SPD-Landesvorsitzende Sarah Philipp verlangt auch von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) Aufklärung. Mutmaßliche Teilnehmerinnen aus Oberberg lehnen indessen einen Kommentar ab.
Treffen rechter KreiseWerteunion-Vertreterinnen bei Geheimtreffen – Wüst soll aufklären
Nach Bekanntwerden eines Geheimtreffens von Rechtsextremisten mit AfD-Politikern, Unternehmern und Mitgliedern der „Werteunion“ zu Vertreibungsplänen von Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland hat die SPD-Landesvorsitzende Sarah Philipp auch von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) Aufklärung verlangt.
„Die CDU muss ihrem eigenen Anspruch als Brandmauer gerecht werden, indem sie Mitglieder schnellstmöglich ausschließt, die an solchen Runden teilnehmen. Hendrik Wüst muss als Parteivorsitzender in seinem Landesverband sicherstellen, dass es sich um Einzelfälle handelt und keine weiteren Mitglieder in derartigen Runden verstrickt sind“, erklärte Philipp am Donnerstag.
CDU-Gliederungen sollen Frauen mit Vorwürfen konfrontieren
Das Treffen im November in Potsdam war durch Recherchen des Journalistennetzwerks „Correctiv“ bekanntgeworden. Mehrere Teilnehmer hatten es bestätigt. Der Rechtsextremist Martin Sellner hatte bei der Zusammenkunft einen Plan vorgestellt, Millionen Menschen mit ausländischen Wurzeln aus Deutschland auszuweisen. Sellner selbst hat seinen Vortrag über „Remigration“ bestätigt.
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An der Runde hatten der Berichterstattung zufolge auch zwei Frauen aus der „Werteunion“ in NRW teilgenommen. Beide Frauen, die ehemalige CDU-Ratsherrin Simone Baum aus Engelskirchen und Michaela Schneider aus Morsbach, lehnten gegenüber der Rundschau jeden Kommentar ab. Baum ist Landesvorsitzende der Werteunion NRW, Schneider ist Werteunions-Vize in NRW und gehört dem CDU-Wirtschaftsflügel MIT an. Baum wollte ihre Teilnahme weder bestätigen noch dementieren und betonte, sie sei Demokratin. Ein weiterer Teilnehmer aus den Reihen der CDU war der früher in Köln, heute in Berlin tätige Jurist Ulrich Vosgerau, der seine Anwesenheit und seine Parteimitgliedschaft der Rundschau bestätigt hatte.
CDU soll sich klar positionieren
SPD-Chefin Philipp forderte von der CDU „eine klare Positionierung und sichtbare Konsequenzen“. Aus CDU-Kreisen hieß es am Donnerstag, die Landesparteizentrale gehe der Sache bereits nach und habe die entsprechenden Parteigliederungen gebeten, die Frauen mit den Vorwürfen zu konfrontieren. Man sei über den Verdacht schockiert. „Zu den möglichen Konsequenzen und Ordnungsmaßnahmen verweisen wir auf das Parteiengesetz sowie unsere Satzung. Grundsätzlich gilt: Wer an solchen Treffen teilnimmt, verstößt gegen die Grundsätze der CDU“, so Breuer. Auch der oberbergische CDU-Kreisvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Carsten Brodesser und der Landtagsabgeordnete und frühere NRW-CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen distanzierten sich. Löttgen sprach von „braunem Morast“ und verwies auf Überlegungen, zu prüfen, ob eine Mitgliedschaft in der CDU mit der in der Werteunion vereinbar sei.
Der Berliner CDU-Landesgeschäftsführer Dirk Reitze erklärte der Rundschau, aus datenschutzrechtlichen Gründen könne man Vosgeraus Mitgliedschaft nicht bestätigen. Reitze: „Wir können Ihnen aber mitteilen, dass Personen, die sich bei Veranstaltungen engagieren, bei denen verfassungsfeindliche Ideen zur Vertreibung von Menschen aus unserem Land hofiert werden, nichts mit unserer CDU gemein haben. Diese menschenverachtenden Ideen stehen komplett konträr zu dem Menschenbild und den Grundwerten der CDU.“
Scholz: Wir schützen alle hier lebenden Menschen
Inzwischen hat auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf die Enthüllungen reagiert. Er betonte den Schutz aller in Deutschland lebenden Menschen durch das Grundgesetz. „Wir schützen alle – unabhängig von Herkunft, Hautfarbe oder wie unbequem jemand für Fanatiker mit Assimilationsfantasien ist“, so der Kanzler. Wer sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richte, sei ein Fall für den Verfassungsschutz und die Justiz.
Die „Werteunion“ ist keine Parteigliederung von CDU oder CSU, auch wenn sie vorgibt, deren konservativen Markenkern zu bewahren. Ministerpräsident Wüst hat sich stets von dem Verein scharf abgegrenzt.
Trotz der Debatte über mögliche radikale Ziele der AfD kommt diese auf starke Umfragewerte. Nach einer Forsa-Umfrage für RTL/ntv käme sie AfD in Thüringen, Brandenburg und Sachsen auf über 30 Prozent (siehe Grafik). In allen drei Ländern stehen im September Landtagswahlen an. (mit dpa)