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Mitgliederversammlung 1. FC Köln„Denkzettel“ dürfte Auswirkung auf die nächste Wahl haben

Lesezeit 4 Minuten
Der neue Mitgliederrat des 1. FC Köln stellt sich am Ende der Mitgliederversammlung mit dem Vorstand zum Gruppenbild auf.

Der neue Mitgliederrat des 1. FC Köln stellt sich am Ende der Mitgliederversammlung mit dem Vorstand zum Gruppenbild auf.

Die Verweigerung der Entlastung von Vizepräsident Carsten Wettich des 1. FC Köln bei der Jahreshauptversammlung löst Spekulationen über seine Amtszukunft und die anstehende Vorstandswahl aus.

Carsten Wettich war zunächst verschwunden. Der Vizepräsident des 1. FC Köln musste offensichtlich erst einmal allein sein mit sich und seiner Enttäuschung, nachdem die Mitglieder des 1. FC Köln ihrem Vorstand auf der Jahreshauptversammlung die Entlastung für das Geschäftsjahr 2023/24 verweigert hatten. Das Ergebnis fiel bei knapp 1500 Stimmberechtigten mit 51,54 Prozent zu 48,46 Prozent gegen eine Entlastung knapp aus, sorgte für entsprechende Tumulte und könnte ausschlaggebend für die Vorstandswahlen im kommenden Jahr sein.

Nachdenklicher Carsten Wettich

Während FC-Präsident Werner Wolf das Ergebnis mit stoischer Ruhe aushielt und Vizepräsident Eckhard Sauren es an seinem 53. Geburtstag mit Humor und einer Runde Kölsch für alle noch Anwesenden versuchte, war Carsten Wettich auch nach Ende der Versammlung gegen 0.30 Uhr noch sichtlich mitgenommen und nachdenklich. Der 45-Jährige, der selbst aus der aktiven Fanszene kommt und jahrelang Mitgliederrat war, dürfte die Nicht-Entlastung als persönliche Niederlage wahrgenommen haben. Zumal er als Rechtsanwalt eine Nicht-Entlastung auch immer unter juristischen Gesichtspunkten betrachtet.

Das Gerücht machte die Runde, dass Wettich als Vizepräsident zurücktreten werde. Was die Frage aufwarf, wie der Vorstand des 1. FC Köln mit diesem historischen Misstrauensvotum umgehen wird. Erst einmal in der Geschichte des Clubs war ein Vorstand nicht entlastet worden. Das war 2010 mit Wolfgang Overath als Präsident, der ein Jahr später dann auch zurücktrat. Ein Prozedere, dass sich nun so ähnlich wiederholen könnte. Eine erneute Kandidatur des aktuellen FC-Vorstands steht genauso in den Sternen wie das Ergebnis der Suche des neuen Mitgliederrats (siehe nebenstehender Text) nach einem Vorstandsteam für die Mitgliederversammlung 2025. Dem höchsten Aufsichtsgremium des 1. FC Köln obliegt die Aufgabe, ein Trio zur Wahl vorzuschlagen.

Ho-Yeon Kim hatte als Vorsitzender des Mitgliederrats in seinem Jahresbericht der Mitgliederversammlung empfohlen, den Vorstand nicht zu entlastet. Formal gab es keine Grundlage für eine solche Empfehlung, da eine rechtliche Verfehlung des Vorstands nicht vorliegt. Wolf, Sauren und Wettich für das zurückliegende Geschäftsjahr haftbar zu machen, wird demnach ohne Auswirkungen bleiben.

Denkzettel mit Symbolkraft

Das Misstrauensvotum hat allerdings eine immense Symbolkraft und öffentliche Wirkung. Schnell war von einem „Machtkampf“ zwischen Vorstand und Mitgliederrat die Rede und vom Chaos-Club 1. FC Köln. Fakt ist , dass die anwesenden Mitglieder des Mitglieder-geführten Vereins mehrheitlich ihrer Unzufriedenheit darüber Luft gemacht haben, dass ihr Club in die 2. Bundesliga abgestiegen ist und die FIFA ihm eine einjährige Transfersperre aufgebrummt hat. Es gab Zeiten, in denen Vorstand und Geschäftsführung des FC für solche Verfehlungen tagelang durchs Dorf getrieben worden wären. Im Jahr 2024 blieb es bei einer Nicht-Entlastung eines nicht-operativ tätigen Gremiums des Vereins – ein gehöriger Denkzettel also.

Die Versammlung war vor der Abstimmung in für FC-Verhältnisse ruhigen, sachlichen und geordneten Bahnen verlaufen. Finanz-Geschäftsführer Philipp Türoff hatte herausragende Kennzahlen mitgebracht und Marketing-Chef Markus Rejek konnte von großen Sponsorendeals und weiteren vielversprechenden Projekten berichten. Sogar das Thema „Ausbau Geißbockheim“ ist nach zehn Jahren mittlerweile auf einem guten Weg.

Den Umgang der Verantwortlichen mit dem CAS-Urteil und dem Abstieg aber wollte ein größerer Teil der Mitgliedschaft trotz der Aufarbeitung durch Vorstand und Geschäfstführung nicht einfach so stehen lassen. „Wir haben beim CAS-Urteil keine Pflichtverletzungen des Vorstands erkannt. Dennoch zeigt es ein Problem, das wir schon länger bemängeln: Ein geregeltes Risikomanagementsystem. Erst mit Nachdruck des Mitgliederrats wurde dies angegangen und entwickelt“, kritisierte Ho-Yeon Kim den Vorstand.

Wolf und Sauren erklärten, dass sie trotz der Abstrafung durch die Mitgliederversammlung „mindestens“ bis zum Ende ihrer Amtszeit im Jahr 2025 weitermachen werden. Wettich hat sich wohl Bedenkzeit erbeten. Sollte ein Vorstandsmitglied vorzeitig von seinem Amt zurücktreten, entsendet der neue Mitgliederrat aus seinen Reihen ein Vorstandsmitglied bis zur Wahl eines neuen Vorstands auf der Jahreshauptversammlung 2025.

„Wir nehmen die Situation nach der Mitgliederversammlung ernst. Einen Teil unserer Mitglieder konnten wir abholen. Der andere Teil hat mit dem Votum nachvollziehbar seine Kritik nach dem Abstieg und der Transfersperre zum Ausdruck gebracht“, erklärte Werner Wolf und gab die Marschroute für die kommenden Monate aus, in denen der Dialog zwischen Mitgliedrrat und Vorstand weiter intensiviert werden soll: „Gleichzeitig ist es unser Ansporn, in den kommenden Wochen und Monaten diesen Mitgliedern unseren Weg noch besser zu vermitteln und ihr Vertrauen zurückzugewinnen. Wir sind der festen Überzeugung, dass es nach der letzten Saison richtig war, auf Kontinuität zu setzen.“

Der Vorstand hatte erst zwei Tage vor der Mitgliederversammlung davon erfahren, dass der Mitgliederat eine Empfehlung der Nicht-Entlastung aussprechen würde. Trotz intensiver Gespräche konnten Wolf&Co den Mehrheitsbeschluss ihres Aufsichtsgremiums nicht mehr kippen und mussten es auf die Entscheidung der Mitglieder ankommen lassen.