Köln – Mai 2026. Das galt vor sieben Monaten noch als Fertigstellungstermin für den geplanten Erweiterungsbau des Wallraf-Richartz-Museums & Fondation Corboud (WRM). Hier sollen einmal Gemälde aus der rund 170 Werke umfassenden Sammlung des verstorbenen Schweizer Kunstmäzens Gérard Corboud ausgestellt werden, die dieser als „ewige Leihgabe“ dem WRM vermacht hat. Doch das Datum ist längst Makulatur.
Nachdem Anfang August massive Probleme mit dem Baugrund neben dem WRM auf dem Gelände des ehemaligen Kaufhauses Kutz bekannt wurden (wir berichteten) ist klar: Die Eröffnung wird wohl „erst im Laufe des Jahres 2029 erfolgen können“. Das ist jedenfalls die Einschätzung, die Peter Jungen, der Vorsitzende des WRM-Stifterrats, in einem geharnischten Brief an Oberbürgermeisterin Henriette Reker, geäußert hat.
In dem Schreiben vom 2. August, das dieser Zeitung vorliegt, übt Jungen massive Kritik daran, dass die Stadt den Baugrund nicht früher untersucht und bis heute kein professionelles Projektmanagement eingesetzt habe. Bereits 2004, nach Abriss des Kaufhauses Kutz, habe die Stadt den Baugrund untersuchen können und müssen, so Jungen, spätestens aber nach dem Architektenwettbewerb 2013.
Stattdessen sei das Gelände der KVB überlassen und nichts unternommen worden. Man habe „bewusst oder unbewusst die Chance vertan, frühzeitig die Bodenverhältnisse zu prüfen“, was doch bei allen Bauprojekten in der Kölner Altstadt ein Muss sei, schreibt Jungen an Reker. Diese Aufgabe sei „von der Gebäudewirtschaft in fahrlässiger Weise unterlassen worden“. Über Jahre habe sich in der Stadtverwaltung „niemand mit dem Projekt identifiziert, auch nicht die Stadtspitze“, betont Jungen und bezieht damit OB Reker ausdrücklich in seine Kritik mit ein.
Sehr verärgert reagierte auch die Fondation Corboud auf die erneuten schlechten Nachrichten aus Köln. Auch sie beschwerte sich per Brief direkt bei der OB. „Mit nicht geringer Verwunderung müssen wir erneut über die Presse von den Verzögerungen (...) Kenntnis nehmen. Es stellt sich uns die Frage, ob die Stadtverwaltung überhaupt je willens war, den Erweiterungsbau, der bereits im Jahr 2001 angedacht wurde, zu erstellen“, schreibt Dr. Alfred Steinbrugger, Vizepräsident der Fondation Corboud, in einem Brief. Und er setzte Reker eine Frist: Bis 15. September soll sie über die Bestellung eines Projektmanagements, den voraussichtlichen Zeitpunkt für die Erteilung einer Baugenehmigung sowie den Zeitpunkt des Baubeginns Auskunft geben.
Steinbrugger erwähnt auch, dass er ein zweites Schreiben an die Mitglieder des Kölner Stadtrats geschickt hat. Darin stelle er die Frage, ob die Vertragsunterzeichnung zwischen der Stadt Köln und der Fondation Corboud über die Dauerleihgabe von 170 Gemälden „ernsthaftig war oder ob man nur versucht hat, die Sammlung Corboud zu erhalten und die Fondation Corboud über Jahrzehnte hinzuhalten“.
Drohung wahr gemacht
Die Stiftung mit Sitz in Vaduz (Liechtenstein) ist Eigentümerin der Kunstsammlung von Gérard Corboud und seiner aus Köln stammenden Frau Marisol. Bereits 2017 hatte die Witwe – genervt vom schleppenden Verlauf des Projekts – gedroht, Bilder aus dem WRM abzuziehen, und 2019 tatsächlich 19 Gemälde der Fondation Surpierre abtransportieren lassen.Die OB wollte sich auf Anfrage nicht äußern. Ihr Sprecher erklärte: „Zu aktuellen Entwicklungen ist die Stadt sowohl durch den Baudezernenten, als auch durch die Oberbürgermeisterin persönlich jederzeit mit dem Vorsitzenden des Stifterrats, der für die Stadt der zentrale Ansprechpartner ist, im engen Austausch.“
Im März 2018 hatte Reker der Stifter-Witwe Marisol noch 2023 als Fertigstellungstermin genannt. Die hatte damals gesagt: „Das ist alles nur Geschwätz.“Ein prophetischer Satz.