Der Kölner Autobauer hat 1200 Mitarbeitenden in der W-Halle das in Köln Merkenich entwickelte vollelektrische Auto präsentiert. Die setzen große Hoffnungen in den neuen Explorer.
„Ein großer Tag für Ford“Warum so viele Hoffnungen auf dem neuen E-Auto ruhen
Stämmig steht Fords erstes in Deutschland entwickelte Elektroauto auf der Bühne in der W-Halle des Werks in Köln-Niehl. Für ein mittelgroßes SUV - so war der Wagen angekündigt - wirkt der ganz schön groß. Große Flächen, auch zur Optimierung der Aerodynamik, der geschlossene Schild an der Frontpartie anstelle eines Kühlergrills, darüber eine kräftige Waagerechte mit schlitzartigen Scheinwerfern sind auffällige Merkmale des neuen Explorer getauften Modells.
Der nimmt bewusst den kraftvollen Stil US-amerikanischer SUV-Modelle von Ford auf, erläutern die Ford-Designer. „Reduzierte Formensprache“ und „prägnante grafische Elemente“ nennt das Murat Güler, der Chefentwickler des neuen E-Autos.
Die Maße sind dagegen europäisch. 4,47 Meter lang ist der Explorer, 1,87 Meter breit ohne Außenspiegel, mit 2,06. Er ist also kürzer als der Ford Kuga. Auch der VW ID 4 ist ist zehn Zentimeter länger. Beide Fahrzeuge stehen auf der gleichen Elektroplattform von VW, die Ford für insgesamt 1,2 Millionen Fahrzeuge nutzen kann. Eine Verwandtschaft ist allerdings nicht zu erkennen. Da haben die Ford Designer in Köln-Merkenich ganze Arbeit geleistet und ein ganz eigene Formensprache entwickelt.
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„Wir elektrifizieren die Produktikonen der Marke“, sagte Martin Sander, verantwortlich für die E-Autosparte von Ford in Europa und Chef der Kölner Ford-Werke. Das sind für ihn der Mustang, der F 150 und eben der Explorer.
„Wir wollen mutiger , amerikanischer und emotionaler werden“, ergänzt Christian Weingärtner, Vertriebs-Geschäftsführer der Ford-Werke. Ford müsse sich weiterentwickeln, erläutert er, während hinter ihm auf einer Großleinwand Bilder des Escorts oder des Fiestas, der im Sommer eingestellt wird, zu sehen sind. Die europäischen Platzhirsche Stellantis mit Marken wie Peugeot, Fiat oder Opel und VW sind Ford beim Volumen weit enteilt. Die Elektrifizierung sieht Weingärtner aber als Chance.
Ford: Verkörperung amerikanischer Werte
„Wir machen, was nur Ford kann“, sagte Weingärtner. Ford als letzter US-Autobauer in Europa verkörpere die guten amerikanischen Werte wie Freiheit, Abenteuer und Entdecken. Lust am Abenteuer ist der Schlüsselbegriff für die Neupositionierung. Der Explorer ist das erste Modell in der neuen Markenausrichtung. Er vertritt die Ausrichtung auf das Abenteuer, während der Mustang etwa für große Kraftentfaltung und der Ranger Raptor für große Geländegängigkeit stehen.
Ford preist den Explorer als Reiseauto an: Vordersitze und Lenkrad sind beheizbar, der Fahrersitz bietet eine Massagefunktion, die Klimaanlage können Fahrer und Beifahrer jeweils individuell regeln. Der Wagen hat ein Kommunikations- und Infotainmentsystem, das mit einem 14,6 Zoll Touchscreen bedient wird, der in seiner niedrigsten Stellung auch im Auto abgelegte Wertgegenstände verbergen kann . Für Güler ist das beste Interieur entstanden, das Ford je in Europa gebaut gebaut hat: „Es kombiniert eine moderne, puristische Ästhetik mit nie zuvor dagewesener Funktionalität.“
Der Wagen hat zahlreiche Assistenzsysteme an Bord, die automatisch Spurwechsel übernehmen können oder bei unvorsichtigem Öffnen der Türen vor Zusammenstößen mit Fußgängern oder Radfahrer warnen.
Der Explorer kostet unter 45 000 Euro
Und damit die Reise nicht von langen Pausen unterbrochen wird, lassen sich die Batterien an Schnellladepunkten in 25 Minuten von einer Kapazität von zehn Prozent auf 80 Prozent aufladen. Weitere technische Einzelheiten wie Reichweite, Leistung oder Gewicht des Fahrzeugs will Ford später mitteilen. Reservieren können Kunden das Fahrzeug aber schon, das weniger als 45 000 Euro kosten soll.
Von den gut Tausend Ford-Mitarbeitenden aus Fertigung und Entwicklungsabteilung gab es viel Beifall für das Auto. „Eine solch tolle, begeisterte Reaktion zu sehen, ist ein Highlight in der Karriere“, sagte Sander. Es sei ein großer Tag für Ford in Deutschland, in Europa und für Ford weltweit. Herbeigesehnt hat den Tag auch Britta Dürscheid, die verantwortliche Instandhaltungsleiterin im Rohbau. Wie andere aus der Fahrzeugentwicklung kannte sie das neue Auto bereits, darüber reden durfte sie nicht. Jetzt kann ich Freunden und der Familie endlich zeigen, woran ich in den letzten Monaten gearbeitet habe“, so Dürscheid.
Ford-Mitarbeitende, die nicht bei der Präsentation dabeisein konnten, konnte per Live-Stream zuschauen. Die Produktion wurde für die Zeit in Köln angehalten. Am Abend konnten sie sich den Wagen in der W-Halle ansehen, ab Mittwoch steht er dann noch zwei Tage in der Produktion, so Betriebsratschef Benjamin Gruschka.
Auch Gruschka setzt er auf den Wagen, der ab April in einer Vorserie gefertigt wird ab dem vierten Quartal dann in Serie, sowie auf ein weiteres Modell auf der gleichen Plattform. Das wird ein eher sportlicher Crossover, ebenfalls in Geländewagenoptik.
Zwei Milliarden Dollar hat Ford in das Kölner Elektrifizierungszentrum für Europa investiert. Bis 2030 will der Autobauer ausschließlich vollelektrische Pkw in Europa anbieten, bis 2035 soll die komplette Flotte einschließlich der leichten Nutzfahrzeuge elektrisch angetrieben sein. Dann soll das Europa-Geschäft von Ford CO2-neutral sein.
Sechs Jahre lang werden die Fahrzeuge auf VW-Plattform gebaut. Das sind nach dem Hochlauf der Produktion auch über 200 000 pro Jahr, die die Jobs der 4000 Mitarbeitenden in der Fertigung sichern. Laut Gruschka wird eine Vollauslastung erreicht. Stellen in der Produktentwicklung fallen dagegen weg, weil bei einer Verkleinerung der Modellpalette auch weniger Entwicklungsbedarf besteht. Auch in der Verwaltung spart Ford, so dass in Köln insgesamt 2300 Stellen sozialverträglich abgebaut werden.