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Rundschau-Debatte des TagesSind große Veranstaltungen noch vertretbar?

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Auch Duisburg öffnet ihren Weihnachtsmarkt nur für Geimpfte und Genesene.

Düsseldorf – Die Bilder von sorglos feiernden Jecken und die vielen Corona-Neuinfektionen lösen in NRW eine Diskussion über strengere Regeln für Großveranstaltungen im Freien aus. Zum Beispiel für Weihnachtsmärkte, Fußballstadien und Karnevalsfeiern.

Was plant die NRW-Regierung?

Sie prüft 2G im Freizeitbereich (Zugang nur für Geimpfte und Genesene), möchte aber abwarten, ob Bund und Länder bei ihrer Konferenz am Donnerstag ein einheitliches Vorgehen verabreden. Das NRW-Gesundheitsministerium teilte mit, dass „weitere Einschränkungen für nicht geimpfte Personen aufgrund des Infektionsgeschehens nicht ausgeschlossen werden können“. Bei den Karnevalsveranstaltungen in Köln habe 2G gegolten, erklärte das Ministerium. Stadt und Veranstalter dort hätten insgesamt einen guten Job gemacht. Es sei auch besser, wenn Menschen draußen unter strengen Hygiene- und Zugangsregeln feierten statt im „nicht geregelten Privatbereich“.

Noch etwas betont das Ministerium: Ein Verbot der Veranstaltungen auch für Geimpfte wäre rechtlich nicht verhältnismäßig und daher unzulässig gewesen. Mit der Impfung sei den Menschen auch die Rückkehr zu einem normaleren Leben versprochen worden. Ein Verbot von Veranstaltungen etwa rund um Karneval, St. Martin, Weihnachten, Sport und Kultur könne für viele Bürgerinnen und Bürger „Fragen nach dem Nutzen einer Impfung aufwerfen“.

Was sagt die Opposition angesichts der aktuellen Lage?

„Wenn überhaupt, lassen sich Veranstaltungen mit vielen Menschen nur mit klaren Regeln relativ sicher halten. Wollen wir beispielsweise Weihnachtsmärkte in den kommenden Wochen zu einigermaßen sicheren Orten machen, geht das nur mit 2G, besser noch 2G+“, sagte die Grünen-Landesvorsitzende Mona Neubaur unserer Redaktion. 2G+ bedeutet, dass auch Geimpfte und Genesene einen aktuellen Test benötigen. Die Grünen dringen auf landesweit einheitliche Regeln. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) stünden alle Möglichkeiten zur Verfügung und müsse diese nutzen, auch ohne Ministerpräsidentenkonferenz.

NRW-SPD-Chef Thomas Kutschaty sagte: „An der konsequenten Umsetzung einer 2G-Regel für größere Veranstaltungen führt in dieser Phase jetzt kein Weg mehr vorbei.“ Ministerpräsident Wüst solle hier „endlich handeln“, forderte Kutschaty.

Was sagen Mediziner und Forscher?

Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Dr. Hans-Albert Gehle, sagte: „Wir sind fast in einer schlimmeren Lage als zu Beginn der Pandemie. Große Veranstaltungen draußen sind nur noch vertretbar mit 2G, besser mit 2G+.“ Dies müsse bundesweit gelten. Außerdem sollten alle Teilnehmer bei Veranstaltungen Masken tragen sowie die Abstände einhalten. „Wenn die Menschen konsequent Masken tragen würden, kämen wir wohl mit 2G oder 2Gplus über den Winter. Leider sehen wir, dass sich zum Beispiel in Fußballstadien kaum jemand ans Maskentragen hält“, so der Arzt. Die Bereitschaft, Maske zu tragen, sinke leider generell. Wichtig sei auch Kontrolle: „Man kann einen kleinen Weihnachtsmarkt vernünftig kontrollieren, einen großen aber nicht.“ Sollten die Infektionszahlen weiter deutlich steigen, werde man darüber reden müssen, „auf Großveranstaltungen ganz zu verzichten“, erklärte Gehle. Zumindest müsse über neue Obergrenzen nachgedacht werden: „In Fußballstadien darf es nur noch 2G geben, und jeder Zuschauer muss einen Meter Platz neben sich haben und eine Maske tragen.“

Was derzeit in NRW erlaubt ist

Kirmessen, Weihnachtsmärkte und andere Großveranstaltungen im Freien sind in Nordrhein-Westfahlen möglich. Bei Veranstaltungen mit mehr als 2500 Besuchern dürfen nur Geimpfte, Genesene oder Getestete teilnehmen (3G). Die Einhaltung dieser Regelungen muss dann auch kontrolliert werden. Bei sehr großen Stadtfesten dürfen es aber auch „stichprobenartige Kontrollen“ sein. Das Tragen der Maske wird nur empfohlen, ist aber keine Pflicht.

Das Robert-Koch-Institut (RKI) sprach sich dafür aus, die Besucherzahl bei Großveranstaltungen einzuschränken oder sie ganz abzusagen.

Welchen Standpunkt vertreten die Städte?

„Die Entwicklung der Infektionszahlen in NRW macht den Kommunen Sorge. Auch weil sie viel Zeit und Sorgfalt in den sicheren Ablauf der Weihnachtsmärkte investiert haben“, erklärte Eckhard Ruthemeyer, Präsident des Städte- und Gemeindebundes NRW. Je nach Entwicklung der Lage würden die Kommunen ihre Auflagen nachschärfen. „Wir bauen darauf, dass Bund und Länder sich am Donnerstag auf einheitliche Kriterien verständigen.“

Der Leiter des Krisenstabes Düsseldorf, Burkhard Hintzsche, setzt darauf, dass bei Großveranstaltungen im Freien, zum Beispiel auch beim Fußball, möglichst bundesweit 2G – zusammen mit den bekannten Abstands- und Hygieneregeln – gelten sollte. Es sei noch nicht klar, ob die Kapazitäten, zum Beispiel im Karneval, eingeschränkt werden müssten. Die Stadt werde zeitnah analysieren, welche Folgen der Karnevalsauftakt dort hatte.