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Wahl zum MinisterpräsidentenWarum Hendrik Wüst nun endgültig keine Randnotiz mehr ist

Lesezeit 4 Minuten
Hendrik Wüst in Düsseldorf

Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, steht nach seiner Wiederwahl vor der Staatskanzlei. 

Düsseldorf – Bisher war Hendrik Wüst ein Ministerpräsident, der eine Ernte einfuhr, die sein Vorgänger Armin Laschet gesät hatte. Einer, der bis zur Landtagswahl am 15. Mai Gefahr lief, als Kurzzeit-Ministerpräsident zur Randnotiz in der nordrhein-westfälischen Landesgeschichte zu werden. Doch nun blickt der CDU-Landeschef auf einen souveränen Wahlsieg zurück – und hat ein eigenes Profil.

Hendrik Wüst im ersten Wahlgang wiedergewählt

Schon im ersten Wahlgang wurde der 46-Jährige am Dienstag im Düsseldorfer Landtag im Amt bestätigt und wird nun die erste schwarz-grüne Koalition in NRW führen. 106 von 181 anwesenden Landtagsabgeordneten stimmten für Wüst. 74 stimmten mit Nein, es gab eine Enthaltung. Einen Gegenkandidaten hatte er nicht.

„Ich reiche allen demokratischen Fraktionen die Hände“, sagte Wüst nach seiner Wiederwahl. „Gemeinsam schaffen wir ein nachhaltiges Land, eine lebenswerte, sichere soziale Heimat. Das ist das Erbe, das ich unseren Kindern und Enkeln hinterlassen möchte.“

Applaus nicht nur von der eigenen CDU: Hendrik Wüst (Mitte) nach seiner Wiederwahl.

Für seine Wiederwahl benötigte Wüst mindestens 98 Stimmen, das schwarz-grüne Lager verfügt insgesamt über 115 Abgeordnete. Fünf von ihnen waren krankheitsbedingt entschuldigt. Das bedeutet, dass der alte und neue Ministerpräsident bei der Wahl nicht den vollen Rückhalt aus den beiden neuen Regierungsfraktionen hatte. Insgesamt waren nach Angaben von Landtagspräsident André Kuper (CDU) 14 von 195 Abgeordneten entschuldigt.

Vielleicht ein erster Fingerzeig, dass es nicht so leicht sein dürfte, das Bündnis aus ungleichen Partnern in den kommenden Jahren zu disziplinieren. Trotzdem: Wüsts Koalition verfügt im Gegensatz zu der seines Vorgängers Laschet über eine satte Mehrheit im Parlament. Und er ist der erste Unionspolitiker in NRW, der nicht nur von einem schwarz-grünen Bündnis geträumt, sondern tatsächlich eines geschmiedet hat.

Hendrik Wüst betont in seiner Rede die Historie

Der Bezug zur Landesgeschichte ist Wüst wichtig. Die Namen gleich dreier früherer Ministerpräsidenten baute nach seiner Wahl er in die fünfminütige Rede ein: Karl Arnold (CDU), Heinz Kühn (SPD) und Johannes Rau (SPD), drei Granden unter den Regierungschefs. Einer der bekanntesten Sätze von Arnold gelte auch in heutiger Zeit: „Nordrhein-Westfalen will und wird das soziale Gewissen der Bundesrepublik sein.“

Wüst betonte deshalb auch, dass das Ziel, NRW zur „ersten klimaneutralen Industrieregion Europas“ zu machen, aus seiner Sicht nur im Einklang mit sozialer Gerechtigkeit zu erreichen sei. „Der Schutz unseres Klimas und die Bewahrung der Schöpfung sind die größten Aufgaben unserer Zeit. Klima- und Artenschutz gelingt, wenn wir gleichzeitig die sozialen Errungenschaften garantieren“, sagte der Regierungschef.

Wüst umwarb anlässlich seiner Wiederwahl die anderen demokratischen Parteien im Landtag. Man dürfe sich nicht im parteipolitischen Kleinklein verlieren. SPD und Liberale, die Verlierer der Landtagswahl, haben allerdings schon klargestellt, dass sie es Schwarz-Grün nicht leichtmachen werden. Für SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty steht Wüst an der Spitze einer „Koalition der Besserverdienenden“.

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Kutschaty, der Wüst ebenso wie sein FDP-Pendant Henning Höne zur Wahl gratulierte, machte schon eine Stunde vorher vor dem Landtag Oppositionsarbeit. Er ermutigte die Demonstranten der „Volksinitiative Gesunde Krankenhäuser in NRW“, die 50000 Unterschriften für eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung gesammelt hat, weiter für den Erhalt der Krankenhauslandschaft im Land zu streiten.

Die Wiederwahl hebt den alten und neuen NRW-Ministerpräsidenten in die oberste Reihe der Unionspolitiker in Deutschland. Er könnte – wie der zweite neue Star der Union, Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther – mitmischen, wenn sich CDU und CSU in ein paar Jahren auf einen Kanzlerkandidaten einigen. Er hat jetzt ähnlich viel Gewicht in seiner Partei wie der Bundesvorsitzende der CDU, Friedrich Merz, wirkt aber frischer und smarter als der viel ältere Merz.

Am heutigen Mittwoch wird Wüst seine neuen Ministerinnen und Minister vorstellen, die gleich im Anschluss vereidigt werden. Damit endet die Regierungsbildung – und die Mühen der Regierungsarbeit beginnen. Die großen Krisen und Herausforderungen spielten in Wüsts Rede gestern keine Rolle. Inflation, explodierende Energiepreise, ausbleibende Gaslieferungen, der Krieg in der Ukraine – viel Stoff für die Regierungserklärung nach der Sommerpause.