Bei seinem letzten Neujahrsempfang zieht der Mechernicher Bürgermeister Bilanz seiner 26-jährigen Amtszeit – und scherzt über seine Zukunftspläne.
NeujahrsempfangMechernichs Bürgermeister Schick zieht Bilanz und prangert Hetze im Netz an

Vertreter der Stadtgesellschaft, Politiker und Bürgermeister aus dem Kreis, der CDU-Landtagsabgeordnete Klaus Voussem (vorne, 2.v.l.) und Landrat Markus Ramers (rechts neben ihm) waren zum Neujahrsempfang in die Aula des Gymnasiums am Turmhof gekommen.
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Zum 22. Mal begrüßte Mechernichs Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick die Stadtgesellschaft zum Neujahrsempfang. Und das gleich zu einem Doppeljubiläum. Die Verleihung der Stadtrechte vor 50 Jahren bestimmt dieses Jahr. Nachträglich gewürdigt wurde bei der Gelegenheit auch die Erinnerung an die Ansiedlung der Bundeswehr am Bleiberg vor 66 Jahren.
In der fast restlos gefüllten Aula des 1969 gegründeten Gymnasiums am Turmhof wehte, wenn man das so nennen will, ein Hauch von Abschiedsstimmung. Denn Schick wird am 31. Oktober, nach 26 Dienstjahren, sein Amt aufgeben.
Zur Wiederwahl bei der Kommunalwahl am 14. September tritt er nicht mehr an. Damit ist Schick mehr als die Hälfte der Zeit ihres Bestehens Verwaltungschef der Kommune gewesen, die am 1. Oktober 1975 die Stadtrechte erhielt. Vor 50 Jahren.
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Zu seinem letzten Neujahrsempfang hatte Dr. Hans-Peter Schick (v.l.) auch Schulleiter Micha Kreitz und den Standortältesten Jochen Schnabel eingeladen.
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Schick hat mit seinen Räten und dem Rathausteam die Entwicklung der Stadt vom einstigen Bergbaudorf zum Mittelzentrum von 44 Ortsteilen begleitet und gestaltet. Ihn als einen der Architekten der modernen Stadt Mechernich zu bezeichnen, ist nicht abwegig. Und ein bisschen gestand sich Schick in seiner Ansprache zum Neujahrsempfang diese Rolle auch selber zu, als er Bilanz zog.
Mechernicher Bürgermeister spricht über Hetze im Internet
Doch zunächst ging es um Privates. Er erinnere sich an „schwierige Zeiten für meine Ehefrau und unseren Sohn“, die er als Verwaltungschef erlebt habe: „Hetze im Netz, Strafanzeigen wegen gefährlicher Körperverletzung im Zusammenhang mit der Blei-Thematik, Drohbriefe wegen der Unterbringung von Flüchtlingen sind nur die Spitze des Eisbergs, der sich in nunmehr fast 26 Jahren aufgetürmt hat“, so Schick.
Zentraler in seiner Rede aber war anderes. Etwa die „bis heute angespannte Finanzlage der Kommunen“. Schick kritisierte in diesem Zusammenhang, dass „über Jahrzehnte“ aus seiner Sicht notwendige Strukturreformen in Rente, Gesundheit, Pflege und der „Sozialpolitik im Allgemeinen“ unterblieben seien – „weil sie Wählerstimmen kosten“. Vor Ort sei zudem die Kreisumlage das, was auch den städtischen Haushalt belaste. Er sei überzeugt, dass es auch aufgrund des Fachkräftemangels speziell in den kleineren Kommunen zu einer neuen Kommunalreform kommen müsse.

Das Blechbläserquintett des Heeresmusikkorps umrahmte den Empfang, etwa mit einer Interpretation von Metallicas „Nothing Else Matters“.
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Einer solchen verdankt Mechernich mit Stichtag 3. Oktober 1975 auch seine Stadtrechte, inhaltlich untermauert mit der Ansiedlung der Bundeswehr vor schon 66 Jahren auf dem Gelände der ehemaligen Bleibergwerke. Heute sei die Stadt, Mittelzentrum für 44 umliegende Ortschaften und Verwaltungssitz, unter anderem auch zum Schulzentrum geworden.
Pappa ante portas: Kleiner Seitenhieb in Richtung der Parteifreunde
Seit seinem Dienstantritt 1999 bis zum Jahr 2028 werde man 51 Millionen Euro in die Schullandschaft investiert haben, so Schick. Als weitere Erfolgsgeschichten in seiner Amtszeit bezeichnete er neue Wohn- und Gewerbegebiete, die Ansiedlung von Betrieben, den Neubau des Rathauses, den Bahnhofberg-Durchstrich und den neuen barrierefreien Bahnsteig.
Der Bundeswehrstandort Mechernich habe hingegen eine wechselvolle Geschichte. Er habe immer mal wieder zur Disposition gestanden, sei aber mittlerweile gesichert. Schick zum Zusammenhalt zwischen der Stadt und ihrer Kaserne: „Was wäre unsere Stadt heute ohne die vielen Soldatinnen und Soldaten, die hier gedient haben? Und teilweise schon in der dritten Generation mit ihren Familien in Mechernich wohnen und eine neue Heimat gefunden haben.“
Schick war in seinen 26 Dienstjahren nie unumstritten, das gab der Bürgermeister selbstkritisch zu. Doch in den politischen Ruhestand tritt das CDU-Mitglied am 1. November nicht. Er kandidiere für den Kreistag. Ein Entschluss, der offenbar in Teilen der CDU-Kreistagsfraktion einen verschreckten Pappa-ante-portas-Effekt ausgelöst hat.
Schick beruhigte: Er werde, falls er gewählt werde, „friedlich sein“. Sofern die Fraktion das umsetze, was der selbstbewusste Alt-Bürgermeister sich so vorstelle, fügte er launig an. Unstrittig positiv hingegen ist offenbar die Resonanz auf seine Bereitschaft, den Vorsitz des Fördervereins des Hospizes Stella Maris beim Sozialwerk Communio in Christo zu übernehmen.
Krieg in der Ukraine wirkt sich auch auf Mechernicher Kaserne aus
Neben Micha Kreitz, dem Schulleiter des städtischen Gymnasiums am Turmhof in Mechernich, der als Hausherr beim Neujahrsempfang ein Grußwort sprach – seit dem ersten Abiturjahrgang 1972 bis zum aktuellen 2024 haben mehr als 3100 Schüler hier die Allgemeine Hochschulreife erlangt –, konnte der Standortälteste Oberstleutnant Jochen Schnabel die Bleibergkaserne der Bundeswehr vorstellen.
Sie feierte im vergangenen Jahr ihr 65-jähriges Bestehen. Mehr als 800 Soldaten und zivile Beschäftigte in mehr als zehn verschiedenen Dienststellen und Vertretungen von Dienststellen sind hier stationiert oder haben hier ihren Arbeitsplatz.
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat uns gezeigt, wie wichtig eine gut funktionierende und einsatzbereite Bundeswehr ist
Zur aktuellen Lage der Bundeswehr äußerte sich Schnabel auch. „Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat uns gezeigt, wie wichtig eine gut funktionierende und einsatzbereite Bundeswehr ist“, so der Soldat. Dabei komme es auch auf die Logistik an, für die die Bleibergkaserne von Beginn an vorgesehen war.
„Logistik ist das Rückgrat jeder militärischen Operation“, so Schnabel. Man sehe in der Ukraine, wie wichtig schnelle Nachschubwege seien. Diese Transportkapazitäten müssten „ausgebaut werden“, so der Offizier.
Oberstleutnant Schnabel äußerte sich zudem zum Thema Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht: „Das Thema Wehrpflicht, Soziales Jahr, oder wie immer Sie es nennen mögen, muss offen diskutiert und auch entschieden werden.“ Es sei an der Zeit, die „notwendigen Schritte zu unternehmen, um unsere Streitkräfte fit für die Zukunft zu machen und die Zusammenarbeit mit den zivilen Stellen zu diskutieren“.