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Vor der WahlCDU-Mann Frank-Peter Twilling putzt in Waldbröl Klinken gegen den Rechtsruck

Lesezeit 5 Minuten
Zu Fuß unterwegs im Waldbröler Bezirk Maibuche rund um den Sportplatz ist der CDU-Kandidat Frank-Peter Twilling. Er tritt dort zum ersten Mal an.

Zu Fuß unterwegs im Waldbröler Bezirk Maibuche rund um den Sportplatz ist der CDU-Kandidat Frank-Peter Twilling. Er tritt dort zum ersten Mal an.

Der bald 70 Jahre alte Kandidat für den Wahlbezirk Maibuche ist seit Wochen zu Fuß unterwegs, um Menschen zu besuchen, Gespräche zu führen.

„Da kommt wieder dieser seltsame Oberberger.“ Frank-Peter Twilling ahnt, dass dieser Satz in den Haushalten der Waldbröler Maibuche längst die Runde macht. Seit Wochen nämlich läuft der bald 70-Jährige kreuz und quer durch diesen Bezirk des Stadtteils Isengarten, putzt die Türklinken, sucht das Gespräch. Bei der anstehenden Kommunalwahl am 14. September tritt der frühere Kreisbrandmeister und heutige Geschäftsführer des Waldbröler „Kaufhauses für Alle“ dort zum ersten Mal für die CDU an – und gegen die AfD, wie Twilling gerne betont.

Wobei erst nach dem Stichtag 7. Juli klar ist, ob die blaue Partei sich in Waldbröl überhaupt ins politische Stadtgeschehen wirft. Jüngst hat der frühere, in Reichshof lebende Bundestagsabgeordnete Eugen Schmidt in den Sozialen Medien jedoch angekündigt, die AfD werde in der Marktstadt künftig zu „Politischen Stammtischen speziell für Russlanddeutsche“ einladen.

Seinen alten Wahlbezirk Alsberg hat der Waldbröler CDU-Mann für die neue Herausforderung aufgegeben

Auf der Maibuche haben viele Menschen ebendiese Wurzeln. „Sie fühlen sich nicht gehört und erst recht nicht verstanden“, berichtet Frank-Peter Twilling aus seinen Gesprächen, in denen auch Gewalt und Verfolgung Themen waren. „Jetzt müssen wir ihnen zeigen, dass sie bei den demokratischen Parteien besser aufgehoben sind.“ Als CDU-Kandidat folgt Neuling Twilling auf Mehdi Shaykhan, der bei der jüngsten Kommunalwahl im Jahr 2020 dort ein Direktmandat für den Stadtrat holte (38 Stimmen, 27,14 Prozent).

Alsberg, seinen bisherigen Wahlbezirk, hat der Christdemokrat für diese Herausforderung abgegeben – und das, nachdem Jürgen Köppe, Vorsitzender des Stadtverbandes, dieser Zeitung gesagt hatte, es sei nahezu unmöglich „in diese Kreise zu kommen“. Gemeint war die potenzielle AfD-Wählerschaft. Zudem sprach Köppe von „einer gewissen Resignation, Frust und Ohnmacht in den eigenen Reihen“.

Noch stehen in Waldbröl zwei Entscheidungen über die Bestzungen des Wahlbezirks Maibuche aus

Auch die übrigen Parteien und Gemeinschaften mit einer Fraktion im Stadtrat nominieren Bewerberinnen und Bewerber, bei der UWG ist dies bereits und erneut Horst Steffens, die SPD setzt ein weiteres Mal auf Marie Schöbel. FDP und Grüne wollen Ende dieses Monats oder im kommenden entscheiden.

Es gilt aber als höchstwahrscheinlich, dass die Liberalen zum zweiten Mal Xenia Wojtyniak (38) benennen: 2020 hat die Bürokauffrau, die vor 27 Jahren aus Kasachstan nach Deutschland gekommen ist, bei der Wahl des Waldbröler Rates 21 Stimmen geholt, das waren damals 15 Prozent. Für die Grünen – angetreten ist die Architektin Susanne Schneider-Jacobs – setzten 14 Menschen ihr Kreuz, das waren zehn Prozent.

Bei der Bundestagswahl im Februar waren in der Marktstadt 14.227 Menschen stimmberechtigt, davon leben 597 im Bezirk 040, der Maibuche. Die Wahlbeteiligung lag dort bei 52,09 Prozent, in Waldbröl bei 78,45 Prozent insgesamt: Von 302 gültigen Stimmen bei 311 eingeworfenen Wahlzetteln entfielen auf der Maibuche 206 Erststimmen oder 68,21 Prozent auf die AfD, es folgten die CDU (36 Stimmen, 11,92 Prozent) und Die Linke (22, 7,28).

Ein Problem-Handy soll Sorgen und Nöte direkt ans Ohr des Waldbrölers bringen

„Für die Kommunalpolitik sind solche Zahlen nicht wichtig, denn die Kommunalpolitik sieht ganz anders aus“, findet indes CDU-Mann Twilling, der zudem ein „Problem-Handy“ einrichten will, damit Sorgen und Nöte auf der Maibuche direkt an sein Ohr gelangen. „Wir müssen den Menschen einfach helfen – egal wie“, findet er. „Schließlich müssen wir in einer Kleinstadt am Ende alle miteinander zurechtkommen.“ Auch von ersten, sozusagen zarten Erfolgen erzählt der Waldbröler: „Am Ende des einen oder anderen Gesprächs an der Haustür oder sogar im Wohnzimmer wurde mir angedeutet, man überlege umzuschwenken.“

Überrascht habe ihn bisweilen die Offenheit: „Einige derjenigen, die ich besucht habe, waren sehr fair und haben offen zugegeben, dass sie die AfD gewählt haben oder wählen wollen.“ Die meisten hätten aber auch gesagt, dass sie noch einen Kontakt zur lokalen Politik hatten. Das zeigen wohl auch Zahlen: Von 782 Wahlberechtigten insgesamt traten 2020 auf der Maibuche nur 19,44 Prozent an die Urne – so wenige also wie nirgendwo sonst in der Stadt.

Dass dort Kommunalpolitik gelingen kann, davon ist der gelernte Bankkaufmann Frank-Peter Twilling felsenfest überzeugt: „Nicht zuletzt, weil wir mit Larissa Weber eine Bürgermeisterin haben, die auch auf der Maibuche ein hohes Ansehen genießt.“ Über die kirchlichen Gemeinden und das Nachbarschaftsbüro in Eichen will der CDU-Kandidat weitere Kontakte knüpfen, die am Ende die AfD Stimmen kosten sollen. Und bis zum Wahltag will er auf der Maibuche auch die letzten Straßenzüge abgeklappert haben.


Der Kandidat der UWG: Horst Steffens

Horst Steffens tritt im Waldbröler Wahlbezirk „Maibuche“ für die UWG an – und das bereits zum zweiten Mal. Bei der jüngsten Kommunalwahl 2020 hat der heute 75-Jährige 37 Stimmen (26,43 Prozent) geholt – nur ein Votum weniger als der CDU-Mann Mehdi Shaykhan. Über die Reserveliste ist Steffens, Kraftfahrer im Ruhestand, dann in den Stadtrat eingezogen.

Horst Steffens ist der Kandidat der Waldbröler UWG für den Wahlbezirk Maibuche.

Horst Steffens ist der Kandidat der Waldbröler UWG für den Wahlbezirk Maibuche.

„Ich kenne durch meine Fahrten am Lenkrad des Bürgerbusses auf der Maibuche sehr viele Menschen, auch leben dort viele ehemalige Arbeitskollegen“, verrät Steffens, wie er mit den Menschen in dem Bezirk ins Gespräch kommen will. Die Arbeit, die seine Fraktion in der Politik leiste, werde anerkannt, urteilt der Waldbröler. „Und deswegen hoffe ich auf ein Wahlergebnis, das für mich nicht schlechter ausfällt als das vorherige.“ Zudem hofft er, dass die AfD keine Kandidatin oder einen Kandidaten aufstellt, „denn das wäre fatal für unsere Stadt“.

Leider hätten viele Menschen bis heute nicht verstanden, was für eine Partei die AfD sei. „Umso wichtiger ist es, im Wahlkampf mit den richtigen Argumenten zu punkten“, betont Horst Steffens.


Die Kandidatin der SPD: Marie Schöbel

Marie Schöbel ist auf der Maibuche ebenfalls keine Unbekannte: Die 29 Jahre alte Pädagogin ist auch 2020 dort angetreten, damals sicherte sich die Lehrerin der Leonardo-da-Vinci-Schule in Morsbach 30 Stimmen (21,43 Prozent). Stadtverordnete ist sie seit April 2023.

Marie Schöbel ist die Kandidatin der Waldbröler SPD für den Wahlbezirk Maibuche.

Marie Schöbel ist die Kandidatin der Waldbröler SPD für den Wahlbezirk Maibuche.

Gezögert habe sie nicht, als die Partei fragte, ob sie erneut auf der Maibuche antreten würde, sagt Schöbel. „Meine starke Verbundenheit mit meiner Heimatstadt und die multikulturelle Bevölkerung, die ich unterstütze, motivieren mich für diese Aufgabe.“ Aus dem Wahlkampf damals habe sie gelernt, dass man trotz aller Schwierigkeiten mehr auf die Menschen zugehen müsse. „Da viele Wählerinnen und Wähler dort einen Migrationshintergrund haben, möchte ich versuchen, diese mit einem Programm in einfacher Sprache zu erreichen“, schildert die Sozialdemokratin.

Dabei setze sie dann auch verstärkt auf Social Media. „Es ist wichtig, der AfD nicht das Feld zu überlassen.“ Sie wolle den Menschen im Bezirk zudem klarzumachen, dass ihre Anliegen Gehör finden. „Es ist schwierig, die Motivation hinter dem extremen Wahlverhalten zu verstehen.“