Eifelland – Ob es alter Wein in neuen Schläuchen oder ein frischer Energieschub für ein seit vielen Jahren auf seine Realisierung wartendes Infrastrukturprojekt ist, wird sich zeigen. Mit der Gründung der neuen Initiative „A1-Lückenschluss“ soll dem Bauvorhaben nach dem Willen der veranstaltenden Industrie- und Handelskammern Aachen, Trier und Koblenz bessere Akzeptanz und Aufmerksamkeit zuteil werden. Rund 120 Zuhörer waren dazu ins Holzkompetenzzentrum Nettersheim gekommen. Darunter waren auch Gegner des Bauvorhabens.
Mit dem Titel „Lückenschluss statt Sackgasse“ hatten die Veranstalter schon bei der Ankündigung des Forums keinen Zweifel an ihrer Zielsetzung gelassen.
Und so sprach auch Michael F. Bayer, der Hauptgeschäftsführer der IHK Aachen, einen Wunsch aus: „Ich hoffe, dass wir uns alle beim Spatenstich wiedersehen“. Bald 50 Jahre, seitdem im Jahr 1970 eine erste Linienfestlegung der Trasse erfolgte, wird über die Umsetzung des Lückenschlusses diskutiert. 25 Kilometer stehen noch aus.
Mit Spatenstichen hat NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst mittlerweile einige Erfahrung. „Seit ich im Amt bin, war ich bei 20 Spatenstichen“, sagte er beim Forum. Davon sei bei 14 Projekten die Planungszeit länger, als er alt sei: „Und ich bin 43 Jahre alt.“ Jedem sei die Bedeutung des Vorhabens klar. Bei der A1 gehe es um den Lückenschluss zwischen Hamburg und Marseille.
„Diese 25 Kilometer sind fast beschämend, weil man Ihre Region von ihren Möglichkeiten abgeschnitten hat“, sagte Wüst und berichtete von seinen Erfahrungen bei der Durchfahrt durch die Orte zwischen dem derzeitigen Ausbauende bei Blankenheim und Kelberg: „Man gehört da eigentlich nicht hin.“
2018 sei die Planfeststellung in Rheinland-Pfalz für den Abschnitt zwischen Kelberg und Adenau erfolgt. In NRW habe der Landesbetrieb Straßen eine optimierte Trasse vorgestellt, die das FFH-Gebiet umgehe und auch die Zustimmung der Umweltbehörde habe. „Das ist eine machbare und rechtssichere Lösung“, warb er um Zustimmung.
NRW-Verkehrsministerium: Fünf Mitarbeiter arbeiten an A1-Lückenschluss
Fünf Mitarbeiter arbeiteten in seinem Ministerium an der Umsetzung des Lückenschlusses. Die Planfeststellung solle 2023 erfolgen. „Das ist keine Raketengeschwindigkeit, aber wenn es so läuft, ist es gut gelaufen“, sagte Wüst.
Die Initiative
Gegründet wurde in Nettersheim die Initiative „A1-Lückenschluss“. Sie soll als zentrale Plattform dienen, um für das Infrastrukturprojekt zu werden. Zu den Unterstützern zählen neben den Kammern Aachen, Koblenz und Trier weitere Verbünde wie die Metropolregion Rheinland, die Zukunftsinitiative Eifel, DGB Region NRW Süd-West, Initiative Region Trier, Vereinigung Trierer Unternehmer in der Region Trier und die Arbeitsgemeinschaft Rheinland-Pfalz.
„Einen Strukturwandel in der Eifel wird es ohne A1 nicht geben“, so Michael Bayer, Hauptgeschäftsführer der IHK Aachen. Die Initiative solle die Kräfte der Befürworter bündeln. Sie seien eingeladen, das Vorhaben mit ihrem Namen zu unterstützen. „Die Initiative wird so lange bestehen, bis die Lücke geschlossen ist“, kündigte er an. (sev)
Konkreter wurde Thomas Ganz vom Landesbetrieb Straßen NRW, der die Arbeitsgruppe zum Lückenschluss leitet. Bis zum Jahresende solle das Deckblatt, das Aspekte wie Lärmschutz und Entwässerung umfasse, fertig sein. Man sei bereits in die Vorplanung eingestiegen.
Im Februar seien Baugrunduntersuchungen für den geplanten Tunnel abgeschlossen worden, bis Jahresende sollen die faunistischen Untersuchungen folgen. Ende der Woche werden laut Ganz erste Ausschreibungen für Planungsleistungen veröffentlicht.
Planungen in Rheinland-Pfalz schon weiter
Die Kollegen in Rheinland-Pfalz seien weiter, erläuterte Klaus Noll, Referent für Straßenplanung im Landesverkehrsministerium: „Unser Ziel ist, dass wir bis 2021 Baurecht haben.“ 270 Einwendungen seien eingereicht worden, die nun bearbeitet werden müssten: „Es kommt dabei nicht auf die Menge, sondern auf die Qualität an.“
Viele Argumente für den Lückenschluss lieferte das Podium in der abschließenden Diskussion. Kirsten Jahn, Geschäftsführerin der Metropolregion Rheinland, Heinz-Peter Thiel, Landrat Vulkaneifel, MdL Klaus Voussem (CDU), Klaus Noll, Verkehrsministerium Rheinland-Pfalz, Peter Greven, Unternehmer aus Bad Münstereifel, und Hermann-Josef Droege, Stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Siegen, widmeten sich mit Moderator Dr. Günter Schaible, Geschäftsführer der IHK Aachen, der Thematik.
Welche Folgen die fehlenden Autobahnkilometer für die Unternehmen der Region haben, beschrieb Rudolf Müller, Spediteur aus Mehren in der Eifel: „30 meiner 40 Lkw fahren in Richtung Norden.“ Derzeit sei dafür ein Umweg von 50 Kilometern erforderlich: „Das bedeutet für jeden dieser 30 Lkw einen Verlust von 80 Euro pro Tag.“
A45 dreimal mehr belastet als geplant
Droege skizzierte die Planung der A45, die von Dortmund aus durch seine Region führt. Ursprünglich sei sie für 22000 Fahrzeuge pro Tag konzipiert worden. Mittlerweile seien es 70 000. „Wir sind die industriestärkste Region in NRW und wir haben ein Schwerlastproblem“, führte er aus. Deshalb solle die A45 von vier auf sechs Spuren ausgebaut werden, ein Projekt im Umfang von rund drei Milliarden Euro.
Die Gegner
Schon bei der Anfahrt konnten die Teilnehmer feststellen, dass bei dem Forum auch die Gegenargumente zur Sprache kommen würden. Mit etwa zehn Gegnern des Lückenschlusses und Protestplakaten zeigte der Nabu im Kreis Euskirchen Präsenz.
Auch in der Veranstaltung kamen die Gegner zu Wort. Dabei fiel der sachliche Umgang trotz gegensätzlicher Positionen auf. Als das Podium sich den Fragen des Publikums stellte, ergriff als erster Volker Hoffmann vom BUND das Wort und verwies darauf, dass die B51 eine Alternative zur geplanten Trasse sei. „Die Eifel ist das Herz Europas, und das Herz darf nicht zerschnitten werden“, forderte er.
Damit die aufwendige Planung nicht durch Gerichtsverfahren blockiert werde, seien IHKs in der Region aktiv geworden und auf die Anwohner zugegangen: „Wir wollen maximale Offenheit.“
Die Bildung von Bürgerinitiativen solle durch ein Bündel von Maßnahmen verhindert werden. Dazu gehörte etwa ein Fotowettbewerb, bei dem die Autobahnbrücken ins Bild gesetzt wurden. „Wie können wir die Menschen mitnehmen“, sei die Frage gewesen. Denn eines sei klar: „Ohne die A45 wäre die Region heute eine Pampa.“