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Chef des Flughafens Köln/Bonn zur Corona-Krise„Quarantäne wirkt wie zweiter Lockdown“

Lesezeit 5 Minuten
VannesteKöln Bonn

Johan Vanneste, Geschäftsführer des Flughafens Köln/Bonn.

Köln – Zu Anfang des Videotelefonats erzählt Johan Vanneste, er habe in den Ferien Geschwister in Frankreich und Portugal besucht. Aber auch unterwegs war viel zu tun. Vanneste: „An einigen Urlaubstagen stand das Telefon nicht still. Die Lage ist ernst.“

Herr Vanneste, was bedeuten die neuen Quarantäneregeln für Heimkehrer aus Risikoländern wie neuerdings sogar Spanien?

Vanneste: Die neuen Quarantäneregeln wirken wie ein zweiter Lockdown. Sie werfen uns erneut massiv zurück. Im April und Mai fand fast kein Passagierverkehr statt, im August kamen wir auf 28 Prozent des Vorjahreswertes, jetzt sehe ich für die Herbstferien im Oktober schwarz. Denn die Menschen reisen nur noch selten, wenn sie nach der Rückkehr erst einmal fünf Tage zu Hause sein müssen.

Die neue Regel ist übertrieben?

Wir hatten wie der Flughafen Düsseldorf in Absprache mit der Politik eine hervorragende Lösung mit den breiten Corona-Tests direkt am Flughafen bei der Heimkehr angeboten. Das ist eine gute Lösung. Seit der Inbetriebnahme des Testzentrums haben sich viele zehntausend Urlauber testen lassen. Es wird sehr gut angenommen. Wir müssen diese Möglichkeit beibehalten.

2020 schreibt der Airport tiefrot?

Der Umsatz wird von 340 Milionen Euro auf rund 220 Millionen Euro abrutschen. Wir rechnen mit einem um bis zu 50 Millionen Euro schlechteren operativen Ergebnis. Vor noch schlechteren Zahlen schützt uns nur unser sehr erfolgreicher Frachtbereich, der auf die Abfertigung reiner Frachtjets spezialisiert ist.

Weil Passagierjets viel seltener fliegen und darum weniger Fracht mitnehmen, sind Frachtjets viel wichtiger?

Stimmt. 2020 werden wir wohl 850.000 Tonnen statt 820.000 Tonnen an Gütern durchschleusen. Mit rund 100 Frachtflügen am Tag, darunter regelmäßigen Maschinen aus Shanghai, Seoul oder Hongkong haben wir die Versorgung Deutschlands beispielsweise mit Schutzmasken mit sichergestellt. Darauf sind wir stolz. Die Belegschaft hat einen tollen Job gemacht. Wir waren zeitweise einer der fünf wichtigsten Airports Europas.

Ab 2021 startet aber auch das Passagiergeschäft wieder durch, wenn die Corona-Impfung kommt?

Die Erholung wird sich dennoch insgesamt länger hinziehen als wir erwartet hatten. Wir werden voraussichtlich bis 2026 brauchen, um wenigstens annährend so viele Passagiere wie 2019 zu haben.

Warum so skeptisch trotz Reiselust vieler Bürger?

Wir rechnen vorrangig mit dauerhaft weniger Geschäftsreisenden, die bisher rund ein Drittel unserer Passagiere ausmachten. Die Konzerne in der Region wie Bayer, Telekom oder Post haben alle erklärt, Mitarbeiter würden künftig mehr per Videokonferenz kommunizieren. Auch die Bundesregierung wird weniger Beschäftigte zwischen Berlin und Bonn pendeln lassen.

Und Privatreisende?

Sicherlich haben viele Bürger eine große Sehnsucht zu reisen. Aber gleichzeitig spielen Umweltthemen eine immer größere Rolle. Auch darum bin ich skeptisch, ob schon bald wieder bis zu 15 Jets am Tag von Köln/Bonn nach Berlin abheben.

Sie haben von Ihren Anteilseignern wie auch der Stadt Köln und dem Land NRW 75 Millionen Euro an frischem Kapital gefordert, um gleichzeitig 100 Millionen Euro an Kredit zu bekommen. Nun fordern die in Köln neuerdings dominierenden Grünen aber im Gegenzug den Verzicht auf nächtliche Passagierflüge.

Es stimmt, wir sind auch mit unseren Gesellschaftern im Gespräch über Möglichkeiten längerfristiger Finanzierungen, die Zahlen will ich zum aktuellen Zeitpunkt aber nicht kommentieren. Eine Forderung nach weniger Nachtflügen für Passagierjets ist unverhältnismäßig: Es landen sowieso nur wenige Passagierjets nach 22 Uhr in Köln/Bonn. Sowohl Eurowings wie auch Ryanair als die zwei vor Ort am stärksten vertretenen Airlines setzen nur in geringem Maße auf sehr späte Starts oder Landungen.

Und Frachtjets?

Die Betriebsgenehmigung sieht vor, dass Passagier- und Frachtflüge hier nachts starten und landen dürfen. Da hängen viele tausend Arbeitsplätze am Standort und in der Region dran. Wir erfüllen eine wichtige Aufgabe für die Volkswirtschaft in NRW und bundesweit.

Zweitgrößer Flughafen von NRW und sein Leiter

Chef Johan Vanneste, 60, leitet den Airport Köln-Bonn seit 2018. Davor leitete der Belgier den Flughafen Luxemburg.

Wieviele der bisher rund 1800 Jobs der Flughafengesellschaft fallen der Krise zum Opfer?

Wir haben in 2019 rund 100 Stellen mit Frühverrentungen und Abfindungen abgebaut. Solche freiwilligen Maßnahmen könnte ich mir auch für die Zukunft vorstellen. Ansonsten wollen wir einen Beschäftigungspakt mit dem Betriebsrat und den Gewerkschaften schließen, um die Kosten deutlich zu senken und hoffentlich auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten zu können. Das ist unser erklärtes Ziel.

Sie schalteten kürzlich eine Anzeige für eine gut bezahlte Stelle.

Wir verzichten fast ganz auf Neueinstellungen und besetzen Stellen, die frei werden, nicht nach. Nur wenn es unbedingt notwendig ist, gibt es Ausnahmen. Viele Beschäftigte arbeiten in der Kurzarbeit sowieso rund 40 Prozent weniger.Ich schließe auch nicht aus, dass wir die Arbeitszeiten künftig noch weiter an die veränderte Verkehrsmenge anpassen müssen.Und wir brauchen für die Flughäfen Notlagen-Tarifverträge.

Fürchten Sie, dass Düsseldorf Ihnen wichtiges Geschäft weglockt und noch mehr Eurowings-Maschinen anzieht?

Wir treten zwar bei politischen Themen gemeinsam auf, sind aber wirtschaftlich klare Wettbewerber. Eurowings ist unser größter Airline-Partner im Passagiersegment und hat sich klar zunm Standort Köln/Bonn bekannt.. Sie haben ja auch ihre Zentrale direkt an unserem Terminal.

Ryanair hat angekündigt, Düsseldorf wegen zu hoher Gebühren erst einmal zu verlassen. Droht Ihnen das gleiche?

Wir schätzen Ryanair sehr als Kunde. Aber Zugeständnisse bei den Gebühren werden wir wie Düsseldorf nicht machen. Wir müssen ja alle Airlines gleich behandeln.

Wie bewerten Sie, dass künftig alle Linien des RRX in Düsseldorf halten werden, aber nur wenige in Köln-Bonn?

Darüber habe ich auch mit NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) gesprochen. Wir sind zuversichtlich, dass Köln/Bonn nach Abschluss der Bauarbeiten auch wieder regelmäßig vom RXX angefahren wird. Es soll zudemneue Investitionen ins Schienennetz geben, um auch Verkehrsträger besser zu vernetzen. Darauf setze ich. An mehr regionalen Verbindungen sind wir sehr interessiert, ebenso wie an weitere ICE-Halten.

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Wieso planen Sie eigentlich ab 2025 einen Flugverkehr mit Flugtaxis von Köln-Bonn zum Airport Düsseldorf?

Wir müssen auch in der Krise an die Zukunft denken. Die Verbindung der zwei Flughäfen per Lufttaxis wird aber ein reiner Testbetrieb sein, um beispielsweise auszuprobieren, wie leise die Fluggeräte wirklich sind. Im realen Betrieb ab 2025 wird es darum gehen, die Airports mit Standorten wie dem Osten der Niederlande, Ostwestfalen oder Aachen per Flugtaxi zu verknüpfen. Auch große Unternehmen könnten dann Mitarbeiter mit dieser Technologieschnell zum Airport bringen.