In der Corona-Krise nimmt Ford schrittweise die Produktion wieder auf – mit einem Bruchteil der normalen Kapazität.
VW und Toyota machen es ähnlich.
Wie lange wird es dauern, bis sich der Automarkt von der Krise erholt hat?
Ein Autobauer nach dem anderen nimmt die Produktion wieder auf. Seit einer Woche fertigt VW schon wieder Autos in Zwickau, ebenso Toyota im französischen Werk in Valeciennes. Am Dienstag hat Ford angekündigt, ab dem 4. Mai wieder Autos zu montieren und Motoren zu bauen. Da hatte VW auch im Stammwerk Wolfsburg gerade die Bänder wieder angefahren.
Der Ausstoß ist freilich überschaubar. In Wolfsburg laufen zunächst etwa zehn bis 15 Prozent der normalen Fertigung vom Band. Gearbeitet wird nur in einer Schicht, und die Bänder laufen langsamer. So wird wohl auch bei Ford in Köln und in Saarlouis gestartet. Mitarbeiter müssen sich an das neue Arbeiten mit Schutzmaske oder Plexiglas-Gesichtsschutz gewöhnen. Teils müssen sie auch nacheinander Hand an die Autos legen, um Abstandsregeln einzuhalten. Auch Zulieferungen müssen gesichert sein. Teile kommen ja nicht nur aus dem näheren Umkreis der Autowerke, sondern auch aus Italien, Frankreich, Polen und der Slowakei. Auch hier muss die Produktion wieder anlaufen, sollten die Teile nicht noch auf Lager sein. Und die Teile müssen über Grenzen, an denen wieder kontrolliert wird, rechtzeitig ans Montageband kommen.
Zulieferer leiden unter Fertigungsstop
Der Autoexperte Stefan Bratzel von der Fachhochschule Bergisch Gladbach findet es aber richtig, dass die Autobauer die Produktion schrittweise hochfahren. „Das ist ein wichtiges Signal an die Zulieferer, das es weiter geht“, sagt Bratzel. Bei Zulieferern in Deutschland arbeiten laut dem Branchenverband VDA über 300.000 der gut 800.000 Beschäftigten in der Autoindustrie.
Zulieferer leiden wohl stärker unter dem seit gut fünf Wochen andauernden Fertigungsstopp. Die Branche kämpfte bereits mit Überkapazitäten und der Transformation in Richtung E-Auto. Die Margen sind klein. Regelmäßig beklagt sich die Branche über harte Bandagen, mit denen die Autobauer Preise verhandeln. So haben Zulieferer oft eine dünne Kapitaldecke. Und einige waren schon vor der Corona-Krise gefährdet. Sie werden jetzt kaum zu retten sein, glaubt Bratzel. „Wir werden in diesem Jahr eine hohe Insolvenzquote bekommen“, befürchtet er. Treffen könnte es vor allem die Kleinen.
Auch die können Lieferketten gefährden, und Entwarnung kann es noch nicht geben. „Eine Produktion macht nur Sinn, wenn es auch Nachfrage gibt“, sagte Bratzel. Und auch von einer Kapazitätsauslastung von 50 Prozent könne noch niemand leben. Dazu seien die Fixkosten in der Branche zu hoch.
Die Nachfrage kommt aber nur schleppend in Gang. Zum einen haben viele Autohäuser in Europa noch geschlossen, etwa in so wichtigen Märkten wie Italien, dem Vereinigten Königreich und Spanien. Ford exportiert etwa 80 Prozent seiner deutschen Produktion ins europäische Ausland. In Deutschland sind die Schauräume zwar seit gut einer Woche wieder offen. Gebremst wird die Nachfrage aber auch hier durch die Angst vor dem Jobverlust. Da sitzt das Geld für teure Käufe, womöglich auf Pump, nicht locker. Außerdem hat der Handel hat laut Bratzel die Lager noch voll.
Autobauer verlangen staatliche Kaufprämien
„Ich mache mir große Sorgen um die Zulieferer und die Händler“, sagt Bratzel. Die Nachfrage müsse stimuliert werden. In erster Linie sieht er die Autobauer gefordert. Sie könnten etwa auf Gewinnmargen verzichten zugunsten es Handels. Auch brauche es neue Ideen für den Absatz. Fahrzeuge könnte im Abo abgegeben werden. Attraktiv wäre das für Kunden, die jetzt ein Auto brauchen, aber nicht sicher sind, ob sie den Job behalten. Werden sie wirklich arbeitslos, könnten sie das Abo dann kündigen, meint Bratzel. Den Absatz ankurbeln könnten auch Sonderausstattungen. Gibt es dagegen einen kräftige Preisnachlass bei Neuwagen, bleibt der Handel auf seinen Gebrauchtwagen sitzen.
Die Autobauer verlangen staatliche Kaufprämien. Laut VW-Chef Herbert Diess sollten die auch für Diesel- und Benzin-Pkw gewährt werden. Autoexperten sind gegen generelle Prämien. Es sei den Kunden kaum zu vermitteln, dass Autobauer für das gute Jahr 2019 eine Dividende ausschütteten, in der Kurzarbeit unterstützt würden und der Autoabsatz dann durch eine staatliche Prämie angekurbelt werde, sagt Bratzel. Er plädiert für Kaufprämien fokussiert auf Elektroautos. Die bestehenden Zuschüsse Prämien für den Kauf dieser Fahrzeuge sollten aufgestockt werden. Ferdinand Dudenhöffer von der Uni St. Gallen ist auch gegen eine Neuauflage der Abwrackprämie von 2009. Er plädiert für eine zeitlich befristete Mehrwertsteuersenkung, die durch eine befristete Erhöhung der Benzinsteuer finanziert werden könne.
Beide glauben, dass es noch dauert, bis alte Produktionsniveaus wieder erreicht werden – wenn überhaupt. Dudenhöffer geht davon aus dass auch 2025 in Westeuropa weniger Autos neu zugelassen werden als im Jahr 2019.