Professor Dr. Stefan Bratzel, Gründer und Direktor des Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach, spricht über die Stellenstreichungen beim Kölner Ford-Werk.
Direktor des Center of Automotive Management im Interview„Am Standort Köln ist es schwierig, günstige Fahrzeuge zu produzieren“

Neuwagen stehen vor dem Ford Verkauf einem Parkplatz.
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Wie bewerten Sie die Stellenstreichungen im Kölner Ford-Werk?
Es kommt fast so wie erwartet. Tragisch finde ich vor allem, dass bei den technischen Entwicklungsjobs künftig kaum noch etwas da sein wird. Dabei wären eigene Entwicklungsleistungen in Europa aus meiner Sicht notwendig, um längerfristig auch wieder bessere Zeiten zu sehen.
Ist die Auslagerung der Produktentwicklung zukunftsfähig?
Um längerfristig erfolgreich zu sein in Europa, muss man den europäischen Markt verstehen. Und man muss Produkte für den europäischen Markt anpassen – um eben den europäischen Geschmack zu treffen. Das geht nicht von Amerika aus. Daher bin ich da skeptisch. Der europäische Markt ist bekanntlich kein einfacher Markt. Die hohe Wettbewerbsintensität wird sogar eher noch zunehmen. Das bedeutet, man muss hochattraktive Produkte entwickeln, die für verschiedene Gruppen passen. Und sie dürfen nicht zu teuer sein. Denn hohe Preise wird man auch in Zukunft nicht verlangen können.
Hat das Kölner Werk von Ford eine Zukunft?
Das Kölner Werk wird nur dann eine Zukunft haben, wenn die Produkte, die man dort produziert, ausreichend Abnehmer finden. Das ganze Thema hängt an der Attraktivität der Produkte. Ford muss künftig wieder attraktive Produkte anbieten. Ansonsten wird es ein Sterben auf Raten sein. Am Standort Köln ist es schwierig, günstige Fahrzeuge zu produzieren. Das ist die klassische Fiesta-Problematik. Mit dem Fiesta hat Ford kaum mehr Geld verdient. Eigentlich ist Ford dafür bekannt, im unteren Preissegment attraktive Modelle anzubieten. Eine höhere Positionierung hat bisher nicht wirklich funktioniert.
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Welche Auswirkungen erwarten Sie für das Image von Ford?
Es erinnert mich alles ein bisschen an die lange Leidensperiode von Opel. Das waren schmerzhafte Einschnitte. Das muss Ford unbedingt verhindern. Opel war dann wieder auf einer positiven Spur, als es gelungen ist, mit dem, was man tat, Geld zu verdienen. Mal positiv gesagt: Im Nutzfahrzeugbereich bekommt Ford das ja hin. Am Ende muss man das auch in anderen Feldern schaffen.
Hat Ford ein stringentes Konzept zur Pkw-Fertigung in Deutschland?
Im Moment leuchtet mir die Produktstrategie von Ford im Wesentlichen noch nicht ein. Da muss noch mehr passieren. Ford hat seit 2011 die Hälfte des Marktanteils in Europa verloren – weil schon damals nicht die richtigen Produkte zum richtigen Preis entwickelt wurden. Das setzt sich bei der Elektromobilität leider fort. Vieles liegt daran, dass man den europäischen Markt in den letzten Jahren nicht wirklich im Blick hat – das liegt auch am Management in Amerika.