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Rückkehr zu WehrpflichtNRW-Ministerpräsident Wüst ist skeptisch

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Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU).

Debatte um die allgemeine Wehrpflicht: NRW-Ministerpräsident Hendrick Wüst bezweifelt, dass Rekruten zur modernen Kriegsführung taugen.

In der wieder aufgeflammten Debatte über eine mögliche Rückkehr zur Wehrpflicht hat sich NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) skeptisch geäußert. Er habe gelernt, dass militärisches Gerät und die Art der modernen Kriegsführung heute so hochspezialisiert seien, „dass man das mit denen, die dann bei Wehrpflicht zur Verfügung stehen, in der Regel gar nicht so kann“, sagte Wüst in einem Sat.1-Interview.

Der Ministerpräsident, der selbst einst ausgemustert wurde, verwies auf Erfahrungen bei einem Besuch der Nato-Ostflanke in Litauen im vergangenen Herbst. Dabei hatte er sich mit Vertretern des Bundeswehr-Kontingents am Stützpunkt Rukla ausgetauscht, wo bis 2027 erstmals eine deutsche Brigade voll einsatzfähig aufgebaut und dauerhaft stationiert werden soll.

Wüst räumte zugleich ein, dass sich bei der Bundeswehr seit der Aussetzung der Wehrpflicht im Sommer 2011 durch den damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) das „Rekrutierungsthema“ verschärft habe: „Wir brauchen mehr, als einfach zu kriegen sind.“ Er nehme deswegen die Äußerungen des aktuellen Verteidigungsministers Boris Pistorius (SPD) „sehr ernst“, vermisse aber dessen konzeptionelle Vorstöße. „Ich will mich dem überhaupt nicht verschließen“, betonte Wüst.

Verteidigungsminister prüft Modelle zur Dienstpflicht

Pistorius hatte angekündigt, verschiedene Modelle einer neuen Dienstpflicht prüfen zu lassen. Unter anderem soll genauer untersucht werden, ob sich das schwedische Wehrpflichtmodell zur Nachahmung für Deutschland eignen könnte. Dabei werden alle jungen Frauen und Männer gemustert, um in Kontakt mit dem Militär zu kommen, auch wenn tatsächlich nur ein ausgewählter Teil am Ende Grundwehrdienst leistet.

CSU-Chef Markus Söder hatte sich dagegen jüngst klar für die Rückkehr zur Wehrpflicht mit einer Dauer von mindestens sieben Monaten ausgesprochen und die Aussetzung seines Parteifreundes Guttenberg als Fehler bezeichnet. Die Wiedereinführung gehe jedoch nicht über Nacht, weshalb Söder mindestens fünf Jahre Vorbereitungszeit ins Gespräch brachte, um die notwendigen Strukturen wieder aufzubauen.

CDU will keine Denkverbote in der Frage

Auch im Entwurf des neuen CDU-Grundsatzprogramms wird die Frage der Wehrpflicht aufgeworfen. Das Papier fordert zwar nicht explizit die Wiedereinführung, mahnt aber, es dürfe keine Denkverbote für die Zukunft mehr geben.

Wüst äußerte sich bei Sat.1 auch zur Frage einer EU-eigenen atomaren Abschreckungsstrategie, die der frühe Außenminister Joschka Fischer (Grüne) zuletzt gefordert hatte. „Ich würde da an keiner Stelle ein Stoppsignal setzen, denn die werden im Kreml nur als Schwäche ausgelegt“, sagte der NRW-Regierungschef, dem Ambitionen auf die Kanzlerkandidatur 2025 nachgesagt werden. „Wir müssen in der Lage sein, selber jeden Gegner abzuschrecken, der Europa angreifen will, notfalls auch ohne die Amerikaner.“