Die AfD ging mit einem dicken Polster in die Stichwahl um das Landratsamt im Saale-Orla-Kreis. Dennoch hat die Partei verloren.
Trotz Vorsprungs im ersten WahlgangAfD verliert Landratswahl in Thüringen – CDU-Kandidat siegt

Die AfD hat die Stichwahl um das Landratsamt im ostthüringischen Saale-Orla-Kreis verloren. CDU-Kandidat Herrgott setzte sich mit 52,4 Prozent der Stimmen gegen den AfD-Kandidaten durch, wie der Landeswahlleiter nach Auszählung aller Stimmbezirke mitteilte.
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Trotz eines deutlichen Vorsprungs im ersten Wahlgang hat die AfD die Stichwahl um den Landratsposten im ostthüringischen Saale-Orla-Kreis verloren. Der CDU-Kandidat Christian Herrgott setzte sich am Sonntag mit 52,4 Prozent der Stimmen gegen AfD-Mann Uwe Thrum durch, wie der Landeswahlleiter mitteilte. Thrum kam auf 47,6 Prozent. Die AfD hatte in dem Landkreis auf das bundesweite zweite Landratsamt nach Robert Sesselmann in Sonneberg, ebenfalls in Thüringen, gehofft.
Die Wahlbeteiligung stieg von 66 Prozent im ersten Wahlgang vor zwei Wochen auf nun 69 Prozent. Den ersten Wahlgang hatte Thrum mit 45,7 Prozent der Stimmen dominiert. Herrgott kam auf 33,3 Prozent. Herrgott gewann nun über 9000 Stimmen hinzu, Thrum rund 1700. Etwa 66.000 Menschen waren wahlberechtigt. Die Thüringer AfD wird vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft und beobachtet.
CDU fühlt sich gestärkt, AfD beklagt bundesweite Stimmung
Die CDU fühlt sich durch das Ergebnis gestärkt für die Landtagswahl in diesem Jahr. Das gebe ordentlich Rückenwind für September, hieß es von der Bundes-CDU auf der Plattform X, vormals Twitter. Thüringens CDU-Landeschef Mario Voigt schrieb auf X: „Gemeinsam im Bündnis mit den Bürgern haben wir die Kraft, die angebliche Alternative von Höcke zu schlagen.“ CSU-Chef Markus Söder schrieb: „Das gibt Hoffnung für den Herbst.“
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AfD-Landeschef Björn Höcke hingegen machte bundesweite Entwicklungen für das Ergebnis verantwortlich. Der Erfolg von Kandidat Thrum in der ersten Wahlrunde habe die Aufmerksamkeit des ganzen Landes auf den Kreis gelegt, äußerte Höcke auf X. „Und die gegnerischen Kräfte des ganzen Landes brauchte es, um in der Stichwahl das Blatt nochmal zu wenden.“ Ähnlich äußerten sich weitere AfD-Vertreter in Thüringen.
Zivilgesellschaft vor Ort mobilisierte gegen AfD
In den vergangenen Wochen waren deutschlandweit Hunderttausende Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen. In Thüringen und im Saale-Orla-Kreis mobilisierten Initiativen gegen die Wahl Thrums. Vor allem das Engagement der Zivilgesellschaft vor Ort habe zum Ausgang der Wahl beigetragen, sagte die Thüringer Linke-Landeschefin Ulrike Grosse-Röthig.
Der Wahlausgang bestätige „das Zusammenstehen der Demokratinnen und Demokraten“, hieß es vom Internationalen Auschwitz Komitee. Die Ablehnung, die sich in den vergangenen Tagen entwickelt habe, habe sicher auch Menschen in dem Kreis über die Stimmabgabe nachdenken lassen. Der Direktor der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, dankte der „demokratischen Mehrheit“ in dem Kreis. „Aber 47,6 Prozent für einen Mann, der mit Reichsbürgern und Neonazis paktiert, sind alarmierend.“
Die Wahl galt als erster Stimmungstest für die anstehenden Wahlen in Thüringen. Im Mai werden im Freistaat etliche Landrats- und Oberbürgermeistersessel neu besetzt. Am 1. September steht die Landtagswahl an. Die AfD liegt in Umfragen weit vorn, zuletzt erreichte sie stets Werte über 30 Prozent. Ähnlich sieht es in Sachsen und Brandenburg aus, wo im Herbst ebenfalls Landtagswahlen anstehen.
Niedriges Lohnniveau im Landkreis
Der ländlich geprägte Saale-Orla-Kreis liegt im Südosten Thüringens und grenzt an Bayern und Sachsen. Nach Daten der Statistischen Landesämter gehörte er 2021 mit 29.048 Euro brutto deutschlandweit zu den zehn Landkreisen mit den niedrigsten Gehältern pro Arbeitnehmer. Etwa 40 Prozent der Beschäftigten seien im Mindestlohnsektor, hieß es vom Deutschen Gewerkschaftsbund Hessen-Thüringen.
Der Kreis hat, wie andere Regionen Thüringens auch, mit sinkenden Einwohnerzahlen zu kämpfen: Während 1994 noch 103.000 Menschen dort lebten, waren es Ende 2022 rund 79.000 - die Hälfte davon war 50 Jahre und älter. Die größte Stadt Pößneck hat rund 12.000 Einwohner. (dpa)