Merkenich den Explorer aufgesetzt sowie ein zweites Modell, das Ford als sportliche SUV bezeichnet hat. Es ist etwas größer als der Explorer und wird im kommenden Monat präsentiert. Die Fahrzeuge sind zum Erfolg verdammt.
Ford will Marke höher positionieren
Doch Ford ist spät dran mit der Elektromobilität. Ein später Start in einen Markt, der für den Autoexperten Dudenhöffer zunächst schrumpft — für Neulinge sei das ein großes Risiko. Zumal der Explorer kein Schnäppchen ist. 48 510 Euro ruft Ford für den Wagen mit großer Batterie auf. Ein Modell mit kleinerer Batterie ist ab Jahresende für 42 500 Euro bestellbar. Das ist für Ford eine neue Dimension, in der sich sonst Tesla, Audi, BMW oder Mercedes bewegen. Doch Ford wollte die Marke höher positionieren, setzt als letzter in Europa vertretener US-Autobauer auch auf amerikanische Tugenden. Es geht etwa um Abenteuer. Für die passenden Autos dazu hält Ford Geländewagen wie etwa den Bronco oder den Ford Mustang. Die kommen aber nur in geringer Stückzahl nach Europa.
„Ford ist in der Klemme, in der auch Opel gesteckt hat“, sagt Dudenhöffer. Und er sieht für Ford das gleiche Schicksal voraus. Von Opel hat sich die US-Mutter GM getrennt. Der Rüsselsheimer Autobauer gehört jetzt zum Stellantis-Konzern mit Marke wie Peugeot, Citroën oder Fiat. Auch Ford brauche im Pkw-Bereich einen Partner, so Dudenhöffer. Er kann sich Renaultoder einen chinesischen Anbieter vorstellen. Fords Kooperationspartner VW habe schon genug Marken unter dem Konzerndach.