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Vordrängeln beim Impfen?Impfung von Hennefs Bürgermeister stößt Debatte los

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Impfung (1)

Symbolbild

Zwei Bürgermeister aus dem Rhein-Sieg-Kreis und mehrere Amtsträger in Österreich – sie sind geimpft worden, obwohl sie nicht zur ersten Impfkategorie gehören. Das stößt auf Kritik.

Was wird vor allem bemängelt?

Insbesondere die Impfung des 31-jährigen Hennefer Bürgermeisters Mario Dahm (SPD) sorgt in den sozialen Netzwerken für Diskussionen. Viele Bürger fordern, dass Rettungssanitäter, Ärzte, Pflegepersonal und Einsatzkräfte vor Verwaltungsangestellten eine Impfdosis bekommen. Die Argumentation, die Impfdosen hätten schnell verabreicht werden müssen, um sie nicht wegwerfen zu müssen, überzeugt die Kritiker nicht. Auch das Personal vom örtlichen Rettungsdienst sei kurzfristig erreichbar und habe eine deutlich höhere Priorität. In einem Leserbrief heißt es: „Es zeugt von schlechtem Stil und mangelnder Vorbildfunktion politischer Amtsträger, sich zunächst selbst eine Impfung zu sichern, zumal das ja bedeutet, dass auch die unabdingbar erforderliche zweite Impfdosis ihnen und nicht etwa einer Ärztin, einem Pfleger oder einem alten Menschen zugute kommt.“

Was sagt die Stadt Hennef?

Sie begründet Dahms Impfung mit dem internen Pandemieplan der Stadt. „Dieser benennt systemrelevante Personen, die zur Aufrechterhaltung der Verwaltung zwingend erforderlich sind. Hierzu gehören der Bürgermeister, die Beigeordneten, Leiter bestimmter Ämter und Beschäftigte des Ordnungsamtes mit Funktion in der Pandemiebekämpfung.“ Wie handeln andere Kommunen im Rhein-Sieg-Kreis?

In Siegburg, Sankt Augustin, Troisdorf, Königswinter, Meckenheim und Bornheim sind die jeweiligen Bürgermeister noch nicht geimpft worden. „Die Bundesregierung hat eine klare Impfstrategie mit einer festgelegten Reihenfolge aufgestellt, wer wann geimpft wird. Ich persönlich werde mich impfen lassen, wenn ich an der Reihe bin“, sagt Meckenheims Bürgermeister Holger Jung. Das gelte auch für alle anderen Bürgermeister und den Landrat im Kreis.

Wie sieht es in Köln aus?

Oberbürgermeisterin Henriette Reker ist noch nicht geimpft worden, teilte eine Sprecherin der Stadt mit. Sie fügte hinzu, Reker habe auch mehrfach betont, dass es noch dauern wird, bis sie gemäß Impfstrategie der Ständigen Impfkommission an der Reihe ist. Einen Impfplan für Mitarbeitende der Stadt Köln und systemrelevante Personen in der Verwaltung gibt es nicht.

Was macht Bonn?

Oberbürgermeisterin Katja Dörner teilte mit, sie sei noch nicht gegen Corona geimpft. Auf die Frage, ob sie sich – wie etwa im Fall des Hennefer Bürgermeisters – impfen lassen würde, wenn Impfserum übrig wäre, antwortete sie: „Wir haben derzeit einen guten Weg gefunden, Impfstoff, der nicht verimpft wird, für Rettungskräfte zu nutzen. Menschen zu impfen, die gefährdet sind, hat für mich Vorrang, und ich sehe keinen Anlass, da für mich eine Ausnahme zu machen“. Das gelte auch für die anderen Mitglieder des Verwaltungsvorstands.

Um die Verteilung von Impfstoff effizienter zu regeln, hat die Stadt Bonn schon im Dezember eine Koordinierungsstelle geschaffen, die mit zwei Mitarbeitern der Berufsfeuerwehr besetzt ist. „Sie ist zum Beispiel bei solchen Fällen gefragt, wo Impfstoff aus unterschiedlichen Gründen übrig geblieben ist, der dann in kürzester Zeit für Impfungen anderer Personen der ersten Priorität genutzt wird“, erklärt Feuerwehrsprecher Frank Frenser. In solchen Situationen bekommt die Koordinierungstelle sofort Bescheid und schickt Mitarbeiter des Rettungsdienstes, die auf einer Art Warteliste stehen, in die Einrichtung, in der gerade das mobile Impfteam ist. Vor Ort gibt es dann für die Retter die Immunisierung durch überschüssigen Impfstoff. „Dieses System hat sich bewährt“, sagt Frenser.

Ist es ethisch in Ordnung, Impfstoff an Menschen abzugeben, die eigentlich noch nicht dran sind, wenn er sonst weggeworfen werden müsste?

Die Bonner Medizinethikerin Annette Dufner sagt: „Das erscheint mir angesichts der Knappheit sinnvoll, effizient und ethisch auch vertretbar.“ Wichtig sei zu fragen, ob das gerecht gestaltet werden könne? „Aus Israel hört man, dass die Impfzentren abends kurz vor der Schließung überzählige Dosen, die nicht gelagert werden können, an wartende Passanten vergeben. Damit würden Menschen belohnt, die sich die Mühe machen zu warten“, so Dufner.

Wäre das auch eine Möglichkeit für Deutschland, wenn die Impfzentren demnächst in Betrieb gehen?

Die Medizinethikerin meint: „Ich finde diese Lösung diskutabel, weil sie allen Personen, die warten könnten, eine gleich hohe Chance einräumt. Im Auge behalten muss man natürlich die sehr viel wichtigere Zweitimpfung. Wenn diese wartenden Menschen schon die erste Impfung haben, müssten sie eigentlich auch bei der zweiten vorgezogen werden.“

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In Österreich schlagen die Wellen hoch, weil sich Politiker bei der Impfung vorgedrängt haben, wie es heißt. Ist das Vordrängeln ein Problem?

Österreichs Kanzler Sebastian Kurz reagierte verärgert. „Wenn sich jemand vordrängt, ist das moralisch enttäuschend“, sagte er in einem Zeitungsinterview. Auch die Medizinethikerin Dufner sieht das Vordrängeln als Problem: „Offenkundig ist das Expositionsrisiko von Amtspersonen geringer als das Expositionsrisiko von Menschen, die auf Covid-Stationen arbeiten und die noch nicht alle ein Impfangebot erhalten haben.“

Gibt es noch andere Beispiele?

Dufner meint: „Vermutlich sollten auch unter 70-jährige demente Personen, die nicht in Altenheimen leben, oder Menschen mit psychischen Erkrankungen, die besonders unter den Einschränkungen leiden, in ethischer Hinsicht Vorrang haben vor Amtspersonen mit niedrigem Expositionsrisiko.“

Kanzlerin Angela Merkel und Gesundheitsminister Jens Spahn sagen: Wir sind nicht so systemrelevant, wir lassen uns erst impfen, wenn wir dran sind. Ist das vorbildlich?

Die Medizinethikerin hat hier zwei Antworten: „Eine solche Einstellung erscheint zum einen sehr angemessen. Es erinnert an die historische Konvention, dass der Kapitän das sinkende Schiff als Letzter verlässt. Andererseits könnte man argumentieren, dass sehr viel dafür spricht, dass die Kanzlerin eher systemrelevant ist als regionale Amtspersonen.“

Der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Köln, Garrelt Duin, forderte jüngst, Handwerker aufgrund ihrer Systemrelevanz vorzeitig zu impfen.

Derzeit kein Thema für Annette Dufner. „Solche Forderungen kommen zur Unzeit, solange es noch Menschen gibt, die auf Covid-Stationen arbeiten und kein Impfangebot erhalten haben“, sagt die Medizinethikerin.